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Beat Thoma: "Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität"

Für den Anlagechef von Fisch Asset Management sind die Märkte für Risikoanlagen zu optimistisch gestimmt und gehen von dem Eintreten einer unwahrscheinlichen Konjunkturentwicklung und Geldpolitik aus. Diese Erwartungen könnten bitter enttäuscht werden.

Beat Thoma, Fisch Asset Management
Beat Thoma, Fisch Asset Management© Fisch Asset Management

„Die im Jahresverlauf bisher positive Entwicklung der Aktienmärkte und die niedrige Volatilität auf beiden Seiten des Atlantiks unterstreichen die erhöhte Risikobereitschaft der Investoren und basieren auf zwei Annahmen: einerseits eine ‚sanfte Landung‘ der Konjunktur und andererseits bald wieder sinkende Leitzinsen aufgrund der fallenden Inflation. Während es für beide Annahmen separat betrachtet valide Argumente gibt, ist ein gleichzeitiges Eintreten beider Szenarien und ein Übergang hin zu einem ‚Goldilocks-Szenario‘ äußerst unwahrscheinlich. Wir sehen hier eine Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität in den Märkten", schreibt Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management, in einer aktuellen Marktanalyse.

Bei einer sanften Landung der Konjunktur erwartet Thoma bestenfalls eine stagnierende Inflation. Sie könnte auch wieder ansteigen, worauf die Leitzinsen jedoch weiter erhöht werden dürften. Die Zentralbanken können laut Einschätzung von Thoma die Zinsen basierend auf ihrem Mandat eigentlich erst dann wieder lockern, wenn die Inflation nachhaltig gesunken und das Inflationsziel von zwei Prozent erreicht ist. Die Erfahrung aus den 1970er Jahren zeige, dass eine zu frühe Lockerung der Geldpolitik schwerwiegende Folgen haben und zu einer noch stärkeren Inflationsdynamik führen könne, die wiederum mit noch drastischeren Zinserhöhungen bekämpft werden müsse.

Richtiger Kampf gegen die Inflation verhindert Soft Landing
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schreibt von der ‚Herausforderung der letzten Meile‘ hin zum langfristigen Inflationsziel von zwei Prozent. Die noch hohen Kerninflationsraten, die auf den angespannten Arbeitsmarkt und steigende Dienstleistungspreise zurückzuführen sind, erschweren den globalen Desinflationsprozess und können erst infolge eines Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sowie höheren Arbeitslosenzahlen nachhaltig sinken, was jedoch mit einer sanften Landung nur schwer vereinbar ist.

Insofern sieht Thoma für Aktien- und High-Yield-Märkte weiterhin eine schwierige Ausgangslage und negatives Überraschungspotenzial. "In unseren Strategien mit Exposure zu diesen beiden Anlageklassen positionieren wir uns aufgrund der getrübten Konjunkturaussichten unverändert defensiv, während wir aufgrund der bisherigen Resilienz der US-Wirtschaft ausgesuchte US-Titel aus dem Bereich Wachstum aufbauen", hält Thoma fest.

Bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen hat Fisch AM die Positionierung auf neutral herabgestuft, nachdem sich die Credit Spreads im Juli weiter verengt haben. Auf dem aktuellen Niveau sieht Thoma begrenztes Aufwärtspotenzial durch eine weitere Einengung der Credit Spreads und wenig Schutz nach unten angesichts des restriktiven geldpolitischen Umfelds. Insgesamt bietee der Markt aber weiterhin einen attraktiven Zins-Carry. Dies führt zu einer positiven Total-Return-Erwartung.

Bei langfristigen Staatsanleihen sieht Thoma unverändert sowohl positive (fallende Inflation, Konjunkturabkühlung) als auch negative Faktoren (hohe Treasury-Emissionsvolumen, potenziell weitere Zinsschritte). "Wir positionieren uns bei Staatsanleihen und der Duration weiterhin neutral, wenngleich vorübergehend die negativen Faktoren überwiegen können. Wandelanleihen bleiben in diesem Marktumfeld eine interessante Alternative, auch in Multi Asset-Portfolios, da sie durch ihre Konvexitätseigenschaften sowohl Partizipation nach oben als auch defensive Schutzeigenschaften nach unten bieten", verrät Thoma abschließend. (aa)

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