Logo von Institutional Money
| Theorie

Ermöglicht Gold weiter Kapitalerhalt und Versicherungseigenschaften?

Auch wenn die Inflationsraten aktuell langsam wieder zurückgehen, liegt die Teuerung in der Eurozone nach wie vor deutlich erhöht oberhalb der von Politik und Notenbanken angestrebten zwei Prozent. Die aktuelle Inflationsdynamik ist dabei nicht unähnlich der Hochinflation in den 1970er Jahren.

Bernhard Matthes, Bereichsleiter BCK Asset Management, über die Rolle von Gold heute im Portfoliokontext
Bernhard Matthes, Bereichsleiter BCK Asset Management, über die Rolle von Gold heute im Portfoliokontext© BKC Asset Management

Auch in den 70er-Jahren folgten höhere Güter- und Verbraucherpreise auf eine starke Geldmengenausweitung. Und auch damals sorgten erhöhte Rohstoffpreise und geopolitische Konflikte für Teuerungsdruck. "In den frühen 70ern wähnte man die Inflation bereits als besiegt. Sie kehrte jedoch in Wellenbewegungen zurück. Der Hochpunkt der Verbraucherpreise in der zweiten und dritten Welle lag seinerzeit höher als zu Beginn der Inflationsperiode", gibt Bernhard Matthes, Bereichsleiter BKC Asset Management, zu bedenken.

Gold hat seine Meriten als Inflationsschutzinstrument
Mit nicht unähnlichen Treibern fragen viele Investoren heute zurecht, wie sie ihr Portfolio gegenüber Risikoszenarien versichern können, in denen sich die Inflation hartnäckig festsetzt oder gar noch weiter erhöht. "Historisch hat sich einem solchen Umfeld häufig zuallererst Gold bewähren können", weiß Bernhard Matthes. "Andere Sachwerte leisteten in früheren Hochinflationsphasen zwar wertvolle Beiträge, sind aber in der Rückschau vielfach als doch nachrangiger Schutz gegenüber Edelmetallen zu bewerten. So waren etwa breite Aktienanlagen auf Indexbasis von 1970 bis in die frühen 1980er Jahre hinein keine gute Wahl. Sie konnten Anlegerkapital nicht real erhalten."

Gilt das heute auch noch?
Die Eignung von Gold als wirksames Instrument zum Inflationsschutz wurde in den letzten Monaten gelegentlich hinterfragt. Matthes: "Die Goldpreisentwicklung, so die Argumentation, hielt 2022 nicht Schritt mit den verzeichneten Anstiegen der Verbraucherpreise in Europa oder Nordamerika. In seiner Handelswährung, dem US-Dollar, war der Goldpreis 2022 nahezu unverändert. In Euro gerechnet, konnte das Edelmetall hingegen mit einer Wertentwicklung von plus 5,9 Prozent aufwarten. Beide Werte liegen zwar unterhalb der durchschnittlichen, im Jahresverlauf beobachteten Inflationsraten. Jedoch ist der starke Anstieg der Verbraucherpreise zu großen Teilen lediglich ein zeitverzögertes Symptom der zuvor präsenten monetären Ursache, nämlich der extremen Geldmengenausweitung der Jahre 2020 und 2021."

Gold reagierte in Echtzeit auf diese monetäre Inflation
Zum Zeitpunkt der Entstehung des Geldmengenüberhangs performte Gold erwartungsgemäß. Es zeigte eine Jahreswertentwicklung von 14,9 Prozent im Jahr 2020, gibt Matthes zu bedenken. "Dagegen war im Jahr 2022 das Geldmengenwachstum rückläufig, was eine schwächere Entwicklung des Goldpreises vollständig erklärt und begründet. Die aktuelle monetäre Disinflation, das Schrumpfen der Geldmenge, geht entsprechend dieser Logik mit eher schwächeren Goldpreisen einher."

Als Diversifikator war Gold auch 2022 von Nutzen
Dennoch konnte Gold auch im Jahr 2022 seinen Nutzen als Portfoliobaustein gut untermauern. Selbst in US-Dollar war eine Nullperformance den deutlichen Wertverlusten bei Aktien und Renten überlegen und damit vorzuziehen. Gegenüber traditionellen Portfolioinstrumenten hatte eine Goldbeimischung auch im Vorjahr eine klare Berechtigung. Die Fähigkeit von Gold, Anlagekapital über einen langen Haltezeitraum hinweg zuverlässig real zu erhalten, sei gut dokumentiert, so Matthes weiter.

