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| Regulierung

Gaspreis: besser Grenzkostenbeschneidung statt Übergewinnsteuer

Warum die Politik eher eine staatlich regulierte Grenzkostenbeschneidung statt einer Übergewinnsteuer einführen sollte, weiß Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut.

Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut.
Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut.© Privates Institut

„Aktuell steigen die Stromkosten immer weiter und viele Verbraucher, das Handwerk und das produzierende Gewerbe sehen der nahen Zukunft mit Sorge entgegen. Sie fragen sich beinahe täglich, wie sie kommende Rechnungen bezahlen sollen oder ob das nächste Jahr vielleicht wieder eine Senkung der Kosten bereithält. Dabei hoffen viele Deutsche auch auf die finanzielle Unterstützung von Seiten der Bundesregierung", weiß Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut, zu berichten.

Abschöpfen von Zufallsgewinnen ist nur zweitbeste Lösung
Gleichzeitig verhandelt die Europäische Kommission mit den Energieministern über mögliche Lösungsansätze für das Dilemma. Dabei steht vor allem eine Übergewinnsteuer bzw. das Abschöpfen von Zufallsgewinnen immer wieder im Fokus der Gespräche. Dadurch will die Politik die Strommarktgewinner der aktuellen Krise mit einer Steuer belegen und somit das sogenannte ‚übermäßig erwirtschaftete Geld‘ an die Bevölkerung zurückgeben. Schoy dazu: "Dies erweist sich jedoch einerseits als ein komplizierter und tiefgreifender Eingriff in das Marktgeschehen, und anderseits existiert bisher noch kein genauer Plan zur Durchführung solcher Maßnahmen. Viele Unternehmen aus der Energiebranche sehen hier berechtigterweise von Seiten der Politik noch einiges an Klärungsbedarf."

Mitgehangen, mitgefangen?
Die aktuellen Gewinne der Stromproduzenten entstehen vor allem aufgrund der Merit-Order
an der Strombörse. Durch eine vorgegebene Einsatzreihenfolge von stromproduzierenden
Kraftwerken am Handelsplatz beginnt die Zuschaltung bei den preisgünstigen Produzenten
und steigert sich langsam zu den teureren Energielieferanten, bis das Angebot die aktuelle
Nachfrage deckt. Im Zuge dieses Prinzips orientiert sich der Strompreis an dem letzten
zugeschalteten Grenzkraftwerk. Diese Rolle nehmen derzeit die Gaskraftwerke ein, die durch
Rohstoffkosten teuer Strom produzieren und damit derzeit circa zehn Prozent des
Gesamtaufkommens decken. Momentan legt also dieser geringe Anteil die Kosten für die
restlichen neunzig Prozent fest. In diesem Zuge können Atom- und Kohlekraftwerke aber auch
die regenerativen Energien, wie Photovoltaik oder Wind, mit ihren relativ geringen
Aufwendungen überraschend hohe Gewinne erzielen, da sich die Marktwerte an der
Strombörse seit 2021 vervielfacht haben.

Strommarkt gegen PPA
Solche sogenannten Übergewinne halten viele Verbraucher für sozial ungerecht und fordern nun, diese mit einer Übergewinnbesteuerung zu belegen. Dabei wird nur ein kleiner Bruchteil des gesamten erzeugten Stroms an der Strombörse gehandelt. Der weitaus größere Teil von mehr als 80 Prozent wandert über direkte Stromverträge mit langer Laufzeit (OTC-Verträge) an den Empfänger. Besonders bei Solar- und Windstrom haben sich viele Erzeuger im Rahmen vom Power Purchase Agreements (PPA) über mehrere Jahre zur Stromlieferung zu festen Preisen verpflichtet. Schoy: "Diese PPAs wirken sogar preisdämpfend und stabilisierend. Nebenbei lässt sich festhalten, dass zwei Drittel aller Photovoltaikanlagen hierzulande überhaupt nicht an der sogenannten Direktvermarkt teilnehmen und die Mehrerlöse derselben unverzüglich auf das gut gefüllte EEG-Umlagekonto wandern."

Viele offene Fragen
Trotzdem scheint das Abschöpfen von entstehenden ‚Zufalls‘- Gewinnen auf den ersten Blick
ein effizienter und besonders populärer Ansatzpunkt in der aktuellen Krise, jedoch blockiert
die Politik so auf längere Sicht auch mögliche Investitionen in eine grünere und nachhaltigere
Zukunft. Zudem stehen die Marktteilnehmer momentan noch vor einigen Fragen, auf die die
Bundesregierung bisher noch keine Antworten liefern konnte. Schoy führt aus: "Dazu gehört unter anderem die Höhe der anstehenden Übergewinnsteuer oder wer genau diese überhaupt festlegt: Ab wann ist ein Gewinn ein Übergewinn? Wie lässt sich das ganz möglichst raus und rechtssicher abwickeln? Momentan scheint die Politik gerade diejenigen als Sündenböcke für die Krise opfern zu wollen, die die Energiewende mit ihren Investitionen erst ermöglichen, während die totgeglaubte Kohle ein Revival bekommt. Diese Entscheidung könnte dringend benötigte Investitionen und ebenso Risikokapital für die (Weiter-)Entwicklung von Zukunftstechnologien wie power to gas oder Speichersystemen bremsen."

Biete Gaspreis, suche Deckel
Es scheine vollkommen abstrus, so Schoy weiter, dass teure Gaskraftwerke, die nur ein Zehntel des Gesamtaufkommens produzierten, den Preis für die restliche Menge des Stroms festlegen. Portugal und Spanien zeigten beispielsweise schon eine Möglichkeit, wie die Politik
zielführender und individueller auf den außer Kontrolle geratenen Strommarkt reagieren könne.
"Schon vor ein paar Monaten haben sich beide Länder entschlossen, den Gaspreis fest für die
nächsten zwölf Monate zu deckeln. Mit einer bei der EU erwirkten Sonderregel haben sie diesen auf circa 50 Euro eingefroren und somit die Kosten für Strom vorübergehend fast um die Hälfte gesenkt."

Für dieses Vorgehen gibt es jedoch auch Kritik, da der günstige Strompreis zu mehr Verbrauch, vor allem durch den Export an Frankreich, führt. Schoy abschließend: "Hier zeigt sich, dass auch in diesen Ländern noch Nachbesserungsbedarf herrscht. Eine Hochsetzung des entsprechenden Deckels könnte beispielsweise mehr Sparanreize liefern. Der Strommarkt selbst funktioniert einwandfrei, nur der Gasmarkt ist dabei zu kollabieren.“ (kb)

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