Logo von Institutional Money
| Märkte

ZEW offenbart Hoffnungsmangel, schwächstes Lagebild seit Mai 2020

Mit den zunehmend unsicheren Aussichten für den Produktionsstandort Deutschland ist die Zuversicht der Finanzmarkt-Experten in die hiesige Wirtschaft auf den niedrigsten Stand seit fast einem Jahr gesunken.

ZEW-Präsident Achim Wambach
ZEW-Präsident Achim Wambach© Monopolkommission

Am Tag nach der stimmungsdämpfenden Intel-Ankündigung, die Pläne für die Chipfabrik in Magdeburg auf Eis zu legen, illustrierten die Zahlen des Mannheimer ZEW, wie flau das Sentiment ohnehin schon ist.

Abgestürzte Erwartungen
Die ZEW-Konjunkturerwartungen fielen von 19,2 Punkten im August in der September-Umfrage auf 3,6 Zähler und damit deutlich stärker als von Ökonomen erwartet. Der Bloomberg-Konsens hatte lediglich auf einen Rückgang auf 17 Punkte signalisiert. Das Barometer für die aktuelle Situation fiel auf -84,5 Zähler, den schlechtesten Wert seit Mai 2020.

Lagebild so schlecht wie in der Corona-Anfangszeit

Schwindende Hoffnung auf Besserung
“Die Hoffnung auf eine baldige Besserung der wirtschaftlichen Lage schwindet zusehends”, erklärte ZEW-Präsident Dr. Achim Wambach. “Obwohl die sinkenden Konjunkturerwartungen für den Euroraum auf einen insgesamt gestiegenen Pessimismus hindeuten, ist der Rückgang der Erwartungen für Deutschland deutlich höher.” Während sich die Aussichten für Europas größte Volkswirtschaft verdunkeln, halten die Verbraucher ihr Geld zusammen – trotz des Umstands, dass die Inflation deutlich gesunken ist.

Die Sicht von Bloomberg Economics
“Der stärker als erwartet ausgefallene Rückgang des ZEW-Index reiht sich in die jüngste Flut negativer Nachrichten für die deutsche Wirtschaft ein und macht einen weiteren Rückgang des BIP im dritten Quartal wahrscheinlicher. Bei einer nur sehr bescheidenen Expansion in den letzten drei Monaten des Jahres könnte die Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2024 stagnieren”, sagt der Ökonom Martin Ademmer. Eine weitere Stimme ist Robin Winkler: "Die aktuelle Einschätzung der Lage ist jetzt fast so schlecht wie zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020”, sagte Robin Winkler, Deutschland-Chefvolkswirt bei der Deutschen Bank. “Die Konjunkturerwartungen sind etwas robuster, aber der Optimismus vom Frühjahr ist verflogen. Ein trüber Herbst steht bevor.”

Zuletzt wurde Deutschland mit schlechten Wirtschaftsnachrichten überschwemmt
Volkswagen hat eine Jahrzehnte alte Job-Garantie aufgekündigt und erwägt angesichts sinkender Nachfrage, Fabriken in Deutschland zu schließen. BMW musste seine Gewinnprognose aufgrund eines Rückrufs von 1,5 Millionen Autos mit möglicherweise fehlerhaften Bremsen senken.

Pessimistische Ökonomen
Nach dem BIP-Rückgang 2023 haben Ökonomen begonnen, ihre Prognosen auch für dieses Jahr zu senken. Einige erwarten eine Stagnation oder sogar eine weitere leichte Schrumpfung der Wirtschaftskraft. Während die gedämpfte Nachfrage aus dem Ausland eine der Hauptschwächen darstellt, belasten auch strukturelle Faktoren wie die ungünstige Demografie, hohe Energiekosten und die wachsende Konkurrenz aus China.

Die Geldpolitik könnte etwas Abhilfe schaffen
Nachdem die Europäische Zentralbank letzte Woche zum zweiten Mal die Leitzinsen gesenkt hat, dürfte nun auch die Federal Reserve ihre Geldpolitik lockern. “Den Zinsentscheid der EZB scheinen die meisten Befragten bei ihrer Erwartungsbildung bereits eingepreist zu haben”, sagte ZEW-Präsident Wambach. (kb)

Dieses Seite teilen