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CIO von Columbia Threadneedle: No news are good news

Der Anlagechef von Columbia Threadneedle zeichnet sein Marktbild für das Anlagejahr 2023 und ist tendenziell optimistisch gestimmt.

William Davies, Global Chief Investment Officer von Columbia Threadneedle: "Keine weiteren schlechten Nachrichten dürften 2023 eine gute Nachricht sein."
William Davies, Global Chief Investment Officer von Columbia Threadneedle: "Keine weiteren schlechten Nachrichten dürften 2023 eine gute Nachricht sein."© Columbia Threadneedle

„Es gab wohl kaum ein anderes Jahr, in dem die Nachrichten so anhaltend negativ ausfielen wie 2022“, schreibt William Davies Global Chief Investment Officer von Columbia Threadneedle, in seinem Ausblick für 2023. „Viele dieser makroökonomischen Faktoren könnten auch 2023 weiter Bestand haben. Aber vor allem in den USA muss dies nicht zwingend eine tiefe Rezession zur Folge haben. Solange sich die Lage nicht wesentlich verschlechtert, könnte wieder mit mehr Optimismus unter den Anlegern und mit verbesserten Marktbedingungen gerechnet werden.“

Davies glaubt, dass die Rezession in Europa tiefer ausfallen werde als in den USA, aber die Unberechenbarkeit der Situation um Russland und die Ukraine mache es schwierig, dies im Rahmen eines zentralen Szenarios zu berücksichtigen. „Jedenfalls könnte das Ausbleiben weiterer schlechter Nachrichten eine gute Nachricht für Anleger sein.“

Neues Szenario bei Inflation und Zinsen
Die Gesamtinflation dürfte Columbia Threadneedle zufolge in den USA zurückgehen, sofern die Energiepreise nicht erheblich ansteigen. Die Kerninflation werde sich wahrscheinlich hartnäckiger halten, wobei stabile oder niedrigere Werte jedoch bedeuten, dass die US-Notenbank Anfang 2023 bei ihrer Zinsstraffung eine Pause einlegen könne. „In Anbetracht rückläufiger Inflationszahlen erwarten wir zwar keine Lockerung der Geldpolitik, aber allein schon eine gewisse Stabilisierung könnte dafür sorgen, dass sich 2023 vom Vorjahr unterscheidet“, so der Chefanlagestratege.

„Die Europäische Zentralbank (EZB) hat unserer Ansicht nach noch mehr zu tun als die Fed. Da die EZB erst im Juli 2022 eine Straffung eingeleitet hat, wird sie die Leitzinsen wohl nicht so stark anheben wie die US-Notenbank. Allerdings muss sie die Zinszügel möglicherweise über einen längeren Zeitraum anziehen“, erwartet Davies.

Qualität entscheidet – über alle Anlageklassen hinweg
Die Investmentgesellschaft hält eine Rezession in Europa für unvermeidlich. In den USA müsse man die Fed im Auge behalten und abwägen, wie viel wirtschaftlichen Schmerz sie wohl als notwendig erachtet, um die Inflation einzudämmen. Davies: „Ich denke zwar nicht, dass wir eine Rezession à la 2020 oder 2008 erleben werden, glaube angesichts der Risiken aber, dass ein Fokus auf Qualität – über alle Anlageklassen und Regionen hinweg – entscheidend für den Erfolg ist, denn einige Unternehmen werden eine Rezession weitaus besser überstehen als andere, die schlechter vorbereitet sind.“

Im festverzinslichen Segment dürfte die Kreditqualität 2023 ein wesentlich größerer Erfolgsfaktor sein als 2022, als die Duration als Haupttreiber fungierte.

Aktives Management gefragt
Viele Unternehmen hätten während der Niedrigzinsphase solide Bilanzen entwickelt, aber der nahezu wahllose Bewertungsverfall habe an den Märkten neue Chancen eröffnet. „Sowohl bei Aktien als auch bei festverzinslichen Wertpapieren erfordert es jedoch eine sehr gründliche Analyse, um die Gewinner mit starken Bilanzen, die eine Rezession überstehen können, ausfindig zu machen – etwas, das wir bei Columbia Threadneedle leisten können“, so Davies.

Der gleiche Fokus auf Qualität komme auch bei den relativen Chancen zwischen den Regionen zum Tragen. Europa sei im Vergleich zu den USA günstig bewertet, sehe sich aber mit stärkerem Gegenwind konfrontiert; die Schwellenländer, allen voran China, wiesen ebenfalls vergleichsweise niedrige Bewertungen auf, litten aber unter unsicheren geopolitischen Verhältnissen und Handelsbeschränkungen; die USA dürften hingegen eher angemessen bewertet sein und bildeten den breitesten Markt.

Gegensätzliche Entwicklungen - zumindest kurzfristig
Die russische Invasion in der Ukraine in Europa habe zwei gegensätzliche Entwicklungen ausgelöst: „Der Preisanstieg bei fossilen Energieträgern wird die Energiewende beschleunigen, wobei der Wunsch nach Autarkie im Vordergrund steht.“

Gleichzeitig habe die Energiekrise aber auch dazu geführt, dass Kohle- und Kernkraftwerke, die eigentlich stillgelegt werden sollten, länger betrieben würden. „Auf der einen Seite machen wir – notgedrungen – einen Schritt zurück im Hinblick auf die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes, auf der anderen Seite werden die Investitionen in Projekte für erneuerbare Energien erhöht. Ungeachtet der fortgesetzten Förderung fossiler Brennstoffe werden die aus der ESG-Thematik resultierenden Chancen meiner Meinung nach nicht geschmälert, sondern sogar vergrößert, weil die höheren Investitionen das künftige Wachstum beschleunigen dürften.“ (aa)

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