Logo von Institutional Money
| Regulierung

Wirecard-Skandal: ESMA kritisiert Versäumnisse der Bafin

Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA hat in ihrem Bericht zum Wirecard-Skandal der deutschen Finanzaufsicht BaFin Versäumnisse und fehlende Unabhängigkeit vom Finanzministerium vorgeworfen.

Ob Felix Hufeld den Wirecard-Skandal in seiner Position überleben wird, muss sich erst zeigen. 
Ob Felix Hufeld den Wirecard-Skandal in seiner Position überleben wird, muss sich erst zeigen. © Christoph Hemmerich / FONDS professionell

Im Rahmen einer Untersuchung seien eine Reihe von "Mängeln, Ineffizienzen sowie rechtlichen und verfahrenstechnischen Hindernissen" identifiziert worden, teilte die ESMA kürzlich mit. Kritisch sieht die EU-Aufsichtsbehörde dabei die Nähe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Politik. Aus der Häufigkeit und dem Detaillierungsgrad der BaFin-Berichte an das Bundesfinanzministerium leitet die ESMA ein "erhöhtes Risiko der Einflussnahme" durch das Ministerium ab. Zudem bemängelt die ESMA bei der BaFin Intransparenz über den Aktienbesitz der Mitarbeiter. Dies werfe Zweifel über die Widerstandsfähigkeit der internen Kontrollsysteme der Aufsicht in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte auf.

ESMA kritisert das deutsche System der Bilanzkontrolle
Die privatrechtliche Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) habe sich bei ihren Prüfungen des ehemaligen Dax-Konzerns "weder angemessen mit Bereichen, die für das Geschäft von Wirecard wesentlich sind, noch mit den Medien- und Whistleblowing-Vorwürfen gegen Wirecard" befasst. Der für Bankenaufsicht zuständige BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler erklärte in Frankfurt, er kenne den ESMA-Bericht bisher nicht. Die Teams der BaFin hätten im Fall Wirecard gut zusammengearbeitet, es habe eine enge Kommunikation gegeben. "Trotzdem glaube ich, dass wir auch hier noch Optimierungspotential haben", räumte Röseler ein. "Wir brauchen Leute aus unterschiedlichen Bereichen, die dezidiert verantwortlich für die Aufsicht über eine Bank sind." Da könne die BaFin systematisch sicherlich noch nachbessern. "Aber den Vorwurf, dass hier innerhalb des Hauses nicht zusammengearbeitet worden ist, kann ich nicht nachvollziehen", sagte Röseler.

Initiative Minderheitsaktionäre stößt ins gleiche Horn
Robert Peres, Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre, kommentiert den Bericht, in dem er seine grundlegende Kritik am Handeln deutscher Behörden bestätigt sieht: „Die Vorwürfe der ESMA bestätigen unsere kritische Sicht auf das Handeln der Bafin im Wirecard-Skandal. Schon früh haben Aktionärsvertreter und Journalisten die Untätigkeit und Ineffizienz der deutschen Aufsicht bemängelt und wurden nun von europäischer Seite bestätigt. Ich frage mich, wie lange Felix Hufeld noch an seinem Posten kleben will, denn er hat dieses Desaster mitzuverantworten.“

Rollt bald Hufelds Kopf?
„Auch wenn sich die Kritik der ESMA um die Vorgänge bei Wirecard dreht, beanstandet sie auch die strukturellen Defizite des deutschen Systems, auf die die Initiative Minderheitsaktionäre und weitere Aktionärsvertreter immer wieder hingewiesen haben. Die Bedeutung des Berichts reicht weit über den Fall Wirecard hinaus. Wir verstehen den Bericht der ESMA als klare Handlungsaufforderung an die deutsche Politik, endlich ein zeitgemäßes und transparentes Kontrollsystem zu etablieren, damit solche Vorgänge effektiv verhindert werden, statt sie weiterhin zum Nachteil der Aktionäre zu bemänteln,“ so Peres weiter.

Interessenkonflikte der Wirtschaftsprüfer treten hervor
Nicht zuletzt liefere die Stellungnahme der ESMA ein überzeugendes Argument dafür, dass die eingereichten Staatshaftungsklagen betroffener Aktionäre und ihrer Vertreter ein richtiger Schritt angesichts des kollektiven Behördenversagens seien. Peres fährt fort: "Obwohl sich die ESMA in ihrer Stellungnahme überwiegend mit dem Behördenhandeln befasst, lohnt sich auch ein Blick auf das System der Bilanzprüfungen. Die Interessenkonflikte der Wirtschaftsprüfer sind offenkundig und zeigen sich gerade bei Wirecard wie in einem Brennglas. Auch hier fordern wir künftig mehr Transparenz. Die Arbeit der Wirtschaftsprüfer sollte zum Schutz der Aktionäre viel stärker forensisch ausgelegt werden als bisher.“ (kb)

Dieses Seite teilen