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| Regulierung

Was das Asset Management aus aufsichtsrechtlicher Sicht erwartet

JUDr. Stanislava Saria PhD, Abteilungsleiterin Versicherungsaufsicht und Pensionskassenaufsicht, Finanzmarktaufsicht (FMA), stellte am 11. INSURANCE DAY in einer Tour d'Horizon vor, wie sich die Regulierung des Asset Managements in nächster Zeit entwickeln wird.

JUDr. Stanislava Saria PHD, Abteilungsleiterin Versicherungsaufsicht und Pensionskassenaufsicht bei der FMA, sagt: "Versicherer stehen schon heute im Nachhaltigkeitswettbewerb."
JUDr. Stanislava Saria PHD, Abteilungsleiterin Versicherungsaufsicht und Pensionskassenaufsicht bei der FMA, sagt: "Versicherer stehen schon heute im Nachhaltigkeitswettbewerb."© Marlene Fröhlich für Institutional Money

In ihrem Vortrag mit dem Titel "Asset Management: Neues aus Aufsicht und Regulierung 2021" befasste sich am INSURANCE DAY 2022 zu allererst die Top-Expertin Dr. Stanislava Saria, Leiterin Abteilung Querschnittsthemen der Versicherungsaufsicht und Pensionskassenaufsicht bei der FMA (Finanzmarktaufsicht), mit dem am 22. September 2021 von der EU-Kommission angenommenen Richtlinienvorschlag, der sich eng an dem Advice der EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) zu Solvency II orientiert. Dieser Review war von der Kommission in Auftrag gegeben worden, um herauszufinden, inwieweit Änderungsbedarf am Regelwerk für die europäische Assekuranz besteht. Tatsächlich orientiert sich der Vorschlag der EU-Kommission eng an der Opinion der EIOPA.

Spürbare Auswirkungen, abgefedert durch Phase-In
Die geplanten Änderungen am Solvency II Regelwerk haben laut Dr. Saria unterschiedliche Auswirkungen auf die Solvenzkapitalanforderung (SCR; Solvency Capital Requirement) der Branche. So führt etwa eine dynamische Volatilitätsanpassung bei internen Modellen, wie sie vor allem große Häuser einsetzen, zu einer Erhöhung des SCR. Andererseits kommt es gemäß der Standardformel zu einer Reduktion des SCR bei langfristig gehaltenen Aktien, ebenso bei den Korrelationen. Hingegen ist bei der Neukalibrierung des Zinsrisikos, wo nun Zinsschocks auch im negativen Zinsbereich einbezogen werden, ein Anstieg des SCR bei Anwendung der Standardformel vorherzusehen.

Die zu erwartenden relativen Änderungen des SCR führen in den verschiedenen EU-Staaten zu unterschiedlichen Änderungen. Für die österreichischen Versicherer ist ein SCR-Anstieg von zirka 15 Prozent zu erwarten. Umso wichtiger ist ein adäquater Übergangszeitraum ("Phase-In"), der der Branche die Gelegenheit zu Anpassungen gibt. Österreich war an diesem bis 2032 dauernden Einschleifzeitraum führend beteiligt. "Generell bleiben Aktieninvestments weiter incentiviert, während die Eigenmittelunterlegung für Spread- und Immobilienrisiken nicht verändert wurde", betont Saria. So bleibt die Unterscheidung zwischen Typ 1- und Typ 2-Aktien aufrecht, obwohl die Kriterien bezüglich der Typ 1-Aktien in den letzten Jahren sukzessive verwässert wurden und die Liste der anrechenbaren Instrumente immer länger geworden ist.

Bei Immobilien bleibt es bei der 25-prozentigen Unterlegung in der Standardformel, obwohl die Branche eine MSCI-Studie vorlegte, die eine 15-prozentige SCR-Unterlegung für ausreichend erachtete. EIOPA konterte mit andern Studien, die einen Korridor von 15 bis 32 Prozent SCR-Unterlegung vorsehen.