Aufwertungsoption in einer möglichen Neuordnung der globalen Währungsarchitektur
Gold bleibe im sehr wahrscheinlich anhaltenden Umfeld der Finanzrepression auch 2023 unverzichtbarer Portfoliobaustein. Das Edelmetall gewähre Schutz vor unerwünschten Überraschungsrisiken, beispielhaft aus der fragil erscheinenden Situation an den japanischen Anleihemärkten oder der potentiellen Gefahr, dass mögliche Fehlkalkulationen den Ukrainekrieg gänzlich außer Kontrolle geraten oder weitere geopolitische Risiken eskalieren lassen. Darüber hinaus verfüge Gold wie kaum ein anderes Instrument über eine Vielzahl inliegender Optionen, die bei Eintritt unterschiedlichster, für das Gesamtportfolio adverser Tail-Risiken „ins Geld“ kämen.

Einmalige Höherverankerung des globalen Goldpreises scheint möglich
Eine solche Option, die mit einiger Wahrscheinlichkeit künftig nicht dauerhaft ausgeschlossen werden kann, ist die einmalige Höherverankerung des globalen Goldpreises, sollte ein multinationales, goldgedecktes Währungsprojekt Gestalt annehmen. Matthes dazu: "Frühe Indikationen auf Vorbereitungen einer entsprechenden Alternative zum US-dollarzentrierten „Nach-Bretton-Woods-Systems“ sind die beträchtlichen Goldankäufe bestimmter Notenbanken zum Jahresende 2022 – mehr waren es nach Angaben des World Gold Councils zuletzt 1967 -, die politische Annäherung von China und Saudi-Arabien beim Nicht-US-Dollar Settlement von Energietransaktionen sowie entsprechende Absichtserklärungen der erweiterten BRICS-Staatengemeinschaft."

Enteignung russischer Fremdwährungsreserven schafft Präzedenzfall
Zudem würden viele asiatische Länder mit Überschussposition (positive Leistungsbilanzen, positives Auslandsguthaben) die Notwendigkeit erkennen, ihre bislang in US-Dollar und Euro gehaltenen Auslandsreserven zu diversifizieren. Denn die Enteignung russischer Fremdwährungsreserven habe einen Präzedenzfall geschaffen, der aus Sicht anderer asiatischer Gläubiger westlicher Staatsanleihen den dringlichen Bedarf schaffe, das eigene Anlagebuch unabhängiger von US-zentrierten Sanktions- und Enteignungsrisiken zu gestalten.

Stabilität und Liquidität seit 2.000 Jahren
Gold bedarf jedoch nicht des Eintritts von „Versicherungsereignissen“, um die Rolle im Portfolio zu rechtfertigen, meint Matthes. "Die Hauptaufgabe begründet sich aus günstigen Portfolioeigenschaften, speziell der geringen Korrelation gegenüber traditionellen Portfoliobausteinen sowie der Ausgleichsmöglichkeit der monetären Inflation zum ökonomischen Erhalt der Kaufkraft. Spätestens seit der Entkoppelung des Geldes von seiner Basis im Jahr 1971 ist das Metall überlegenes Wertaufbewahrungsmittel für nicht kurzfristig benötigte Liquidität. Diese sichere Liquidität unterliegt im Zeitablauf keiner Beschädigung und kann zum Einsatz gelangen, wenn Opportunitäten zum Erwerb von Vermögenswerten in anderen Anlageklassen entstehen."

Antifragiles Asset - zum Unterschied von Kryptos
Der darüber hinaus gegebene Zusatznutzen als antifragiler Vermögenswert schlechthin stelle einen attraktiven Mehrwert da, für den obendrein keine nennenswerte, zusätzliche Versicherungsprämie entrichtet werden müsse, so Matthes weiter. Die von spekulativen Übertreibungen gekennzeichneten „Casinojahre“ 2020 bis 2021 und das darauffolgende Platzen vieler Illusionen habe zudem dokumentiert, dass vermeintliche Substitute den einzigartigen Eigenschaften von Gold so schnell nicht den Rang ablaufen würden. Matthes zum Schluss: "Gold überdauert seit mehr als 2.000 Jahren unter unterschiedlichen Bedingungen, während die Werthaltigkeit sogenannter Krypto-„Währungen“ in der ersten Bewährungsprobe ihrer noch kurzen Lebensdauer nicht überzeugt hat." (kb)

Dieses Seite teilen