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Berenberg: Kommen Institutionelle unter Verkaufsdruck?

Für Berenberg ist die Gefahr weiterer Kursverluste bei Aktien gegeben, wenn die von institutionellen Investoren verfolgten Handelsstrategien weitere Verkaufssignale generieren. Es besteht aber noch Hoffnung für die Börsenbullen.

© Kurhan / stock.adobe.com

Laut Einschätzung von Prof. Dr. Bernd Meyer, Berenberg-Chefstratege Wealth and Asset Management, und Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research, könnten die vom Corona-Virus ausgelösten Kursverluste anhalten.

Denn die Wahrscheinlichkeit für länger anhaltende und stärkere Belastungen des globalen Wachstums ist gestiegen. Der Markt habe laut Meyer und Urban dieses Risiko in den vergangenen Wochen unterschätzt. Entsprechend korrigierten die Marktteilnehmer ihre Erwartungen und reduzierten Risikopositionen. Gewinnmitnahmen belasteten besonders die häufig hochgewichteten „Lieblinge“ der letzten Zeit aus dem Technologie- oder Konsumsektor. Aber auch zyklische Sektoren dürften zunehmend unter Druck geraten, sollte eine globale Konjunkturerholung aufgrund einer schwächelnden Nachfrage, unterbrochenen Lieferketten und Produktionsunterbrechungen in der Industrie ausbleiben. Gold und Staatsanleihen sind hingegen in ihrer Funktion als sichere Häfen gefragt.

Drei Verkaufsgründe
Meyer und Urban nennen folgende drei Gründe, warum die Aktienmärkte vor schlechten Zeiten stehen:

1. Eine weitere Ausbreitung des Virus könnte zunehmend das globale Wachstum belasten. Die erwartete Wachstumsstabilisierung dank der geringeren politischen Unsicherheit nach dem Phase-1-Abkommen zwischen China und den USA und angesichts der starken geldpolitischen Unterstützung aus 2019 wird sich voraussichtlich weiter in die Zukunft verschieben und könnte geringer ausfallen als zunächst angenommen.

2. Systematische Anlagestrategien weisen im historischen Vergleich hohe bis sehr hohe Aktienquoten auf. Dies ist das Ergebnis der kontinuierlichen, positiven Entwicklung über die letzten sechs bis zwölf Monate und die sehr niedrige Volatilität über diesen Zeitraum. Setzt sich der aktuelle Rücksetzer fort, müssen Momentumstrategien, Strategien mit Zielvolatilität oder „Risk Parity“-Strategie ihre Aktienpositionen reduzieren. Dies würde die Korrektur verstärken. Aber auch panische Abverkäufe seitens Privatinvestoren sind nicht auszuschließen.

3. Das fundamentale Potenzial für Aktien bleibt begrenzt. Die Gewinnerwartungen der Analysten für das Jahr 2020 sind über die letzten Monate kontinuierlich nach unten korrigiert worden und erscheinen noch immer zu optimistisch. Wir hielten bereits im Dezember für das Jahr 2020 lediglich mittlere einstellige Wachstumsraten der Unternehmensgewinne als realistisch. Mit den Belastungen durch das Coronavirus drohen die Wachstumsraten nun noch geringer auszufallen. Die Bewertungen von Aktien auf Basis von Kurs-Gewinn- oder Preis-Buch-Verhältnissen befinden sich im historischen Vergleich, mit Ausnahme der TMT-Bubble um 2000, am oberen Rand des Bewertungsbandes. Der Markt hat damit eine Wachstumsstabilisierung und –beschleunigung bereits eingepreist.

Wie Meyer und Urban anmerken, sei der dritte Punkt nicht neu und die ersten beiden Punkte unterliegen hoher Unsicherheit. Mittelfristig bestehen aber auch Chancen für Aktien.

Vier Gründe für Optimisten

1. Aktien haben in den letzten Monaten von deutlichen Zuflüssen in Fonds und insbesondere ETFs profitiert. Diese hielten auch seit dem Ausbruch des Coronavirus an. Starke Abflüsse aus Aktienanlagen in 2019 bis zum dritten Quartal legen nahe, dass viele Anleger im letzten Jahr nicht von der guten Aktienmarktentwicklung profitiert haben. Vor diesem Hintergrund und angesichts der reduzierten politischen Risiken führen jegliche Zeichen einer Konjunkturstabilisierung zu deutlichen Zuflüssen bei Aktien.

2. Die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen hat durch den aktuellen Rücksetzer nochmals deutlich zugenommen. Mittelfristig scheint damit kein Weg an Aktien vorbei zu führen.

3. Die Berichtssaison für Q4 2019 ist fast vorüber. Damit laufen in den USA die Aktienrückkaufprogramme wieder an. Da Unternehmen somit wieder als ständige Käufer im Markt agieren, sollten sie zusätzliche Unterstützung bieten. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen die für 2019 genehmigte Programme noch nicht vollständig ausgeführt haben und entsprechend über genügend „trockenes Pulver“ verfügen.

4. Die Zentralbanken und Regierung dürften bei erhöhtem Risiko einer Konjunkturabschwächung geld- und insbesondere fiskalpolitisch aktiv werden um die Konjunktur unterstützen. In China sind diesbezüglich bereits die ersten Schritte gegangen.

Einschätzung
Die aktuelle Lage bleibe schwierig einzuschätzen und es gilt diese genau zu beobachten. Keine Frage, die Risiken haben zugenommen. Mittel- bis langfristig bestehen für Aktien aber auch Chancen, denn aufgrund ihrer relativen Attraktivität führt kein Weg an ihnen vorbei. Dies legt eine Positionierung nahe der strategischen Allokation, d.h. in der Nähe der neutralen Quoten, nahe. Eine deutliche Reduktion der Aktienquote erscheint erst bei einem nachhaltigen Drehen der Aktienfondszuflüsse, bei zunehmenden Verkäufen durch systematische Anlagestrategien und einer weiteren globalen Ausbreitung des Virus für angebracht. „Phasen panischer Abverkäufe halten wir zudem für einen schlechten Zeitpunkt, um Aktienrisiko abzubauen“, erklären Meyer und Urban abschließend. (aa)


Berenberg ist einer der vielen, namhaften Sponsoren des 13. Institutional Money Kongresses (25. bis 26. März 2020 im Wiesbadener Congress Center) und hält zum Thema Private Debt einen Workshop. Nähere Informationen sowie eine Anmeldemöglichkeit finden Sie nachfolgend.

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