Logo von Institutional Money
| Regulierung

Offene Finanzmärkte: UK und Schweiz zeigen, dass es eben doch geht

Zwischen Großbritannien und der Schweiz sind auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen Initiativen zur Marktöffnung in Gang gesetzt worden. Man schließt ein Äquivalenzabkommen. Kann das eine Blaupause für andere Finanzmärkte sein?

Großbritannien und die Schweiz haben Großes vor, um der EU Paroli zu bieten.
Großbritannien und die Schweiz haben Großes vor, um der EU Paroli zu bieten.© rcfotostock / Fotolia

Das britische Finanzministerium hat angekündigt, dass es die Schweizer Börse als äquivalent anerkennen will. Ein entsprechender Beschluss wurde dem britischen Parlament unterbreitet und dürfte voraussichtlich Anfang Februar in Kraft treten. Mit diesem Schritt entfällt in Großbritannien die wesentliche Beschränkung für den Handel mit Schweizer Aktien an Schweizer Börsen. Dies sollte dazu führen, dass die Schweiz UK-Handelsplätze ebenfalls wieder anerkennen und den dortigen Handel mit Schweizer Aktien zulassen wird. Anders als die EU-Börsen sollten die UK-Börsen dann von der Negativ-Länderliste gemäß der bundesrätlichen "Schutzverordnung" gestrichen werden. Damit können Schweizer Aktien wieder im UK gehandelt werden.

Äquivalenz ist nur ein erster Schritt
Die Schritte zur gegenseitigen bilateralen Anerkennung der Handelsplätze sind begrüßenswert, aber nicht nur isoliert zu betrachten. Sie reihen sich in weitergehende Ambitionen im Finanzdienstleistungsbereich ein, wo im bilateralen Verhältnis zwischen dem UK und der Schweiz konkrete Fortschritte erfolgen.

Bekenntnis zu offenen Märkten mit hohem Momentum
Bereits im April hatten sich die einschlägigen britischen und schweizerischen Verbände in einem umfassenden Branchenpapier auf Anliegen zu gezielten gegenseitigen Marktöffnungsschritten im Finanzdienstleistungsbereich geeinigt. Diese wurden bei den Finanzbehörden der beiden Länder platziert und gehört. Am 30. Juni 2020 unterschrieben die Finanzminister der beiden Länder ein "Joint Statement", das als Basis für ein ambitioniertes Projekt dient, mit dem Marktzugangshindernisse weitgehend beseitigt werden sollen. Solche bestehen vor allem im Bankenbereich. Am 27. Januar bekräftigten die beiden Finanzminister Ueli Maurer und Rishi Sunak in einer Videokonferenz, die Verhandlungen in Richtung eines entsprechenden Abkommens zügig voranzutreiben. Das Momentum ist auf beiden Seiten hoch.

Gegenseitige Marktöffnung als Ziel
Mit UK und der Schweiz bekennen sich die beiden bedeutendsten Finanzplätze in Europa zu offenen Märkten und unternehmen konkrete Schritte in diese Richtung. In beiden Finanzplätzen erfüllen bedeutende Anbieter von Finanzdienstleistungen auch grenzüberschreitend existierende legitime Kundebedürfnisse. Das mit dem «Joint Statement» beabsichtigte Abkommen soll ein sinnvolles und effizientes Erbringen von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen ermöglichen. Damit dies möglich wird, arbeiten die beiden Finanzplätze gemeinsam an Lösungen, die im gegenseitigen Interesse sind.