Eine wichtige Änderung ist die Ausweitung des "Pillar 1 Dampener" bei Aktien als antizyklisches Element: Hier erfolgt eine symmetrische Ausweitung des Korridors der Risiko-Zu- und -Abschläge von plus/minus 10 auf nunmehr plus/minus 17 Prozent.

Nachhaltigkeitspaket
Dieses sehe leider eine zeitliche Inkongruenz bestimmter Teile vor, so Dr. Saria. So ist etwa die Disclosure-Verordnung (SFDR; Sustainable Finance Disclosure Regulation) bereits seit 10. März 2021 anzuwenden, während die Taxonomie-Verordnung (TR) erst ab 1. Januar 2022 anwendbar ist. Was das Sustainable Finance-Paket vom April 2021 anbelangt, so soll die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) ab dem Geschäftsjahr 2023 gelten; bereits davor, ab dem Geschäftsjahr 2022 haben die Versicherer in ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung auch den Anteil der taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten an ihren Assets / am verwalteten Vermögen offenzulegen. Die Level 2 ESG-Integrations-Durchführungsbestimmungen werden ab 2. August 2022 anzuwenden sein. Allerdings gibt es eine EIOPA Opinion zur Verwendung von Szenarioanalysen betreffend Klimaänderungsrisiken in ORSA (Own Risk and Solvency Assessment), die seit 19. April 2021 anwendbar ist.

Auswirkungen auf die drei Säulen
EIOPA soll nun im Auftrag der Kommission bis Juni 2023 reevaluieren, ob von dem Ansatz, dass die Marktpreise alle relevante Risken widerspiegeln würden, in den Bereichen der grünen Investments abgerückt werden kann, um diese zu fördern. Bisher gaben die harten Daten keinen Grund für eine Besserstellung grüner Investments her - eine Position, die auch die FMA einnimmt. Die Prüfung einer möglichen Vorzugsbehandlung für grüne Anlagen bleibt also spannend.

Betreffend die zweite Säule gibt es Änderungen der Level 2-Bestimmungen im Hinblick auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in die Governance von Versicherungsunternehmen, die mit 2. August 2022 in Kraft treten werden. Von Asset Managern wird erwartet, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken in den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht einbeziehen. Auch haben die Versicherungsunternehmen die Auswirkungen ihrer Anlagestrategie und ihrer Anlageentscheidungen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt, dass Nachhaltigkeitsrisiken nicht als eigenständige Risikoart zu betrachten sind; sie wirken vielmehr auf bestehende im Risikomanagementsystem der Versicherungsunternehmen bereits abgebildete Risikoarten ein. Dr. Saria führte das Beispiel Texas und Michigan an, die beide zwar das gleiche Rating aufweisen würden, allerdings muss Texas für 20-jährige Anleihen eine höhere Rendite zahlen, um das wohl höheres Klimarisiko zu kompensieren, wie das die Eisstürme und tiefen Temperaturen dieses Winters belegten.

Klimarelevantes Exposure der österreichischen Versicherungsunternehmen
Dieses umfasst etwa 20 Prozent der Assets der Assekuranz. Am stärksten wäre bei einer
Neubewertung das Segment „Immobilien“ betroffen, wobei individuell der Anteil von den
klimabezogenen Vermögenswerten sehr heterogen ist, wie die FMA bei ihrem Asset Screening nach der Battiston-Methode herausfand. Verwundbar kann auch ein Staatsanleihenexposure wegen möglicher Steuerausfälle von Staaten sein. Die zum Stichtag 31.03.2021 gehaltenen Staatsanleihen im Gesamtbestand der heimischen Assekuranz würden nach dem Schock um rund 0,58 Prozent oder 133 Millionen Euro an Wert verlieren. Auch hat die FMA die Klimarisiken in den Portfolios der Versicherer in Bezug auf gelistete Aktien und Unternehmensanleihen untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die österreichischen Versicherungsunternehmen bei Aktien viel stärker in Strom-, Öl-, Gas sowie Stahlproduktion investiert sind, aber im Sektor Strom auch in einem wesentlich größeren Ausmaß erneubare Energien finanzieren als der MSCI ACWI. Dr. Saria dazu: "Die Unternehmen, in welche die österreichischen Versicherungsunternehmen in ihren Anleihen-Portfolios investieren, müssen den relativen Anteil vor allem in den Bereichen Stromkapazität an Erneuerbare Energien und Produktion von Hybridantriebe steigern, um auf einen 2 Grad Celsius verträglichen Pfad zu gelangen."

