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| Regulierung

Der "Knatsch" zwischen EZB und deutschen Top-Banken tritt offen zutage

Die beiden größten Banken wagen nun auch in der Öffentlichkeit Kritik an der überbordenden Regulierung seitens der EZB. Diese kontert, dass Banken zu hohe Risiken im Bereich Leveraged Finance in den Büchern hätten. Investoren sollten diesbezüglich näher hinsehen.

Die Aufsichten schauen immer genauer hin. Das stößt mittlerweile auf Kritik.
Die Aufsichten schauen immer genauer hin. Das stößt mittlerweile auf Kritik.© Goodpics / stock.adobe.com

Die Spannungen zwischen den europäischen Banken und ihrer wichtigsten Aufsichtsbehörde brechen nun offen aus, berichtet Bloomberg News. Auf die Frage, ob er die in einem Brief von Top-Bankern an der EZB geäußerte Kritik teile, nannte der Finanzvorstand der Deutschen Bank, James von Moltke, am Mittwoch mehrere Bereiche, in denen er nicht mit der EZB übereinstimmt, darunter das Leveraged Finance-Geschäft. Die EZB hatte der größten deutschen Bank eine zusätzliche Kapitalanforderung für dieses Geschäft auferlegt.

Zustand der Regulierung sei "unhaltbar"
Unabhängig davon signalisierte der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Manfred Knof, seine Ansicht, dass der derzeitige Zustand der Regulierung unhaltbar sei. Die europäischen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden müssten das schwierige Umfeld berücksichtigen, in dem sich die Kunden der Banken angesichts der Pandemie und der Rekordinflation befinden, sagte er.

“Auch jetzt in der Krise fährt der Regulierungszug ungebremst weiter”, sagte Knof auf einer Konferenz zur Bankenaufsicht, die von der Deutschen Bundesbank am Dienstag in Frankfurt veranstaltet wurde. “Neue Anforderungen und neue bürokratische Hemmnisse werden geschaffen – gerade so, als wäre nichts passiert. Das kann so nicht weitergehen.”

Dennoch seien die Beziehungen zur EZB sowie zur deutschen Aufsichtsbehörde BaFin und zur Bundesbank “konstruktiv” und basierten auf Vertrauen.

Wie "Institutional Money" auf Basis von Bloomberg-Informationen vor ein paar Tagen bereits berichtete, sind die Chefetagen der europäischen Banken zunehmend genervt von der ihrer Meinung nach übermäßigen Einmischung und unangemessenen Forderungen der europäischen Bankenaufsicht.

Aufgabe der Aufsichten: Safety First
Die einheitliche europäische Aufsicht unter EZB-Hoheit sei geschaffen worden, “um die Sicherheit und Solidität des Bankensektors zu fördern”, hatte ein EZB-Sprecher zu dem Schreiben gesagt. “Wir sind entschlossen, dieses Mandat zu erfüllen und die Banken anhand sehr hoher Standards zu bewerten.” Man bleibe aber offen für einen Dialog über Effizienz und Effektivität der Aufsichtsprozesse.

Gehebelte Kredite - Ursache neuer Finanzprobleme?
Leveraged Loans sind ein immer wiederkehrender Streitpunkt. Die Kreditgeber argumentieren, die EZB verfolge einen zu rigiden Ansatz, während die Aufsichtsbehörde behauptet, die Banken würden die Risiken, die sie eingehen, nicht erfassen.

Die EZB hat letzten Monat angedeutet, dass sie neben der Deutschen Bank auch anderen Kreditinstituten, die ihre Warnungen vor Leveraged Finance nicht beachtet haben, höhere Eigenkapitalanforderungen auferlegen wird. Bloomberg berichtete im Mai, dass auch die französische BNP Paribas betroffen sei.

Die Warnungen der EZB-Vertreter vor den zunehmenden Risiken im Geschäft mit gehebelten Krediten haben sich in den letzten Jahren als zutreffend erwiesen, da die Banken weltweit in den letzten sechs Monaten Milliarden Dollar an Marktwertverlusten in diesem Bereich erlitten haben.

Die Leveraged-Finance-Engagements der Banken im Euroraum machen mehr als 60 Prozent ihres Kernkapitals aus, erklärte Andrea Enria, der oberste Aufsichtsbeamte der EZB, diese Woche vor den Finanzministern der Region.

“Ein großer Teil davon sind Engagements gegenüber stark fremdfinanzierten Unternehmen, die das risikoreichste Segment einer ohnehin schon risikoreichen Anlageklasse darstellen”, sagte er.

Die Banken hätten in diesem Jahr weiterhin Geschäfte abgeschlossen, “auch wenn die Möglichkeiten, sie zu syndizieren, immer unsicherer geworden sind”, erklärte er. “Das Risiko im Zusammenhang mit den in den Bilanzen gehaltenen Beständen hat zugenommen.” (aa)

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