Kundenschutz, Integrität, Stabilität und Level Playing Field im Fokus
Bemerkenswert ist, dass im Bereich der Zulassung und Beaufsichtigung von grenzüberschreitenden Aktivitäten von Finanzintermediären vom Ansatz her beidseitig die Überzeugung überwiegt, eine gegenseitige, outcome-basierte Gleichwertigkeit des Regulierungs- und Beaufsichtigungsrahmen anzustreben. Den maßgeblichen und wichtigen zu schützenden Interessen ist damit am besten gedient. Im Fokus stehen dabei Kundenschutz, Integrität, Stabilität und Level Playing Field. Das UK und die Schweiz setzen auf bilaterale Kooperation, mit dem Ziel, gegenseitig die Gleichwertigkeit des Regulierungslevels des anderen nicht nur festzustellen und wo nötig herbeizuführen, sondern diese Gleichwertigkeit auch auf Dauer beizubehalten (Mutual Recognition). Dies wird als zielführender und verlässlicher erachtet als das Anstreben von weitgehend identischen Regulierungen oder von bloss unilateralen Äquivalenzentscheiden. Solche sind implizit entsprechend einseitig, möglicherweise willkürlich und können aberkannt werden.

UK und die Schweiz zeigen, was anderswo auch von Interesse sein sollte
Hinter dem ehrgeizigen und anspruchsvollen bilateralen Vorhaben zwischen dem UK und der Schweiz steckt insbesondere ein klares Bekenntnis zu den Vorteilen und Chancen von offenen Märkten. (Wieder-)Eröffnung von Handelsplätzen, freier Kapitalfluss, grenzüberschreitende Nutzung von Kompetenz, Vermeidung von Fragmentierung und ein gesunder Wettbewerb, der Mehrwert schafft, sind die Ziele, die man erreichen will. Dies ist anspruchsvoll, aber erstrebenswert und möglich, meint die Schweizerische Bankiervereinigung. Darüber hinaus gibt es auch Zukunftsthemen, wie Sustainable Finance, die Bekämpfung von Cyber-Kriminalität oder digitale Innovationen im Finanzsektor. Ein Zusammenspannen von bedeutenden Finanzplätzen setzt dort Potential frei, das sonst nicht oder zumindest nicht optimal genutzt wird. All dies ist Teil des mit dem "Joint Statement" angestrebten engeren Zusammenwirkens.

EU baut mit Drittstaaten-PolitikHürden auf, schafft Junktime
Blickt man in Richtung EU, muss man feststellen, dass deren Drittstaaten-Optik im Finanzdienstleistungsbereich eher Hindernisse aufbaut als beseitigt. Eigentlich fällige Äquivalenzentscheide werden durch sachfremde Verknüpfungen hinausgezögert oder blockiert. Der Fall Börse Schweiz ist nur ein Beispiel, es gibt zahlreiche andere Bereiche. Der Finanzplatz Schweiz ist nicht der einzige "EU-Drittstaat", der in dieser Hinsicht Verbesserungspotential sieht. In den weiteren Verhandlungen zwischen der EU und dem UK dürfte dies eines der schwierigen Themen sein. Kritik hört man in gewissen Bereichen auch von den USA. Näher betrachtet, sind berechtigte Fragen angebracht, ob eine solche Haltung der EU, ihr und vor allem auch ihren Investoren schlussendlich nicht mehr Nach- als Vorteile bringt.

Überdenken von festgefahrenen Ansätzen in der EU
Das und mehr Offenheit für neue Wege der Ausgestaltung von guten und robusten Beziehungen zu maßgeblichen Finanzplätzen außerhalb der EU würde auch der EU selbst gut tun. Als Finanzplätze sind UK und die Schweiz Teil von Europa. Ein enger und konstruktiver Dialog, um Wege in Richtung eines Zusammenspannens zu finden, liegt eher im Interesse der EU als deren Abschottung. Es bleibt abzuwarten, ob Schritte in diese Richtung im beabsichtigten Post-Brexit Memorandum of Understanding zwischen dem UK und der EU zu den Finanzdienstleistungen erfolgen werden. Im Verhältnis EU - Schweiz, die in zahlreichen Sektoren bereits eng miteinander verbunden sind, sollten pragmatische Ansätze, wie diese derzeit vom UK und der Schweiz vorgelebt werden, zu gegebener Zeit auch ein Thema werden. (kb)

Dieses Seite teilen