Logo von Institutional Money
| Regulierung

BIZ: Digitale Zentralbankwährungen sind hui, Bitcoin & Co. pfui

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als Zentralbank der Zentralbanken hat eine recht klare Vorstellung davon, wie eine digitale Zentralbankwährung aussehen sollte. Klar ist auch, was sie über Bitcoin, Stablecoins und Plattformunternehmen denkt: Diese nimmt sie als Bedrohung wahr.

Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HCOB
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HCOB© HCOB

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schreibt in ihrem Jahresbericht, dass in den nächsten Jahren mit einer großen Anzahl von digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs - Central Bank Digital Currencies) zu rechnen ist. "Sehr deutlich wird dabei, dass es hier kein schwarz oder weiß gibt. Vielmehr hängt der Erfolg oder Misserfolg einer digitalen Zentralbankwährung von ganz unterschiedlichen Faktoren wie dem Design, dem Umgang mit den Zahlungsdaten der Bürger und den Marktstrukturen ab. Die Deutlichkeit, mit der die BIZ ihre Kritik an Kryptowährungen, Stablecoins und dem Eintritt von Plattformunternehmen in den Zahlungsverkehr äußert, nährt den Verdacht, dass Angst vor der Konkurrenz mitschwingt. Hier scheint in der Argumentation manches Mal die Konsistenz verloren zu gehen", analysiert Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HCOB, in seinem aktuellen Kommentar.

Entscheidende Designfrage: Konten- oder Blockchain-basiert?
Die BIZ ist eine klare Befürworterin einer kontenbasierten CBDC. De la Rubia: "Ganz grob kann man sich das so vorstellen, dass jeder Bürger und jedes Unternehmen über ein Konto Zugang zu Zentralbankwährung erhält, während heutzutage fast ausschließlich Banken dieses Privileg genießen." Die Alternative zu einer kontenbasierten Zentralbankwährung wäre eine tokenbasierte, die auf einer Blockchain beruht und Anonymität bei den Zahlungen erlaubt. Dabei reicht eine Adresse auf der Blockchain, die persönliche Identität muss nicht preisgegeben werden. Doch genau das möchte die BIZ nicht. Sie möchte gewähren, dass die Überwachung von illegalen Zahlungen möglich ist und das funktioniert ihres Erachtens am besten mit dem kontenbasierten Ansatz, weil die Konten an Personen gebunden sind. Dennoch sei es auch hier möglich, die Persönlichkeitsrechte zu wahren und die Zahlungsinformationen vor dem Einblick Dritter zu schützen.

Banken und Kreditkarten-Anbieter sollen weiter Schlüsselrolle spielen
Die BIZ lässt auch keinen Zweifel daran, dass der Bankensektor und andere private Anbieter wie Kreditkarteninstitute im Zahlungsverkehr weiterhin eine Schlüsselrolle spielen sollen. Grundsätzlich könnte eine Zentralbank den Privatsektor umgehen und alle CBDC-Zahlungen über ein eigenes System abwickeln. Es habe sich aber bewährt, Banken und anderen privaten Zahlungsanbietern die direkte Verbindung mit dem Kunden zu überlassen, hier würden Innovationen entstehen, die von einer zentralen Institution nicht zu erwarten wären. Außerdem würden direkte Einlagen der Kunden bei der Zentralbank möglicherweise dazu führen, dass sich die Notenbank dann auch zunehmend ins Aktiv- beziehungsweise Kreditgeschäft von Banken einmischt. Genau diese Rolle eines Finanzintermediärs sollte eine Zentralbank aber nicht übernehmen.

Hybrides System bevorzugt
Interessanterweise kann sich die BIZ aber ein hybrides System vorstellen, bei dem der Bankensektor für die Kunden die Zentralbankkonten einrichtet, für die Einhaltung der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrichtlinien sorgt und den Zahlungsverkehr organisiert. Jedoch würde die Zentralbank gleichzeitig jede Transaktion mit Zentralbankgeld in ihren Büchern spiegeln. Der Vorteil: Es gäbe ein redundantes System, das im Fall des Zusammenbruchs einer Bank einspringen könnte. In der Tat würde damit der Druck auf den öffentlichen Sektor, Banken ab einer gewissen Größenordnung wegen ihrer Rolle im Zahlungsverkehr als systemrelevant zu erachten und mit Steuermitteln zu retten, sinken. De la Rubia dazu: "Ordnungspolitisch wäre dies sicherlich zu begrüßen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die CBDC-Zahlungsdaten allesamt von der Zentralbank dokumentiert werden. So gesehen ist es nicht ganz verwunderlich, dass China beim e-Yuan, der sich in der Testphase befindet, dieses System gewählt hat. Allerdings muss man auch feststellen: Schon heute hat bei uns der Staat Zugriff zu Kontenbewegungen, wenn etwa der Verdacht auf Steuerhinterziehung, Betrug oder Geldwäsche vorliegt."

Alternative zu dem hybriden System
Die Alternative dazu ist eine Architektur, bei der ausschließlich die Banken und andere private Zahlungsanbieter die Einzeltransaktionen aufzeichnen und die Zentralbank nur die gesammelten Zahlungsbewegungen zwischen den Dienstleistern dokumentiert. De la Rubia: "Aus Datenschutzgründen könnte das als die bessere Lösung angesehen werden, aber es würde auf Kosten der Stabilität des Zahlungsverkehrsystems gehen. Die BIZ, so der Eindruck, scheint der hybriden Lösung zuzuneigen und in der Tat spricht vieles für diesen Ansatz."

