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Berater empfehlen BMF Streckung der Schuldenlaufzeiten

Die öffentliche Hand respektive der Bund sollen bei der Begebung neuer Anleihen auf längere Laufzeiten setzen, empfiehlt ein 33-köpfiges Gremium, dem auch der frühere Wirtschaftsweise Prof. Lars Feld angehört. Das soll der Risikoreduktion dienen.

© ATKWORK888 / stock.adobe.com

Unabhängige Berater des Bundesfinanzministeriums regen an, dass der Bund sich von seiner Praxis verabschieden sollte, die Staatsschulden vergleichsweise kurzfristig zu finanzieren. Die Strategie bringe wachsende Risiken mit sich, insbesondere im Fall einer Zinswende. Darüber informiert Bloomberg.

Mehr Sicherheit zu geringen Mehrkosten
“Die Laufzeit der Schulden sollte maßvoll gestreckt werden, um die Planungssicherheit im Haushalt zu erhöhen und Risiken zu mindern”, schreibt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen in einem Gutachten, das im aktuellen Monatsbericht des Ministeriums auszugsweise veröffentlicht wurde. “Dies ist aktuell zu vergleichsweise geringen Mehrkosten möglich.”

Während viele andere europäische Staaten die durchschnittliche Laufzeit ihrer Schulden in den letzten zehn Jahren verlängert haben, hat sich das Laufzeitenprofil des Bundes kaum verändert. Während der Pandemiekrise hat sich Deutschlands Schwerpunkt auf kurzfristige Anleihen sogar noch verstärkt: Weniger als 20 Prozent der neuen Anleihen haben eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren.

Kurzfristige Anleihen weisen in der Regel niedrigere Renditen auf als längerfristige Papiere, was sie zu einer billigeren Möglichkeit für Regierungen macht, sich zu refinanzieren. Allerdings ist der Staat dadurch auch einem größeren Zinsrisiko ausgesetzt, da die Kreditkosten bei der nächsten Refinanzierung höher sein könnten.

Die Argumente für lange Laufzeiten seien gewichtiger geworden, meint der Beirat. Angesichts des zuletzt gestiegenen Schuldenstands im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt könnte damit etwa mehr Planungssicherheit hergestellt werden. Längere Laufzeiten würden aber auch die Krisenresilienz erhöhen, etwa im “Fall einer Refinanzierungskrise im Euroraum” oder vergleichbarer Finanzturbulenzen.

Bundesanleihen würden derzeit als sicherer Hafen angesehen. “Allerdings lässt sich die Gefahr möglicher Ansteckungseffekte im Euroraum weniger eindeutig ausschließen, was einem Schuldenbestand mit langen Laufzeiten einen Resilienzvorteil verschafft”, so der Beirat.

Bringen ultralange Laufzeiten wirklich Vorteile?
In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass kleine Bestände an “ultralangen“ Laufzeiten, wie 50 oder 100 Jahre, viel dazu beitragen können, die Durchschnittslaufzeit der Gesamtschuld zu beeinflussen. Eine Alternative könnte darin bestehen, ein stärkeres Gewicht auf bestehende langfristige Kreditinstrumente wie 10-, 15- und 30-jährige Anleihen zu legen.

“Die Geschichte zeigt, dass Zinsanstiege unerwartet schnell erfolgen können, nicht zuletzt, weil der Zinssatz auf Staatsanleihen auch Zahlungsausfallrisiken reflektiert”, heißt es im Bericht. “So haben im Jahr 2007 nur wenige vorausgesagt, dass die Risikoaufschläge in Teilen des Euroraums so schnell und drastisch steigen würden. Zu erinnern ist auch an den unerwarteten Zinsanstieg Anfang der 1980er-Jahre, der, ausgehend von den USA, zu einem erheblichen Anstieg der Zinskosten weltweit führte, so auch in Deutschland und Europa”

Für Christoph Rieger, Leiter der Festzinsstrategie bei der Commerzbank, sind die Vorteile einer Änderung des derzeitigen Ansatzes nicht klar. “Deutschland kann in Bezug auf die Kreditqualität wenig gewinnen, wenn die Laufzeit über 30 Jahre hinaus verlängert wird, auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Kreditkurve jenseits der 30-Jahres-Marke selbst für hochwertige Emittenten relativ steil ist”, sagte er.

Das 33-köpfige Gremium, dem auch der frühere Wirtschaftsweise Lars Feld angehört, unterstützt die Arbeit des Ministeriums und hat keine Entscheidungskompetenz. Die Gutachten geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ministeriums wider. (aa)

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