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Commerzbank: Bund könnte seinen Anteil an europäische Bank verkaufen

Insidern zufolge lotet die Bundesregierung als größter Aktionär der Commerzbank eine mögliche Veräußerung an eine andere Großbank aus. Bis es tatsächlich zu einer Übernahme käme, müssten aber noch einige Hindernisse überwunden werden. Für Rückenwind sorgt aber ausnahmsweise die Regulierung.

© Tobias Arhelger / stock.adobe.com

Das Bundesfinanzministerium ist offen für den Verkauf seines Anteils an der Commerzbank an einen europäischen Konkurrenten, sobald sich der Aktienkurs des Kreditinstituts erholt hat und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine abklingen. Das berichten Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, gegenüber Bloomberg.

Vertreter des Ministeriums, der größte Aktionär des Instituts, haben das Thema bei Spitzenmanagern potenzieller Kaufinteressenten in Europa angesprochen, heißt es Bloomberg zufolge. Bei einer Übernahme müsse aber sichergestellt werden, dass die Bank die deutsche Wirtschaft weiterhin unterstütze und im Land verankert bleibe.

Neue Wege gesucht
Die informellen Kontakte sind das bisher deutlichste Zeichen dafür, dass die Ampelkoalition nach Wegen für einen Ausstieg aus der Bank sucht, die während der Finanzkrise mit Milliarden an Steuergeldern gerettet wurde. Die Bundesregierung hält noch 15,6 Prozent an der Commerzbank, etwa dreimal so viel wie der nächstgrößte Aktionär BlackRock.

Unter Angela Merkel und ihrem damaligen Finanzminister Olaf Scholz war es vor drei Jahren nicht gelungen, die Deutsche Bank zur Übernahme des kleineren Lokalrivalen zu bewegen. Die Gespräche scheiterten seinerzeit an befürchteten Ertragseinbußen nach der Fusion. Die jetzige Führung des Ministeriums argumentiert, dass die deutsche Wirtschaft zwei große inländische Banken brauche. Angesichts der Bedeutung eines solchen Deals könnte sich auch das Kanzleramt in die Verhandlungen einbringen.

Höherer Aktienkurs wäre hilfreich
Vor einem Verkauf sähe Berlin gerne eine weitere Erholung des Aktienkurses der Commerzbank, nicht nur, um die eigenen Verluste zu begrenzen, sondern auch, um die relative Position der Bank zu stärken, sagten die Personen. Die Politik sähe den Verkauf des Anteils gerne als Beitrag zu einer Fusion, doch ist der Börsenwert der Commerzbank vergleichsweise so niedrig, dass es am Ende eher zu einer Übernahme kommen dürfte.

Abgefunden hat sich die Bundesregierung wohl damit, dass sie nicht den gesamten ursprünglich gezahlten Betrag zurückerhalten wird. Dafür müsste sie zu 26 Euro je Aktie verkaufen; die Commerzbank handelt derzeit nur bei etwa 8,0 Euro. Am Freitag legte sie etwas zu und war damit einer der besten Werte im Euro Stoxx Bankenindex.

Big Deal
Ein Verkauf wäre eine der größten grenzüberschreitenden Transaktionen in der europäischen Finanzbranche. Sie könnte eine lange erwartete Konsolidierungswelle im Bankensektor der Europäischen Union einleiten, falls sie den Druck auf andere Finanzinstitute erhöht, sich ebenfalls zu vergrößern.

“Die Beteiligung des Bundes ist grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt,” sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums auf Anfrage. Über den Umgang mit ihr entscheide ein Gremium aus verschiedenen Ministerien. Die Commerzbank wollte sich nicht äußern. Das Kanzleramt verwies an das Ministerium.

In den letzten zehn Jahren hatten etwa die BNP Paribas, die ING Groep oder die UniCredit bei der Bundesregierung angeklopft, um einen möglichen Kauf zu sondieren. Mehrere andere Kreditgeber haben das Szenario ebenfalls geprüft, berichtete Bloomberg.

Krieg ist Spielverderber
UniCredit-Chef Andrea Orcel und sein Pendant bei der Commerzbank, Manfred Knof, hatten vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ein vertrauliches Treffen vereinbart, das erst nach Kriegsbeginn am Rande einer Konferenz in Deutschland zustandekam. Sie waren sich einig, dass Gespräche über eine Konsolidierung vor dem Hintergrund des Kriegs keinen Sinn machten, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Bloomberg.

Regulierung sorgt für neue Fantasie
Eine Regeländerung des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht könnte solchen Deals ebenfalls Auftrieb geben. Das Gremium hat sich darauf geeinigt, dass grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb der Bankenunion aus Risikosicht genauso behandelt werden sollten wie rein inländische. Ein Effekt dieser Änderung ist, dass Übernahmen innerhalb Europas nicht mehr automatisch mit dem Risiko höherer Kapitalanforderungen einhergehen. (aa)

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