Logo von Institutional Money
| Theorie

Analyse: Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit haben Kostenproblem

Die großen Versicherungsvereine sind wirtschaftlich stark. Einige bürden Kunden aber hohe Kosten auf, wie eine aktuelle Analyse von Betriebswirtschafts-Professor Hermann Weinmann zeigt. Dieser sieht den Grund dafür in einer zu schwache Regulierung der Lebensversicherer.

© Brown / stock.adobe.com

Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gelten häufig als die besseren Lebensversicherer. Sie müssen sich anders als börsennotierte Versicherungskonzerne nicht nach den Interessen ihrer Aktionäre richten, sondern nach den Versicherungsnehmern, die zugleich auch die Träger des Vereins ist. Daher seien sie besonders am Kunden- respektive Eigentümerwohl interessiert, heißt es oft.

Doch nicht in jedem Fall scheint allein die Rechtsform eine gute Versicherung auszumachen, wie eine aktuelle Bilanzanalyse von Professor Hermann Weinmann vom Institut für Finanzwirtschaft an der Hochschule Ludwigshafen zeigt. Der Studie zufolge, die in der "Zeitschrift für Versicherungswesen" erscheint und über die auch das "Handelsblatt" berichtet, stehen die zwölf größten im Lebensversicherungsgeschäft tätigen Versicherungsvereine in Deutschland solide da. Allerdings weisen sie zum Teil hohe Kosten auf.

Betriebskostenquoten von über 20 Prozent
Deutlich werde das an der sogenannten erweiterten Betriebskostenquote. Diese gibt laut "Handelsblatt" den Anteil der Kundenbeiträge wieder, der für den Vertragsabschluss, die Verwaltung der Verträge und sonstige betriebswirtschaftliche Aktivitäten weggeht. Einige Gesellschaften erreichen hier Quoten von rund 20 Prozent: Die WWK Leben habe eine Betriebskostenquote von 23,5 Prozent, die Continentale Leben von 19,5 Prozent und die Signal Iduna Leben von 17,3 Prozent.

Signal Iduna betonte gegenüber dem "Handelsblatt", dass die Kostenquote mittelfristig sinken werde - auch wegen der fortlaufenden Optimierung von Prozessen, IT und Technologie. Die anderen beiden Anbieter ließen Anfragen der Zeitung unbeantwortet. Auch bei der Lebensversicherung von 1871 und dem Volkswohl Bund Leben ergab Weinmanns Analyse, dass die Betriebskosten relativ hoch sind. Bei der Hanse Merkur Leben betrage die Quote dagegen nur 4,4 Prozent.

Weinmann: Unzureichende Regulierung
Der Wirtschaftsprofessor führt die teils hohen Kosten auf eine unzureichende Regulierung zurück. Den von der Versicherungsaufsicht Bafin Anfang November vorgelegten Entwurf eines Merkblatts zu "wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten", auf dessen Grundlage die Aufsicht Lebensversicherer mit hohen Kosten künftig besonders genau überprüfen möchte, bezeichnet er daher als "drittklassige Lösung". Weinmann meint, die Einzelfallprüfung durch die Aufsicht verursache massiven Aufwand und bringe wenig. Sie setze an den Missständen nur in der Rückschau und nicht an den Ursachen an.

"Erstklassig" wären für Weinmann einheitliche Vorgaben für die Kalkulation in der Lebensversicherung, also für den Rechnungszins, die Sterbetafeln sowie die Abschluss- und Verwaltungskosten. "Zweitklassig" wäre eine Kostenregulierung – am besten eine, die sich nicht auf die Abschlusskosten beschränke. Auch der immer wieder diskutierte Provisionsdeckel greife hier zu kurz. Abgesehen von den Kosten zeigen die Versicherungsvereine der Analyse zufolge ein positives Bild. Die meisten Anbieter hätten hohe Reserven aufgebaut, die es ihnen ermöglichen, die Zukunft zu meistern, urteilt Weinmann in seiner jährlichen Analyse. (jb)

Dieses Seite teilen