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DZ-Analyst Mühl: Der China-Crash Prophet ist weiter pessimistisch

?Manuel Mühl von der DZ Bank war letzten Sommer der erste Analyst weltweit, der sich gegen den Trend stellte und chinesische Technologieaktien zum Verkauf empfahl. Neun Monate und eintausend Milliarden US-Dollar an verlorenem Börsenwert später ist er immer noch pessimistisch.

© Tran-Photography / stock.adobe.com

Der 30-jährige Analyst aus dem Genossenschaftssektor warnt vor weiterem Ungemach: Zusätzlich zum nicht nachlassenden regulatorischen Druck auf die Branche, der den Ausschlag für seine Empfehlung gegeben hatte, verliert nun auch noch Chinas Konjunktur an Fahrt.

Rufer in der Wüste
Für internationale Finanzmarktteilnehmer dürfte schon sein Arbeitgeber eher Außenseiterstatus haben. Im Juli 2021 verabschiedete sich Mühl dann aus dem Marktkonsens und wurde der erste von mehr als 70 von Bloomberg beobachteten Analysten, der eine pessimistische Einschätzung zu Chinas Technologiesektor abgab. Offenbar zurecht: Seine Empfehlungen für die in den USA börsennotierten Unternehmen JD.com und Alibaba Group trafen die Kursentwicklung in den letzten zwölf Monaten besser als die aller anderen Analysten. Seit er sie von Kaufen auf Verkaufen herabstufte, fielen sie um 30 beziehungsweise 58 Prozent.

Zu viel Optimismus im Markt
“Wir sahen die ganzen Risiken und hatten das Gefühl, dass so gut wie niemand ihnen genug Glauben schenkte”, sagte Mühl in einem Interview mit Bloomberg und verwies insbesondere auf das anhaltend harte Vorgehen Pekings gegen die Technologiebranche. “Niemand weiß, wie hoch die Risikoprämie für chinesische Aktien im Moment wirklich ist, weil der Markt noch in einem Preisfindungsprozess steckt.” Chinas striktes Festhalten an seiner Null-Covid-Politik und die sich eintrübende Konjunktur haben Mühls Sicht noch verstärkt.

Ist Chinas Tech-Sektor überhaupt noch investierbar?
Der Hang Seng Tech Index für chinesische Technologiewerte ist seit seinem Höchststand im Februar 2021 um mehr als 60 Porzent eingebrochen. Der Ausverkauf hat seit Mühls Kehrtwende im Juli den Börsenwert der Indexmitglieder um etwa eine Billion Dollar reduziert. Einige Asset Manager fragen sich, ob die Branche in China überhaupt noch investierbar ist. Die Mehrheit der Wall Street-Analysten blieb damals jedoch bei ihrer Linie und verwies auf das längerfristige Potential, die Effekte von erwarteten politischen Anreizen und die relativ günstigen Bewertungen.

Keine Atempause
Hang Seng Tech-Werte sind noch immer auf dem Weg südwärts.

Kursziele noch immer äußerst hoch
Das durchschnittliche Zwölf-Monats-Kursziel für die in den USA börsennotierte Aktie von Alibaba liegt beispielsweise bei 162,94 US-Dollar und damit mehr als 89 Prozent über dem Schlusskurs vom Donnerstag. Mühls Kursziel ist 100 US-Dollar. Seine Erfolgsbilanz könnte Aufschluss darüber geben, wie sich die Dinge weiter entwickeln: Bloomberg-Daten zeigen, dass die Befolgung seiner Empfehlung für die Aktie im vergangenen Jahr eine Rendite von 39 Prozent erbracht hätte.

Noch immer bullish
Die Anpassung der Zwölf-Monats-Kursziele durch die Analystenschar geht noch immer schleppend vor sich.

Wenig Gründe für einen Kauf - auch heute noch
Trotz einer kurzen Erholung chinesischer Tech-Aktien im März sieht Mühl wenig Kaufgründe. Das mögliche Delisting chinesischer Unternehmen von den amerikanischen Börsen stelle aufgrund von Unstimmigkeiten bei der Rechnungslegung weiterhin “ein sehr realistisches Risiko” dar. Auf die Frage, welche Änderungen ihn zu einer positiven Einschätzung des Sektors umstimmen würden, sagte Mühl, er wolle eine glaubwürdige und nachhaltige Veränderung der Regulierung sehen, anstatt “alle zwei Wochen neue Regeln”. (kb)

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