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| Theorie

Existenz einer „Boutiquenprämie“ in Europas Fondsindustrie bestätigt

Neuen akademischen Untersuchungen der Cass Business School zufolge schneiden kleinere, spezialisierte Vermögensverwalter mit Boutique-Modell besser als ihre größeren Konkurrenten ab. Dies gilt vor allem für Fonds, die in europäischen Mid- und Small-Caps sowie global in den Schwellenländern anlegen.

Andrew Clare, Professor für Asset Management an der Cass Business School
Andrew Clare, Professor für Asset Management an der Cass Business School© Cass Business School

Andrew Clare, Professor für Asset Management an der Cass Business School erklärt, dass laut der wohl ersten akademischen Studie zur Performance europäischer Vermögensverwalter mit Boutique-Ansatz im Vergleich zu größeren Konkurrenten die „Boutiquenprämie“, die von der AMG Group im Jahr 2015 bei US-Aktien aufgezeigt wurde, offenbar auch in der europäischen Fondsmanagementbranche festzustellen ist.

Nach seinen Erkenntnissen dürfte die durchschnittliche Outperformance von Boutiquen in Europa bis zu zwischen 0,56 und 0,23 Prozent pro Jahr nach Abzug der Gebühren (oder zwischen 0,82 und 0,52 Prozent vor Abzug von Gebühren) je nach verwendeter Berechnungsmethode betragen.

Was ist eine Investment-Boutique?
Professor Clare untersuchte 120 große Fondsgesellschaften, identifizierte mehr als 780 Long-only-„Megafonds“ über alle Aktiensektoren hinweg und analysierte deren Wertentwicklung von Januar 2000 bis Juli 2019. Da es keine branchenweit einheitliche Definition für eine Investment-Boutique gibt, bat er drei führende Investment-Beratungsgesellschaften, die institutionelle Rentenversicherungen und Versicherungsgesellschaften beraten, sowie Mitglieder der Group of Boutique Asset Managers (GBAM), Gesellschaften zu nennen, bei denen es sich ihrer Ansicht nach um Boutiquen handelte, um so Vergleiche anstellen zu können.

Auffällige Outperformance der Kleinen in vier Aktienfondssektoren
Nachdem Clare aus den Morningstar-Daten anhand des Fünf-Faktoren-Modells nach Fama und French sowie eines Indexmodells, also zwei konkurrierenden Methoden zur Bewertung der Fähigkeiten von Managern, die risikobereinigten Renditen ermittelt hatte, stellte der Professor eine auffällige Outperformance von Investment-Boutiquen hauptsächlich in vier Aktienfondssektoren fest: Europäische Large Caps, Europäische Mid / Small Caps, Globale Schwellenländer und Globale Large Caps. Der Mehrertrag war hier besonders signifikant, da die Boutiquenprämie nach Abzug von Gebühren im Segment Europäische Mid / Small Caps rund ein Prozent pro Jahr und bei Globalen Schwellenländern ungefähr 0,50 Prozent pro Jahr betrug.

Erklärung des Phänomens
Professor Clare fürht aus: „Die Ergebnisse liefern genügend Hinweise, die eine weitergehende Analyse dieses wichtigen Segments der Asset-Management-Branche rechtfertigen. Künftige Analysen sollten den Fokus auf Faktoren legen, die Gründe für die Existenz dieser Boutiquenprämie sein könnten, etwa die Eigentümerstruktur von Boutiquen und / oder deren Ansatz bei der Portfoliokonstruktion.“

Geforderte Consultants
Tim Warrington, der Vorsitzende der Group of Boutique Asset Managers (GBAM), meint dazu:
„Boutiquen sind für uns kleinere, hochmotivierte und spezialisierte Gesellschaften, die eine beständige Outperformance anstreben und deren Interessen mit denen ihrer Kunden in Einklang stehen. So gesehen ist es keine Überraschung, dass Prof. Clare eindeutige Belege dafür gefunden hat, dass es so etwas wie eine Boutiquenprämie bei kleineren Gesellschaften gibt. Da sich dabei mit der Zeit praktisch ein Zinseszinseffekt einstellt, der beachtliche zusätzliche Erträge für Anleger generieren könnte, müssten Consultants noch sehr viel mehr tun, um diese Vorteile gegenüber langfristig orientierten Anlegern herauszustellen.“ (kb)

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