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Zehrid Osmani: "Geopolitische Spannungen noch nicht eingepreist"

Der Leiter für globale und langfristige Aktienstrategien bei Martin Currie, Teil von Franklin Templeton, zeichnet ein aktuelles Marktbild und warnt vor jenen Risiken, die die Börsenparty abrupt beenden könnten.

Zehrid Osmani, Martin Currie
Zehrid Osmani, Martin Currie© Martin Currie / Franklin Templeton

Der Aufschwung in 2021 fiel letztendlich stärker aus als erwartet. Kurz- bis mittelfristig dürfte also die wirtschaftliche Dynamik auch weiter anhalten. Dies liegt vor allem an den unterstützenden politischen Initiativen, insbesondere die großen Infrastrukturprogrammen, die weltweit gestartet sind. Da diese Programme zudem langfristig angelegt sind, sollte ein länger anhaltender Wirtschaftsaufschwung bevorstehen, der die Aktienmärkte weiterhin unterstützen sollte. Angesichts hoher Aktienbewertungen und eines starken Jahres 2021 für Aktien sollten Anleger mit niedrigeren Renditen und höherer Volatilität rechnen, schreibt Zehrid Osmani, Leiter für globale und langfristige Aktienstrategien bei Martin Currie, Teil von Franklin Templeton, einer aktuellen Markteinschätzung.

Inflation ist großes Thema
Das Bullen-Bären-Tauziehen könnte bis zum Sommer andauern, wenn der Inflationsdruck Osmanis Meinung nach nachlassen wird. Die Lohninflation spiele dabei nach wie vor die wichtigste Rolle. Diese Messgröße gelte es zu beobachten. Denn sie hat das Potenzial, sich längerfristig auszuwirken. "Wir halten eine Stagflation angesichts des günstigen wirtschaftlichen Umfelds für wenig wahrscheinlich, wenn auch die Omikron-Variante dieses Risiko erhöhen könnte", merkt Osmani an.

Niedrigeres Gewinnwachstum
Nach der starken Erholung im Jahr 2021 sei 2022 ein geringeres Gewinnwachstum zu erwarten. Die steigende Inflation könnte den Margendruck erhöhen. Für Anleger bedeutet dies, sich auf Unternehmen mit konsistenten Wachstumsprofilen zu konzentrieren: Sie verfügen über eine höhere Preissetzungsmacht und sehen sich daher einem geringeren Margenrisiko gegenüber.

Zahlreiche andere Risiken
Es gibt noch Osmani zufolge weitere Risiken, die Anleger berücksichtigen sollte. Eine nachlassende Dynamik bei den Infrastrukturausgaben stellt ein beträchtliches Risiko dar, da diese Ausgaben eng mit dem Wirtschaftswachstum zusammenhängen.

Ein weiteres Risiko sind geldpolitische Fehlentscheidungen, die die Anleger verunsichern und zu mehr Volatilität führen können, sofern sich Renditekurven verschieben und sich die bisherige Balance zwischen Growth- und Value-Aktien ändert.

Weitere Faktoren, die sich auswirken können, sind mögliche steigende Unternehmenssteuersätze, welche die Gewinne unter Druck setzen würden.

Und schließlich geopolitische Risiken, neben der Ukrainekrise auch die Spannungen zwischen China und dem Rest der Welt, die sich verschärfen könnten. Osmani nennt die Gebietsansprüche Chinas im Südchinesischen Meer, die zunehmend in den Mittelpunkt rücken.

"In der zweiten Jahreshälfte liegt der Fokus auf der voraussichtlichen dritten Amtszeit von Chinas Präsident Xi Jinping, die ihm den Weg zu einer noch längeren Amtszeit ebnen könnte. Dies könnte ein ausgeprägteres territoriales Streben um Taiwan auslösen, was wiederum zu einem Aufflammen der grenzüberschreitenden Spannungen und einer Zunahme der geopolitischen Risiken führen könnte. All dies preist der Markt bisher nicht ein", merkt Osmani abschließend an. (aa)

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