Stresstest 2021
Der aktuelle Stresstest der FMA zeigt die Wertverluste bei einem plötzlichen Übergang zu einem 2 Grad Celsius konformen Pfad. Die Annahmen waren folgende: Im Ausgangsszenario käme es ohne Maßnahmen zu einer Erderwärmung um 2,7 Grad bis 3,5 C bis 2100. Dieses Szenario dauert bis 2040 an. Nach dem Stresstest erfolgt 2030 ein Maßnahmenschock, um bis 2040 einen 2 Grad konformen Pfad gemäß Szenario der IEA: WEO einzuschlagen - spät und plötzlich.

Dies hätte einen starken Produktionsrückgang in kohlenstoffreichen Sektoren und hohe Produktionszunahmen in kohlenstoffarmen Sektoren sowie eine drastische Änderung der Marktpreise und Profite bei den entsprechenden Technologien zur Folge. Zu erwarten sind hier Verluste bei Aktien von 191,3 und bei Unternehmensanleihen von 44,2 Millionen Euro.

Nicht-finanzielle Berichterstattung wird strukturierter und umfangreicher
Betreffend Säule drei zur nicht-finanziellen Berichterstattung soll hier durch die neue CSRD-Richtlinie mehr Transparenz und vor allem auch Struktur geschaffen werden. Hier besteht dann ab dem Geschäftsjahr 2023 eine Prüfpflicht durch den Wirtschaftsprüfer, zudem müssen die Daten in einem weiterverabeitungsfähigen XHTML-Format vorhanden sein.

Ausblick auf die erneuerte Sustainable Finance Strategie der EU
Vorgesehen ist eine Erweiterung der Taxonomie, um auch Zwischenschritte hin zu ökologisch
nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten zu berücksichtigen und dadurch die Finanzierung
der Transition zu erleichtern. Dazu kommt eine Mobilisierung von Investments in ESG Projekte durch das InvestEU Programm -durch den InvestEU Fund sollen in den nächsten 7 bis 10 Jahren Investments in der Höhe von rund 370 Milliarden Euro ausgelöst werden. Angekündigt ist auch eine Überprüfung, inwieweit Nachhaltigkeitsfaktoren in Kreditratings der Ratingagenturen reflektiert werden, sowie die Regulierung von ESG Rating- und Research-Unternehmen. Schließlich ist auch die schon erwähnte Prüfung einer möglichen Vorzugsbehandlung von grünen Investments bei der Kapitalunterlegung vorgesehen, wobei in die Risikobewertung auch Klimarisiken einfließen sollen. Auch eine Integration von Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement von Versicherungen soll erfolgen, genauso wie verpflichtende Analysen zu „Climate Change Scenario“. Last, but not least, stehen auf der To-Do-List regelmäßige Stresstests zu den Klimarisiken im Banken- und Versicherungssektor, eine stärkere Verankerung von ESG-Faktoren in der IORP II- und der Aktionärsrechte-Richtlinie. Auch eine Erweiterung der Befugnisse der Aufsicht zur Bekämpfung von Greenwashing soll implementiert werden. Dr. Saria beinahe schon prophetisch zum Abschluss: "Die Probleme bezüglich des Umgangs mit Nachhaltigkeitskriterien, wie wir sie bei einigen Asset Managern sahen, werden wohl nicht die letzten gewesen sein." (kb)


Die Highlights des INSURANCE DAY 2022 können Sie nachfolgender, exklusiven Fotogalerie entnehmen:

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