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Kurskapriolen: Aufsicht schaut hin, Ex-CS-Chef und GAM äußern Verdacht

Die Kursrückgänge bei der Deutschen Bank vergangene Woche haben nun die ESMA bewogen, sich das marktenge CDS-Segment noch genauer anzusehen. Der ehemalige Credit Suisse-Chef erläuterte seinerseits, wie Short-Spekulanten die Kurse beeinflusst haben könnten. Auch GAMs Anlagechef hat einen Verdacht...

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Nach den jüngsten Turbulenzen bei Bankaktien nimmt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA den Handel mit Kreditausfall-Swaps unter die Lupe, ist einem Bloomberg-Bericht zu entnehmen. “Die ESMA untersucht zusammen mit den nationalen Regulierungsbehörden die jüngsten Marktbewegungen, auch auf dem CDS-Markt”, sagte ein Sprecher gegenüber Bloomberg.

Diese Woche wurde bekannt, dass die Aufsichtsbehörden eine Transaktion mit CDS der Deutschen Bank unter die Lupe genommen haben, die womöglich der Grund für den globalen Bankenausverkauf am Freitag war (Institutional Money berichtet) . Kreditausfall-Swaps können sehr illiquide sein, sodass eine einzige Wette hohe Wellen schlagen kann.

Der oberste Aufsichtsbeamte der Europäischen Zentralbank, Andrea Enria, wies am Dienstag auf die mangelnde Transparenz der Anlageklasse hin und forderte die im Financial Stability Board versammelten Regulierungsbehörden auf, den CDS-Markt genauer ins Visier zu nehmen.

Tidjane Thiam hat einen Verdacht
Der ehemalige Chef der Credit Suisse Group, Tidjane Thiam, sieht Finanzspekulanten hinter den jüngsten Kursturbulenzen bei der Aktie der Deutsche Bank und keine fundamentalen Probleme beim Institut.

“Ich werde Ihnen sagen, was mit der Deutschen los ist”, sagte Thiam laut Bloomberg auf dem Priority Summit des FII Institute in Miami Beach. “Nach der Schließung des Euro-Marktes bauen Spekulanten CDS-Shortpositionen auf und erhöhen den CDS-Spread. Dann erscheinen Artikel, in denen es heißt, dass die Deutsche bankrott geht, und dann gehen sie auf den ADR-Markt, der sehr illiquide ist, bauen eine Position dort auf und verdienen gutes Geld.”

“Man muss also wirklich unterscheiden zwischen dem, was in der realen Wirtschaft vor sich geht, und den spekulativen Positionen, die von Leuten eingenommen werden, die im Wesentlichen Geld verdienen wollen”, sagte Thiam in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit dem Beinahe-Zusammenbruch der Credit Suisse, der Schockwellen durch das europäische Bankwesen schickte.

Thiam war Anfang 2020 als CEO der Credit Suisse zurückgetreten. Vergangene Woche schrieb er in einem Beitrag in der Financial Times, er sei “fassungslos” über die wachsende Schieflage der Zürcher Bank, die zur staatlich eingefädelten Notübernahme des Instituts durch die UBS Group geführt hatte.

In Miami sagte Thiam, er sei weiterhin “stolz” auf seine fünfjährige Amtszeit als Chef der Credit Suisse, die “ohne größere Zwischenfälle” gewesen sei.

In Bezug auf die Befürchtungen einer umfassenderen Bankenkrise erklärte Thiam, er sei mit dem Zustand der Bankenbranche “ziemlich zufrieden”. “Ich denke, sie ist nicht fragil”, führte er aus. “Ein Grund für meine Zuversicht ist, dass der Zustand der Weltwirtschaft gut ist.”

GAM: Makro-Trades liefen aus dem Ruder
Für David Dowsett, Global Head of Investments bei GAM Investments, waren die Ereignisse im europäischen Bankensektor und insbesondere bei der Deutschen Bank, wahrscheinlich das Ergebnis einer Kombination aus Positionsauflösungen und den beiden beliebtesten Trades für diskretionäre Makro-Fonds im März, nämlich Short-Zinsen und Long-Finanztitel.

Denn am vergangenen Freitagmorgen kam es zu einem enormen Kursanstieg der zweijährigen Anleihen, die zeitweise 3,6 Prozent erreichten, während die Deutsche Bank gleichzeitig 15 Prozent abgab. Alles deutete laut Dowsett darauf hin, dass es sich dabei um eine Positionsauflösung handelte, die von CDS auf Aktien überging.

Aus fundamentaler Sicht ist Dowsett zufolge der prozentuale Anteil des Kreditbuchs der Deutschen Bank, der in US-Gewerbeimmobilien investiert ist, gering, die Einlagenbasis der Bank ist nicht gefährdet und durch liquide Mittel gut gedeckt. "Die Kursentwicklung war wohl eher von einer fragilen Stimmung als von der fundamentalen Realität bestimmt. Wenn sich die Banken jedoch auf den Schutz verlassen können, den sie in den letzten Jahren aufgebaut haben, dann sollten sie in einer vernünftigen Position sein", hält Dowsett fest. (aa)

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