Lösungen gegen einen Sturm auf die Banken
Apropos Stabilität: Eine häufig geäußerte Befürchtung in Bezug auf CBDC ist die vermeintlich erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Sturms auf die Banken. Die Anleger könnten mit einem Klick das Geld von ihrem Girokonto (auf dem Buchgeld und nicht Zentralbankgeld ist) auf ihr Zentralbankkonto überweisen. Schwierigkeiten bei einer einzelnen Bank könnten damit eine gesamtwirtschaftliche Bankenkrise auslösen. Dafür schlägt die BIZ im Wesentlichen zwei Lösungen vor. Erstens, könnte dies über die Verzinsung der Zentralbankguthaben gesteuert werden. Sprich: Mit niedrigeren und notfalls negativen Zinsen würde man Kunden davon abhalten, ihr gesamtes Geld auf das Zentralbankkonto zu überweisen. Die andere Möglichkeit ist, eine Obergrenze für die Zentralbankgeldkonten einzuführen. Hier wird eine „Overflow“-Lösung vorgeschlagen, so dass bei Überweisungen auf das Zentralbankgeldkonto der Betrag, der das Konto über die Obergrenze bringt, automatisch auf das Girokonto des Kunden übertragen wird. Die BIZ legt sich hier nicht fest, welche Lösung sie bevorzugt. De la Rubia: "Es wird aber deutlich, dass sie die Verzinsung von Zentralbankguthaben aus geldpolitischen Gründen attraktiv findet. Der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik – hier die zinspolitische Steuerung der Konsumnachfrage und damit letztlich der Inflation – könnte gestärkt werden. In der Tat müsste man nicht warten, bis die Zinsänderung der Zentralbank von den Banken an die Anleger weitergereicht wird, die Kunden würden die Zinsveränderung unmittelbar spüren."

China wird unser Währungssystem nicht kapern
Ein weiteres Thema ist der internationale Zahlungsverkehr. Hier sieht man bei der kontenbasierten CBDC große Vorteile, weil die Konten personenbezogen sind. Kein Land müsse, zugespitzt formuliert, Angst davor haben, dass etwa der kontenbasierte e-Yuan aus China das Währungssystem eines anderen CBDC-Landes kapert. Denn bei personenbezogenen Konten hätten die jeweiligen Zentralbanken volle Kontrolle darüber, welche Überweisungen ins Land kommen und das Land wieder verlassen. Gleichzeitig wird auf eine wichtige Schwachstelle des Konzepts verwiesen: Wenn man zwischen wirtschaftlich eng verknüpften Ländern reibungslose Überweisungen ermöglichen wolle, dann müssten die Länder und Zentralbanken bei dem Design ihrer CBDC kooperieren, um die Systeme interoperabel zu gestalten. Erfahrungsgemäß sind derartige Kooperationen schwierig.

Schroffe Kritik der BIZ an Stablecoins und Bitcoin
Und hier ergibt sich eine gewisse Inkonsistenz in der Argumentation, findet de la Rubia: "Denn auf der einen Seite wird beklagt, dass internationale Überweisungen immer noch sehr teuer seien, was etwa Gastarbeiter und den Tourismus betrifft. Viele Menschen hätten zudem keine Bankverbindung und seien vom digitalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. Auf der anderen Seite wird aber gegen Stablecoins scharf geschossen, die sich aber unter bestimmten Umständen genau dadurch auszeichnen, dass sie über ein Smartphone leicht zugänglich sind und bei einem relativ geringen Kooperationsaufwand sehr günstige grenzüberschreitende Überweisungen erlauben würden. Stablecoins könnten – so die BIZ – nur so gut oder schlecht sein, wie die staatliche Währung, die sie abbilden. Sie seien nur ein „Anhängsel“ an das bestehende Währungssystem und in keinem Fall ein „game changer“. Interessant, denn vermutlich war es die Stablecoin-Initiative mit dem Namen Libra – mittlerweile heißt die von dem Konsortium rund um Facebook geplante Währung Diem – die allein durch ihre Ankündigung das Spiel geändert und die Zentralbanken zum Umdenken veranlasst hat."

Sehr deutlich wird die BIZ auch in Bezug auf Bitcoin
Es sei mittlerweile ja vollkommen klar, dass Bitcoin und andere Kryptotokens spekulative Assets und kein Geld seien, die in vielen Fällen im Zusammenhang mit Erpressersoftware, Geldwäsche und andere kriminelle Tätigkeiten eingesetzt würden. Der Hinweis auf den hohen Energieverbrauch fehlt natürlich auch nicht. Äußerst kritisch werden auch die Plattformunternehmen gesehen, die zunehmend in den Zahlungsverkehr eindringen. Hier äußert die BIZ die Befürchtung, dass sich einzelne Silos bilden, innerhalb derer ein reibungsloser Zahlungsverkehr funktioniert, die aber den Wettbewerb ausschalten. Sie plädiert in diesem Zusammenhang richtigerweise für technische Lösungen über Programmierschnittstellen, die die Interoperabilität verschiedener Systeme und den Austausch von Daten sicherstellen und dadurch eine Monopolisierung verhindern. Die Einrichtung derartiger Systeme müssten gesetzlich eingefordert werden.

Fazit
Insgesamt lässt sich die Argumentation der BIZ zugunsten eines kontenbasierten Zentralbankgeldes, bei dem Banken und andere private Zahlungsanbieter weiterhin die Schnittstelle zu den Nutzern des Zahlungssystems anbieten, nachvollziehen, sagt de la Rubia. Die schroffe Ablehnung von privaten Lösungen etwa durch Stablecoins, aber auch das Ignorieren des möglichen innovativen Potentials bei Kryptowährungen offenbare jedoch eine gewisse Verunsicherung in Bezug auf die neuen Technologien. Diese Haltung sei nicht unbedingt im öffentlichen Interesse, das sich die BIZ eigentlich auf die Fahnen schreibt, so der Chefökoom der HCOB. (kb)

Dieses Seite teilen