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Dickes Ei: EEG-Novelle ist keine gelungene Osterüberraschung

Seit dem Ukraine-Krieg rückt das Thema erneuerbare Energien noch drängender auf die Agenda: Unabhängigkeit vom russischen Öl und Gas bei gleichzeitiger Erreichung der Klimaziele ist der Plan. Oster- und Sommerpaket sollen die Weichen in diese Richtung stellen, doch gelingt das mit der EEG-Novelle?

Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut
Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut© Privates Institut

Ist eine EEG-Novelle wirklich das, was Wirtschaft und Umwelt brauchen? „Momentan versucht die Politik Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Schon seit längerer Zeit befinden wir uns in der Photovoltaik in einem Abhängigkeitsverhältnis zu China. Daher würde Deutschland von einer Abhängigkeit direkt in die nächste schlittern“, berichtet Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut. Wieso ist das aber überhaupt problematisch und was könnten mögliche Lösungen dieses Dilemmas sein?

Der Boom, die Preise und die Förderung
Ohne Photovoltaik kann die Energiewende nicht gelingen – daher spielt die Sonnenenergie eine nicht unwesentliche Rolle im angestrebten Osterpaket. Doch sind neue Fördertöpfe wirklich das, was der Ausbau der Photovoltaik braucht? „Die Branche hat schon seit Längerem mit steigenden Preisen für PV-Komponenten und mit Lieferproblemen zu kämpfen, die Pandemie und vor allem der Ukraine-Konflikt hat dies nochmal verschärft“, weiß Schoy und fügt hinzu: „Zusätzlich dazu verzeichnen wir gerade einen Boom, auch weil etwa die Preise für Energie angezogen haben.“

China statt Russland: Nur eine Abhängigkeit gegen eine andere getauscht
Das Osterpaket sieht etwa vor, dass sich Solaranlagen für gewerbliche Neubauten verpflichtend sowie für private Neubauten zur Regel entwickeln sollen, die Vergütungssätze bei der Einspeisung will die Regierung anheben und mehr Frei- und Dachflächen per Ausschreibung zur Verfügung stellen. Alles, um die Sonnenenergie noch attraktiver zu machen. Schoy ordnet dies so ein: „Prinzipiell gut, aber es wird wieder einmal an den falschen Stellschrauben gedreht. Schon heute kommen fast alle Solarmodule aus China, Tendenz steigend – eine Produktion in Deutschland oder Europa scheint nicht mehr lohnenswert. Mit der momentanen und auch zukünftigen Förderung investieren wir kräftig in die asiatische Wirtschaft.“

Globalisierung ja – Abhängigkeit nein
Unbestreitbar bleibt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und damit auch der der Photovoltaik schneller voranschreiten muss. „Doch es darf nicht nur um pure Schnelligkeit gehen, der Eindruck drängt sich auf, dass vor dem Hintergrund des Krieges die Regierung so
einiges übers Knie bricht“, so Schoy. Wirtschaftliche Verstrickungen und Abhängigkeiten lassen sich kaum verhindern, jedenfalls in einer weitestgehend globalisierten Welt. Schon länger aber befindet sich Deutschland in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu Modul-Herstellern aus Übersee, obwohl hierzulande noch vor einigen Jahren viel Know-how in Sachen Photovoltaik beheimatet war.

Knowhow in Sachen PV ist in Deutschland verlorengegangen
Diese Entwicklung sieht Schoy kritisch: „Im Falle der Gasversorgung sind wir aktuell zu etwa 55 Prozent von Russland abhängig – bei PV-Modulen liegen wir nahezu bei einer hundertprozentigen Abhängigkeit von China. In Anbetracht dieser Tatsache wird einem immer mehr bewusst, dass das Leitmotiv ‚Wandel durch Handel‘ wohl doch eher Wunschdenken gewesen sein könnte. Es ist an der Zeit, dem Bewusstseinswandel möglichst rasch Taten folgen zu lassen. Sonst besteht die Gefahr, dass nicht nur das ausgerufene Ziel, 2030 80 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu generieren, sondern auch unsere wertebasierte westliche Welt kräftig ins Wanken gerät.“

Was braucht der Markt?
Wenn Förderungen zu kurz greifen, was braucht der Markt dann? Wie lässt sich der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen und gleichzeitig der Standort Deutschland stärken? „Es braucht eine größere, umfassendere Lösung, als immer wieder neue Fördertöpfe aufzurufen. Dies betrifft vor allem die Finanzierung solcher Projekte außerhalb der EEG-Garantieversprechen“, betont Schoy. Die Rahmenbedingungen für eine Investition in erneuerbare Energien bedürfen einer Reform. Nur so kann es gelingen, dass sich Projektentwicklung in diesem Bereich wieder lohnt beziehungsweise erst möglich wird. Der Photovoltaik-Experte stellt heraus: „Um die Sonnenenergie in der EU und in der Bundesrepublik flächendeckend und nachhaltig zu fördern, braucht es wieder eine Produktion auf europäischem Boden sowie besonders Banken und Sparkassen, die PV-Projekte auch außerhalb des EEG-Förderungstopfes finanzieren können und auch müssen.“ Ohne eine Produktion in unseren Breitengraden und entsprechender gesetzlicher Normierung hinsichtlich der Finanzierung scheint es fraglich, ob sich zukünftig der Bedarf decken lässt und die angestrebten Klimaziele erreichen lassen. (kb)

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