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Neuberger Berman über die Risiken des größten Fallen Angels seit 2005

Die Abstufung des Anleiheratings von Kraft Heinz von BBB- auf BB+ durch Fitch und S&P Global Ratings ließ Bonds im Wert von 29 Milliarden Euro über Nacht zu „Junk Bonds“ mutieren. In wie weit das negative Auswirkungen auf den Credit-Markt haben könnte, analysiert Neuberger Berman.

In seinem aktuellen Marktkommentar erläutert Brad Tank, Chief Investment Officer Fixed Income bei Neuberger Berman, einem der Sponsoren des 13. Institutional Money Kongresses, warum der BBB-Markt zwar zu groß ist und einige Emittenten in der Tat Probleme haben, er aber insgesamt im Sektor mit den niedrigsten Investmentgrade-Ratings eine positive Entwicklung sieht. Die Herabstufung des Lebensmittelriesen Kraft Heinz auf Speculative Grade sei ein Einzelfall an einem insgesamt stabilen Markt. Trotzdem sollten Anleger zukünftig genauer hinsehen. Denn in einer Rezession könnten weitere Fallen Angels entstehen.

Größter Fallen Angel seit 15 Jahren
Kraft Heinz, der größte sogenannte Fallen Angel der letzten 15 Jahre, ist mit der jüngsten Abstufung von BBB- auf BB+ jetzt der drittgrößte High-Yield-Emittent, merkt Tank an. Weil Investoren mit Obergrenzen für High Yield verkaufen mussten, fiel der Kurs der 30-Jahres-Anleihe von Kraft Heinz in nur zwei Tagen um etwa 14 Punkte. Seitdem ist er wieder gestiegen, um etwa fünf Prozentpunkte, weil stattdessen High-Yield-Investoren eingestiegen sind.

Einige Beobachter sehen diese jüngste Entwicklung an den Kreditmärkten weitgehend pessimistisch. Sie befürchten, dass es am viel zu großen BBB-Markt, also bei Titeln mit den niedrigsten Investmentgrade-Ratings, jetzt abwärts gehen könnte. „In der Tat hat etwa die Hälfte aller Investmentgrade-Credits ein BBB-Rating, das entspricht Anleihen im Wert von 2,9 Billionen US-Dollar. Sie gelten als gefährdet, wenn der Konjunkturzyklus in die Spätphase eintritt“, merkt Tank an.

Musterbeispiel für einen Fallen Angel
Kraft Heinz ist in gewisser Weise ein Musterbeispiel für traditionelle Anleihenemittenten, denen Probleme drohen könnten. Das Unternehmen ist 2015 aus einer Fusion hervorgegangen, eingefädelt von Berkshire Hathaway und 3G Capital, die beide an Kraft Heinz beteiligt blieben. Man nahm sehr viel Fremdkapital auf, bekam dann aber Absatzprobleme bei den traditionellen Fertiggerichten, da Verbraucherinnen und Verbraucher gesundheitsbewusster wurden. Letztes Jahr nahm Kraft Heinz auf einige seiner Marken Abschreibungen in Höhe von rund 15 Milliarden US-Dollar vor.

Aber so wie Fertigkost nicht jedermanns Sache ist, ist auch Kraft Heinz nicht repräsentativ für den BBB-Markt. Die Geschäftsleitung hatte entschieden, trotz hoher Schulden auch weiterhin hohe Dividenden zu zahlen, wohl wissend und in Kauf nehmend, dass dies gemäß einiger früherer Äußerungen der Agenturen zu einer Herabstufung führen könnte. Das Unternehmen hat damit seine Zusage aus dem Jahr 2019 revidiert, das Investmentgrade-Rating zu erhalten. Natürlich darf eine Geschäftsleitung ihre Strategie ändern und in diesem Fall war die Entscheidung für ein spekulatives Rating sehr bewusst getroffen worden. Ob sie aber richtig war, wird laut Tank die Zukunft zeigen.

