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Jörg Seifart: "Die Stiftungsberatung hat ihre eigenen Tücken"

Viele Finanzdienstleister sehen in Stiftungen eine attraktive Zielgruppe. Doch viele Professionals scheitern an den tatsächlichen Bedürfnissen von Stiftungen. Zwei Stiftungsexperten über Fragen, die man stellen und solche, die man lieber lassen sollte.

Ein oft gehörter Rat an die Investmentverantwortlichen von Stiftungen lautet: Man möge sich doch angesichts der Ertragsmöglichkeiten an den Zinsmärkten einfach an der Strategie der US-amerikanischen Yale-Universität orientieren. Im Grunde ist das gut gemeint, sprechen doch langfristige Anlageergebnisse von im Schnitt mehr als zwölf Prozent über die vergangenen 20 Jahre durchaus für eine solche Orientierung. Und welche Stiftung würde sich nicht wünschen, solche Anlageergebnisse einzufahren?

Doch so einfach ist es nicht, denn bei genauerer Betrachtung verfängt der Ratschlag nicht – im Gegenteil. Solche pauschalen Ableitungen aus der Strategie einer Yale-Universität verbieten sich schon fast im Wortsinne in einer guten Stiftungsberatung. "Im Stiftungsrecht der USA ist der Erhalt des Stiftungskapitals anders als hierzulande nicht relevant", so Jörg Seifart, Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen. "Dort gilt die gesetzliche Vorgabe für Stiftungen, fünf Prozent des Vermögens jährlich ausschütten zu müssen, und zwar unabhängig vom Vermögenserhalt." Mit diesen Anlagezielen müssen Stiftungen in den USA eine vollkommen Anlagestrategie fahren, die in diesem Maß für deutsche Stiftungen nicht zulässig seien.

"Aus unserer Erfahrung machen sich Berater vielfach das Leben selbst schwer, indem sie ihren Ansprechpartner in einer Stiftung fachlich überfordern", ergänzt der Geschäftsführer des Multi Foundation Offices. "Denn in sehr vielen Stiftungsgremien sitzen am Ende keine Finanzfachleute sondern Experten der Ausgabenseite." Auf Letzterer liege deren Fokus, während es oft am Verständnis für die Tiefen des Kapitalmarkts fehle. "Von daher kann man auf jeden Fall sagen, dass die Beratung von Stiftungen durchaus ihre eigenen Tücken hat", so Seifart.

Im Grunde ist kein Asset für Stiftungen absolut verboten
Uwe Dyk (Bild links), als Geschäftsleiter Finanzen für die Verwaltung des Stiftungskapitals der Karl-Schlecht-Stiftung verantwortlich, berichtet aus seiner eigenen Praxis vor allem dann von positiven Erfahrungen, wenn Berater zumindest die wichtigsten Besonderheiten einer stiftungsgerechten Vermögensanlage kennen und beachten. So sei eine ganze Reihe von Produkten oder Lösungsansätzen für Stiftungen von vorneherein nicht geeignet, einmal abgesehen von sehr seltenen Sonderkonstellationen. Im Grunde sei schließlich kein Asset für Stiftungen absolut verboten, auch wenn nicht alles, was ein Privatkunde dürfe, auch für eine Stiftung opportun sei. "Auf jeden Fall punkten können Berater, wenn sie zumindest die wichtigsten Besonderheiten einer stiftungsgerechten Vermögensanlage kennen und beachten", ergänzt Seifart

Aus der Praxis nennt Dyk beispielhaft den Anlagehorizont. "Stiftungen sind in der Regel Langfristanleger" und das ermögliche gewisse Spielräume für die Vermögenanlage, vor allem, wenn bereits Reserven vorhanden sind. "Sie haben zudem in der Regel ein eigenes Verständnis von Volatilitätsrisiken und können daher Marktschwankungen eher aussitzen als viele andere Großinvestoren." Wichtig für Stiftungen sei auf jeden Fall eine kluge Mischung aus Anlagen für die laufende Liquidität aus ordentlichen Erträgen und den Vermögensaufbau zum Kapitalerhalt. Verfehlt sei es allerdings, so Dyk, einer gemeinnützigen Stiftung steueroptimierte Produkte oder solche, die auf außerordentliche Erträge ausgerichtet seien, verkaufen zu wollen. "Beides ergibt für diese Stiftungen keinen Sinn", erklärt der Stiftungsexperte.

Mit der Frage nach dem Zweck einer Stiftung machen Berater nichts falsch
Jörg Seifart weist noch auf eine Frage hin, die leider so gut wie nie gestellt wird im Beratungsgespräch eines Finanzdienstleisters mit einer Stiftung. Gemeint ist die Frage nach den Cashflow-Erfordernissen der jeweiligen Stiftung. "Wenn eine Stiftung eine jährliche Veranstaltung organisiert und finanziert, dann benötigt sie eine andere Liquidität als eine Stiftung, die monatliche interne Mittel zur Finanzierung für Stipendiaten braucht", so der gelernte Jurist. Zudem werde ein Einstieg in das Thema Vermögensverwaltung viel zu selten genutzt, der sich geradezu aufdränge. "Das ist die Frage nach dem Zweck einer Stiftung", so Seifart. Denn immer wieder würden Stiftungen anhand ihres Zwecks entsprechende Negativ-, Positiv- oder Ausschlusskriterien für die eigene Anlage definieren. Seifart: "Von daher kann man mit dieser Frage auf keinen Fall etwas falsch machen." (hh)

Hintergrundwissen für Stifter und deren Berater im Seminar:
Jörg Seifart und Uwe Dyk wollen zur Verbesserung der Beratungsqualität in Vermögensfragen für Stiftungen beitragen. Die Gesellschaft für das Stiftungswesen mbH (GfdS) bietet dazu eine zweiteilige Seminarreihe mit dem Thema "Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten" (Termine: 20. und 21. September 2018 in Berlin) an.

Damit wollen die beiden Experten der immer noch weit verbreiteten Unsicherheit darüber, welche Finanzprodukte und -strategien für Stiftungen zulässig und empfehlenswert sind, begegnen. Im Hinblick auf eine bedarfsorientierte Beratung beantwortet das Praxistraining die wesentlichen Fragen für Berater.

Am 21. September ist auch Stefan Fritz, Stiftungs-Geschäftsführer bei der Erzdiözese München als zusätzlicher Referent mit an Bord. Infos zu dieser Seminarreihe gibt es über diesen Link auf der Webseite der Gesellschaft für das Stiftungswesen.

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