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Bert Flossbach: Nach Corona wird die Welt nicht mehr die alte sein

Der renommierte Vermögensverwalter wagt eine Prognose für die Post-Pandemie-Phase. Sein Fazit: Es wird vieles anders sein – aber deshalb nicht unbedingt schlechter.

Bert Flossbach, Mitgründer des Vermögensverwalters Flossbach von Storch: "Spätestens jetzt ist es amtlich: Die Zentralbanken sind für immer dazu verdammt, die Zinsen tief zu halten."
Bert Flossbach, Mitgründer des Vermögensverwalters Flossbach von Storch: "Spätestens jetzt ist es amtlich: Die Zentralbanken sind für immer dazu verdammt, die Zinsen tief zu halten."© Cornelis Gollhardt / Institutional Money

Kann die Menschheit in der Nach-Corona-Ära zur Normalität zurückkehren? In gewisser Weise ja, sagt Bert Flossbach, Co-Chef des Kölner Fondsanbieters Flossbach von Storch – aber es wird eine neue Normalität sein. Flossbach ist überzeugt: "Die Welt wird nicht mehr die alte sein."

Für viele Wirtschaftszweige sagt der Anlageprofi tiefgreifende Veränderungen durch die Pandemie voraus. Beispiel Verbrauch und Einzelhandel: Der Trend zum bargeldlosen Bezahlen dürfte durch Corona Rückenwind bekommen. Der steigende Online-Konsum und die hygienischen Nachteile von Münzen und Scheinen werden kontaktlosem Bezahlen Vorschub leisten. Insgesamt dürfte die Digitalisierung rascher voranschreiten – und auch das Home Office als Zweitarbeitsplatz wird an Bedeutung gewinnen, auch wenn das nicht nach jedermanns Geschmack ist. "Für manche mag es sich als Himmel auf Erden erwiesen haben, für andere wiederum als Ort der sozialen Vereinsamung und mangelnder Produktivität."

Auch im Tourismus wird nach der Corona-Krise wenig so sein wie zuvor. "Die Menschen werden ihre Intensität zu reisen und die Art, ihren Urlaub zu verbringen, überdenken", ist sich Flossbach sicher. So, wie man seit den Anschlägen vom 11. September am Flughafen durch verschärfte Sicherheitskontrollen muss, wird man künftig vor Betreten eines Kreuzfahrtschiffs womöglich seine Körpertemperatur messen lassen müssen. Der touristische Austausch zwischen China und Europa könnte spürbar abnehmen.

Risiko- und "Kuss"-Aversion dürften bleiben
Auch in der Geldpolitik dürfte die Viruswelle Spuren hinterlassen. "Spätestens jetzt ist es amtlich: Die Zentralbanken sind für immer dazu verdammt, die Zinsen tief zu halten", sagt der Vermögensprofi. "Nur so lässt sich die Schuldenlast der Staaten erträglich halten." Als eine Folge der Liquiditätsschwemme und der Rückverlagerung von Produktionskapazitäten aus dem Ausland dürfte die Inflation zurückkehren. An den Finanzmärkten werden mehr Regulierung und eine größere Risikoaversion als Krisenfolge zurückbleiben, prophezeit Flossbach.

Weitere mögliche Änderungen betreffen weniger die Wirtschaftswelt als vielmehr den privaten Bereich. Menschen dürften wieder stärker darauf achten, über eine eiserne Reserve zu verfügen. Händewaschen bleibt vermutlich en vogue. Begrüßungen fallen künftig wohl distanzierter aus, ohne Umarmung und Begrüßungsküsschen.

Früher war nicht alles besser
Das "New Normal" muss nicht schlechter sein als die alte Normalität, sagt Flossbach. "Wir lernen gerade, was wirklich wichtig ist im Leben: Familie, Freunde, Gesundheit, ein Dach über dem Kopf, ein wertgeschätzter Job, die Versorgung mit allem Lebensnotwendigem und der Schutz unserer Umwelt." Die Krise bietet Chancen – auch für einzelne Wirtschaftssektoren und somit für Investoren. So dürften nach Einschätzung des Anlageexperten Branchen wie Diagnostik, Medizintechnik und Pharmazeutik von Corona profitieren. (fp)

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