Investoren drückten auf die Verkaufsknöpfe
Bis jetzt ist die Marktreaktion sehr erfreulich. Obwohl die Herabstufung erst am Freitag, dem 14. Februar bekannt gegeben wurde, war es bereits am Tag zuvor zu einem Ausverkauf der Anleihen gekommen. An diesem Tag hatte Kraft Heinz über seine Ergebnisse informiert und bestätigt, dass weder eine Dividendenkürzung noch umfangreiche Verkäufe von Aktiva geplant seien. Dieser Richtungswechsel stand in scharfem Gegensatz zu den Äußerungen im letzten Jahr. Aktieninvestoren schätzten diesen Strategiewechsel gar nicht: Wie bei den Anleihen kam es bei den Aktien zu einem Ausverkauf – und zu Verlusten von zehn Prozent.

Aber nicht alle Unternehmen sind diesen Weg gegangen, berichtet Tank: Anheuser-Busch InBev entschied sich 2018 für eine Dividendenkürzung und setzte auf höhere Cashflows, eine geringere Verschuldung und Maßnahmen zur Stärkung des Ratings. Macy’s, ein anderes kürzlich herabgestuftes Unternehmen, hätte sein höheres Rating wohl gerne behalten, aber der traditionelle Einzelhandel hat es schwer. Auch andere Herabstufungen hatten meist firmen- oder sektorenspezifische Gründe.

Optimismus ist gerechtfertigt
Insgesamt sieht Tank im BBB-Universum aber Fortschritte statt Rückschritte. Trotz mancher Sorgen, dass es noch mehr solcher gefallenen Engel geben könnte, kam es wegen der stabilen Wirtschaft und der stabilen Gewinne – auch dank der Notenbankmaßnahmen – nur zu wenigen Herabstufungen. Außerdem ist die zuvor rekordhohe Verschuldung von BBB-Emittenten in den letzten Quartalen zurückgegangen, durch Schuldenabbau und steigendes EBITDA und es wurden auch höhere freie Cashflows erwirtschaftet.

„Ja, das BBB-Segment ist wahrscheinlich zu groß und einige Emittenten haben Probleme. Dennoch halten wir die Gesamtlage für stabil und glauben, dass sie sich bessert. High-Yield-Investoren müssen in der Tat ein großes Volumen neuer Anleihen verarbeiten, aber dieser Prozess hat bereits begonnen. Die 30-Jahres-Anleihen von Kraft Heinz sind seit dem Tiefststand bereits um fünf Prozentpunkte gestiegen – und finden ihren Weg in neue High-Yield-Portfolios“, merkt Tank an.

Relativierung der Verluste
Die jüngsten Kursverluste bei Kraft Heinz sind dramatisch. Und doch sollte man laut Tank beachten, was in den letzten sechs Monaten passiert ist. Die letzte 30-Jahres-Anleihe, mit einem Coupon von 4,875 Prozent, wurde im September zu 98,57 US-Dollar begeben, also mit einem leichten Abschlag gegenüber pari und einem Spread von 275 Basispunkten gegenüber US-Staatsanleihen.

Weil das Board nach eigenen Angaben das Investmentgrade-Rating erhalten wollte, das Marktumfeld insgesamt gut war und die Zinsen zurückgingen, waren der Anleihekurs in den Tagen vor der letzten Gewinnmitteilung auf etwa 110 gestiegen und der Spread auf gut 225 zurückgegangen. Bei Redaktionsschluss lag der Kurs bei 101,43 US-Dollar und der Spread bei 285 – also dicht am Emissionskurs und dem Emissions-Spread vom letzten Herbst. Und damals war der Titel noch Investmentgrade.

„Alles in allem lässt sich festhalten, dass der Markt mit dieser Überraschung gut zurechtgekommen ist. Manche mögen die Investoren für zu sorglos halten, doch unabhängig von den Zukunftserwartungen spricht die Marktreaktion für recht stabile Kreditmärkte. Frei von Risiken sind sie aber nicht: Die Spreads sind eng und die Konjunktur hängt in Zeiten des Coronavirus und anderer Wachstumsrisiken stark von der Geldpolitik ab. Eine gesunde Skepsis ist daher genauso angebracht wie eine sorgfältige Auswahl, auch wenn der Markt noch so verlockend sein mag“, merkt Tank abschließend an. (aa)

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