Logo von Institutional Money
| Märkte

DWS sieht ungewöhnliches Muster bei Bundesanleihen

Das Muster, das 2020 bei europäischen Staatsanleihen zu beobachten ist, scheint ungewöhnlich, meint die DWS und veranschaulicht dies anhand deutscher Bundesanleihen. Im Ergebnis könnten alte Marktregeln nicht mehr voll gelten und Investoren müssten einen anderen Faktor stärker berücksichtigen.

© santiago silver / stock.adobe.com

Bei altgedienten Börsianern gibt es ein Verhaltensmuster, von dem gelegentlich spöttisch behauptet wird, es wäre im Gehirn fest verankert: In turbulenten Zeiten kauft man Bundesanleihen, erinnert die DWS in einer aktuellen Kurzanalyse zu Staatsanleihen. Dieses Verhaltensmuster hat einen guten Grund: Wenn irgendwo auf der Welt ein unerwartetes, negatives Ereignis passiert, können Staatsanleihen, die als sicher angesehen werden, meist im Kurs zulegen und so Verluste von anderen Anlagen ausgleichen. Über die vergangenen Jahrzehnte hat diese negative Korrelation zu Risikoanlagen gute Dienste geleistet.

Trotz Krise steigen deutsche Bundesanleihen nicht
Insofern sei laut DWS das Muster, das 2020 bei europäischen Staatsanleihen zu beobachten ist, ungewöhnlich. Seit Mitte Februar bricht die größte wirtschaftliche Katastrophe der Nachkriegsgeschichte über uns herein, Bundesanleihen aber handeln auf annähernd demselben Niveau wie vor zwei Monaten.

Ganz unbeeindruckt von der Krise hatten sich laut DWS Anleiherenditen zwischenzeitlich aber nicht gezeigt. Mit knapp -0,9 Prozent verzeichneten zehnjährige Bundesanleihen am 9. März 2020 einen neuen Renditetiefststand. Seither sind die Renditen aber wieder nach oben geklettert, teilweise sogar deutlich über die Vorkrisenniveaus.

Aufschlüsselung der Rendite zeigt Interessantes
Noch interessanter sei der DWS zufolge die Quelle für die Entwicklung der Renditen. Zur Erinnerung: Die Nominalrendite kann man in zwei Bestandteile zerlegen, nämlich die Realrendite und die impliziten Inflationserwartungen.

Wie der "Chart of the Week" der DWS zeigt, wurde der Renditerückgang bis Anfang März hauptsächlich durch fallende Inflationserwartungen verursacht. Für den Anstieg seither waren hingegen steigende Realrenditen verantwortlich. Eigentlich sollten Realrenditen die (realen) Wachstumserwartungen reflektieren. Das würde bedeuten, dass der Markt aktuell den Wachstumsausblick sogar optimistischer einschätzt als Anfang Februar.

Renditen unter der Lupe

Wie interpretiert die DWS diese Entwicklung?
Zum einen scheinen Anleiherenditen nicht mehr ganz so schnell zu fallen, sobald sie einmal negativ rentieren, meint Dr. Jörn Wasmund, Head of Fixed Income bei der DWS. Da schon von einer absoluten Untergrenze zu sprechen, wäre nach den Erfahrungen der letzten Jahre aber gewagt. Schließlich mussten nicht nur so manche Marktteilnehmer sondern auch die Wissenschaft lernen, besser niemals "nie" zu sagen.

Wichtigster Faktor für die Zinsentwicklung sind die aktuellen und erwarteten Kaufprogramme der Zentralbanken, die das freie Spiel der Marktkräfte einschränken und damit Lehrbuchprognosen ihrer Grundlage entziehen. Zinsprognose wird so zur Zentralbankverhaltensprognose. (aa)

Dieses Seite teilen