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Hat das gute alte 60/40-Portfolio für Aktien und Anleihen ausgedient?

Sechzig Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen, das galt seit den 50er Jahren als goldene Regel für den Portfoliomix. Doch mit dem heftigen Rückgang der Treasury-Renditen stellen immer mehr Investoren den populären Leitsatz in Frage.

© marklt / Fotolia

Die 60/40-Formel hat über die letzten drei Jahrzehnte mit die besten risikobereinigten Renditen gebracht und höhere als reine Anleiheportfolios. Aber nun dümpeln die Renditen von US-Staatsanleihen um die Nulllinie. Vermutlich wird sich das in den kommenden Jahren auch nicht ändern. Das begrenzt das Potential der Treasuries in Zukunft.

Wanted: Bond-Surrogate
Vermögensverwalter suchen deshalb zunehmend nach Wertpapieren jenseits der US-Bonds, die mehr Renditepotential aufweisen. “Die Versuchung ist groß, nach Rendite zu suchen, wo immer man sie kriegen kann”, sagt Bill Merz, Leiter Fixed-Income Research bei U.S. Bank Wealth Management in Minneapolis im Bloomberg-Talk. “Weltweit verlassen immer mehr Investoren ihr Risikospektrum, weil sie meinen, sie hätten keine andere Wahl.”

Treasury-Renditen fielen unter ein Prozent zu Beginn der Coronakrise
Der 60/40-Mix, gemessen am S&P 500 Index und dem Bloomberg Barclays U.S. Aggregate Bond Index, habe zwischen 1983 und 2019 eine durchschnittliche jährliche Gesamtrendite von knapp zehn Prozent gebracht, schrieb Jan Loeys, Berater für langfristige Investmentstrategie bei J.P. Morgan, Ende Juni in einem Report, der Bloomberg vorliegt. In den nächsten zehn Jahren werde die Strategie aber jährlich nur noch etwa 3,5 Prozent einbringen, schätzt er. Die Rendite könne man auf etwas über vier Prozent aufbessern - mit einem Portfolio aus 40 Prozent Aktien, 20 Prozent Anleihen and 40 Prozent in Wertpapieren, die Eigenschaften beider Klassen aufweisen, schreibt Loeys. Das könnten Collateralized Loan Obligations (CLOs), Commercial Mortgage-Backed Securities (CMBS), Real Estate Investment Trusts (REITS) oder auch Aktien von Versorgern sein.

Einige Investoren scheinen diese Ansicht zu teilen
Der Vermögensverwalter Conning habe sich in den letzten drei Monaten CLOs genauer angeschaut, weil deren Preise durch die Notfall-Assetkäufe der US-Notenbank Auftrieb erhielten, sagte Chefstratege Rich Sega. U.S. Bank Wealth Management habe ihre Allokation in Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating und Kommunalkrediten erhöht, sagt Fixed-Income-Experte Merz.

Gesuchte Wandler
Auch Wandelanleihen, die ein Risikoprofil zwischen dem von Anleihen und Aktien aufweisen, waren zuletzt zunehmend gefragt. Amerikanische ETFs, die diese Art von Schuldtiteln abbilden, verzeichneten Zuflüsse von mehr als 300 Millionen US-Dollar im Mai und weiteren 427 Millionen US-Dollar im Juni - der stärkste monatliche Zufluss seit sechs Monaten, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen. “Wandelanleihen bieten das Beste aller Welten, weil sie sowohl Anleihen- als auch Aktien-Eigenschaften aufweisen”, sagt Loeys. ”Sie steigen, wenn Aktien steigen, und sie steigen, wenn Bonds anziehen, so wie es beide Assetklassen in den letzten drei Monaten getan haben.”

CoCo bello
In Europa, wo die Banken nach der Finanzkrise von 2008 ihre Bilanzen gestärkt und Schulden abgebaut haben, sind sogenannte CoCos eine attraktive Anlage geworden. Die Anleihen, die von Banken ausgegeben werden und die in Aktien gewandelt werden können, hätten in den letzten fünf Jahren bis Ende Juni jährlich mehr als sechs Prozent Rendite gebracht, selbst unter Berücksichtigung eines annualisierten Verlusts von 9,4 Prozent in der ersten Hälfte dieses Jahres, sagt Daniel Tenengauzer, Leiter Marktstrategie bei Bank of New York Mellon Corp. CoCos hätten damit doppelt so viel eingebracht wie europäische Staatsanleihen im selben Zeitraum.

Dennoch sind nicht alle Investoren bereit, 60/40 abzuschreiben
Ein Teil der Kritik sei unangebracht, sagt Jack McIntyre, Vermögensverwalter bei Brandywine Global Investment Management in Philadelphia. “Egal was für ein Portfolio man hat, man braucht einen defensiven Anteil”, erklärt er. “Dafür sind diese 40 Prozent da.” (kb)

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