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Solvenzberichte: Versicherer wehren sich gegen kritische Analyse

Eine Studie zu den Solvenzquoten der deutschen Lebensversicherer hat ein großes Echo in den deutschen Medien hervorgerufen. So groß, dass die deutsche Versicherungswirtschaft sich veranlasst sah, öffentlich zu reagieren. Auf ihre Kritik wiederum liefern die Urheber der Analyse eine Réplique.

Die Versicherungswirtschaft hat eine gemeinsame Studie des Versicherungsexperten Carsten Zielke und des Bundes der Versicherten zu den Solvenzquoten der Lebensversicherer ins Visier genommen.
Die Versicherungswirtschaft hat eine gemeinsame Studie des Versicherungsexperten Carsten Zielke und des Bundes der Versicherten zu den Solvenzquoten der Lebensversicherer ins Visier genommen.© aijiro / stock.adobe.com

Eine Studie des Bundes der Versicherten (BdV) in Zusammenarbeit mit dem Versicherungsexperten Carsten Zielke zur Solvenz der deutschen Lebensversicherer sorgt derzeit für Wirbel. Bekannte überregionale Zeitungen mit einer großen Leserschaft unter Verbrauchern hatten den kritischen Report, aufgegriffen.

In der Folge sahen sich offenbar einige Versicherungsgesellschaften, die in der vor rund einer Woche veröffentlichten Studie nicht gut wegkamen, und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veranlasst, in die Offensive zu gehen und öffentlich Kritik an der Analyse zu üben. Diese wiederum weist Zielke, geschäftsführender Gesellschafter von Zielke Research Consult, in einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt, zurück.

Geringe "reine" Solvenzquote
Worum geht es? Die Analyse von Zielke und dem BdV kommt unter anderem zum Schluss, dass 16 der 84 untersuchten Versicherer eine zu geringe "reine" Solvenzquote von unter 100 haben. Damit hätten sie mutmaßlich in einer massiven Krise keine ausreichenden Eigenmittel, um ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber Kunden erfüllen zu können. "Die Branche driftet auseinander, mehr als ein Viertel der untersuchten Unternehmen hat ernste Probleme", kommentierte BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein vor rund einer Woche die Ergebnisse der Studie in einer Pressemitteilung.

Diese Kritik lässt der GDV nicht auf seinen Mitgliedern sitzen. Die Solvenzlage deutscher Lebensversicherer sei nachweislich besser, als vom BdV dargestellt, so der Verband in einer Mitteilung. Das stimmt auch – wenn man nicht die "reinen" Solvenzquoten, sondern die Quoten unter Berücksichtigung der gesetzlich erlaubten Übergangsmaßnahmen betrachtet. In dem Fall liegen alle Versicherer über 100.

Neue Berechnungsmethode für die "reine" Solvenz
Die nun angestoßene Diskussion seitens der Versicherungswirtschaft ist im Detail verzwickt. Daher nur ein Beispiel, das die Komplexität verdeutlicht. Ein Hauptkritikpunkt der Assekuranz ist Zielkes Berechnung dieser "reinen" Solvenzquote ohne Berücksichtigung der gesetzlich erlaubten Übergangsmaßnahmen.

Der Experte hat die Methodik für die Kalkulation nach eigenen Angaben im Vergleich zum Vorjahr verschärft: Er rechnete sogenanntes "ergänzendes Eigenkapital" nicht mehr an. Dazu gehören unter anderem noch nicht eingezahltes Grundkapital vonseiten der Gesellschafter eines Versicherers sowie das Versprechen der Gewährung von Nachrangdarlehen seitens einer Konzernholding. Klar ist: Wird das "ergänzende Eigenkapital" nicht angerechnet, sinkt auf dem Papier das Eigenkapital insgesamt und damit auch die Solvenzquote.

Direkter Widerspruch?
Von dem Schritt waren drei Gesellschaften besonders betroffen, ihre reinen Solvenzquote sanken unter 100. Ein Versicherer beanstandet dem Branchendienst "Versicherungswirtschaft heute" (VWH) zufolge, dass diese Nichtanrechnung im direkten Widerspruch zu den gesetzlichen Regeln von der EU-Richtlinie Solvency II stehe.

Zielke begründet seine Entscheidung in der Stellungnahme wie folgt: "Die zunehmende Beliebtheit bei gleichzeitig angespannter Zinssituation, aber auch der Umstand, dass es keine Gegenpositionen weder in den Solvenz- noch in den HGB-Bilanzen der Garantiegeber gibt, hat uns veranlasst, in diesem Jahr derartiges weiches Kapital nicht mehr zu berücksichtigen." Zudem sei im Herbst vergangenen Jahres die juristische Frage aufgekommen, ob in einer Notsituation eine andere Sparte der Lebensversicherungsgesellschaft überhaupt Mittel zukommen lassen darf, ohne die eigenen Versicherungsnehmer zu schädigen. (jb)

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