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Federated Hermes: Mangels Geldkursen ist Vieles noch nicht verkauft

Die Krise wird uns noch länger beschäftigen, eine längere „U“-Erholung ist wesentlich wahrscheinlicher als eine „V“-Erholung und am HY-Bond-Markt sind viele Risiken nicht eingepreist, weil am Markt keine Geldkurse mehr gestellt wurden, warnt der Rentenchef von Federated Hermes.

Andrew Jackson, Federated Hermes
Andrew Jackson, Federated Hermes© Federated Hermes

Die Hiobsbotschaften reißen für Creditinvestoren nicht ab. Anders als bei der Erholung im ersten Quartal 2019 geht Federated Hermes nicht davon aus, dass die Märkte die Verluste der vergangenen Wochen so schnell wieder aufholen. „Anstatt eines „V-förmigen“ Verlaufs, etwa bei früheren Virusausbrüchen wie SARS oder MERS, rechnen wir dieses Mal mit einer Erholung in „U-Form“ – vorausgesetzt das Coronavirus wird gut abgestimmt eingedämmt“, erwartet Andrew Jackson, Head of Fixed Income bei Federated Hermes.

Entgegen der eigenen Annahme habe sich die Präferenz Jacksons für qualitativ hochwertige Anleihen bisher noch nicht ausgezahlt. „Dies lieg wohl daran, dass bonitätsschwächere Anleihen in der Regel weniger liquide sind und daher inmitten der Volatilität keinen Abwicklungspreis gefunden haben; dafür wurden einige der liquideren Instrumente, die wir halten, wie erwartet verkauft und haben entsprechende Kursrückgänge erlitten. In den kommenden Tagen oder möglicherweise Wochen rechnen wir aber mit einer Einpreisung der Verwerfungen auch in die Kurse weniger liquider Unternehmensanleihen wie CCC bewerteten Titeln, die sich bis dato noch nicht so stark bewegt haben, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre“, prognostiziert Jackson.

Vor- oder nacheilende Kursbewegung? Fünf Einflussfaktoren
Die wichtigsten Beobachtungen, die Jacksons Team während des Ausverkaufs bisher machen konnte, stützen folgende Einschätzungen:

1. Europa wurde stärker getroffen als die USA. Aus Jacksons Sicht hat sich der Europa-basierte iTraxx Main Index zu stark bewegt, verglichen mit dem US-orientierten CDX Investment Grade Index, dessen Reaktion nur leicht überzogen war. Auch entwickelte sich der iTraxx Crossover Index eher im Einklang mit den Erwartungen, während der CDX High Yield Index hinterherzuhinken scheint.

2. Wahrscheinlich weil sie am klarsten sind, haben derivative Formen von Indizes größere Spreadbewegungen verzeichnet als Einzeltitel-Derivate

3. Außerdem wurden Anleihen mit dem BB-Rating realistischer bewertet als jene mit B- oder CCC-Rating. Jackson ist der Ansicht, dass die beiden letzteren noch kein Clearing-Level gefunden haben.

4. Schwellenmärkte machen soweit noch einen ganz guten Eindruck und könnten einer weiteren Neubewertung unterzogen werden. Der Zinskollaps und eine verbesserte Konvexität scheinen dieser Anlageklasse dabei eine größere Stütze zu sein als dem Hochzinsmarkt der Industrieländer.

5. Anleiheinstrumente im Ölsektor wurden erheblich belastet. Während die Verluste bei Emittenten mit bedenklichen Bilanzen durchaus gerechtfertigt sein können, dürften sie bei soliden Investment-Grade-Anleihen mit langer Laufzeit tendenziell übertrieben gewesen sein.

Droht eine Markt-Quarantäne?
Der Markt wirkt laut Jackson zwar auf den aktuellen Niveaus überverkauft, was aber nicht heißt, dass sein Abwärtspotenzial damit ausgeschöpft ist. Alles werde davon abhängen, wie sich das globale Wachstum in der zweiten Jahreshälfte entwickelt und ob die Pandemie eingedämmt werden kann. „Dabei besteht noch die Möglichkeit, dass der Handel an den Anleihemärkten ausgesetzt wird – der Markt also quasi in Quarantäne geht –, wie es 2008 und 2011 der Fall war“, warnt Jackson.

Für das Abschneiden der Anleihemärkte bleibe letztlich entscheidend, wie das zweite Halbjahr verlaufen wird. Während eine kurzfristige Beeinträchtigung der Cashflows für Unternehmen noch zu bewältigen sein mag, ist es ein ganzes Jahr in den roten Zahlen sicherlich nicht. „Wie sich das Coronavirus weiter entwickeln wird, ist höchst ungewiss, wobei die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ausbreitung auf andere Industrieländer noch erschwerend hinzukommt“, erklärt Jackson abschließend. (aa)

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