Logo von Institutional Money
| Märkte

Wo überall sich Inflation bereits manifestiert

Die große Frage an den Finanzmärkten ist, ob die Erholung nach der Pandemie zu einem Inflationsschub führen wird. In einigen Teilen der Weltwirtschaft ist dieser allerdings bereits seit geraumer Zeit Realität.

© Creativa Images / stock.adobe.com

Bei Rohstoffen wie Sojabohnen oder Kupfer, in Branchen wie der Schifffahrt und in Ländern wie Brasilien sind die Preise rapide gestiegen - aus Gründen, die direkt mit den Störungen durch Covid-19, der Reaktion der Politik darauf oder dem Nachfrageschub, der mit der Hoffnung auf eine Erholung einhergeht, zusammenhängen. Nichts davon reicht bislang aus, um die große Inflationsdebatte in die eine oder andere Richtung beizulegen, meinen die Bloomberg-Experten.

Problem von gestern oder von morgen?

Die “Falken” argumentieren, sporadische Inflation werde sich in einen allgemeinen Preisanstieg verwandeln, befeuert von Konjunkturprogrammen. Skeptiker sehen Preisanstiege hauptsächlich als temporäre Schübe oder durch Engpässe ausgelöst - und weisen darauf hin, dass ähnliche Alarmglocken nach dem Crash von 2008 geläutet wurden, die Inflation sich damals aber nie manifestierte.

Wo bereits Preisanstiege zu beobachten sind

Metalle
Die Bemühungen der Regierungen, den Volkswirtschaften aus der Pandemiekrise herauszuhelfen, umfassten Ausgaben für Infrastrukturprojekte und finanzielle Unterstützung für Haushalte, die einen Teil des Geldes für elektronische Geräte ausgaben. Beides trägt zu einer rasanten Nachfrage nach Metallen bei, die die Preise stetig in die Höhe getrieben hat. Kupfer steigt seit fast einem Jahr, eine Rallye, die sich im Februar beschleunigte, bevor sie diesen Monat etwas nachließ. Eisenerz und Nickel erreichten ebenfalls Mehrjahreshochs. Stahlpreise haben sich in den letzten sechs Monaten mehr als verdoppelt.

Wertvoller gewordenes Kupfer
Die Wirtschaft stimulierende Infrastrukturprojekte und grüne Investitionen führen zu steigender Kupfernachfrage und damit steigenden Preisen angesichts einer kurzfristig wenig elastischen Nachfrage.

All diese Erhöhungen treiben die Kosten für die Hersteller in die Höhe. Dies ist einer der Gründe, warum in China die Erzeugerpreise diese Woche über den Erwartungen lagen.

Der Anstieg bei Metallen ist zum Teil die “Rache der Old Economy”, da der Pandemiestimulus Käufe langlebiger Konsumgütern antreibt, sagte Jeff Currie, globaler Leiter Rohstoffresearch bei Goldman Sachs, gegenüber Bloomberg TV. Er spiegele auch Nachfrage im Zusammenhang mit grünen Initiativen wider, die geplante Investitionsausgaben von rund 16 Billionen US-Dollar (13,4 Billionen Euro) im nächsten Jahrzehnt umfassen.

Halbleiter
Halbleiter sind wichtige Bauteile für Güter, die während der Lockdowns und des Arbeitens von zu Hause besonders gefragt waren, von Laptops und Fernsehgeräten bis hin zu Webcams. Das hat zu Preisanstiegen etwa bei Speicherchips in diesem Jahr geführt.

Chips
Das Angebot von Halbleiter-Chips kann die Nachfrage nicht decken; die Preise steigen deutlich.

Steigende Nachfrage stößt auf knappes Angebot, verschärft durch die internationale Politik. Die dominierenden Akteure in der 400-Milliarden-Dollar-Industrie sind Taiwan und Südkorea, und deren Exporte geraten zunehmend ins Kreuzfeuer zwischen den USA und China. Sanktionen gegen chinesische Produzenten haben den Preisen einen weiteren Schub beschert. Das Ergebnis ist Frustration und höhere Kosten für Käufer. Tesla musste seine Produktionslinien bereits langsamer laufen lassen, und die Continental hat mitgeteilt, dass die Knappheit solcher Teile voraussichtlich mit rund 200 Millionen Euro zu Buche schlagen wird.

Nahrungsmittel
Der Aufschwung nach der Pandemie ist einer der Treiber für höhere Lebensmittelpreise auf der ganzen Welt. In den USA steigen die Preise für Hähnchenschenkel, da große Restaurants wieder öffnen. Der Aufschwung in China führt zu einer größeren Nachfrage nach Sojabohnen, deren Preise im vergangenen Jahr um mehr als 60% gestiegen sind.

Hohe Nachfrage nach Sojabohnen
Die schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft treibt den Preise für Soja gen Norden.

Es gibt aber auch viele andere Ursachen wie Dürre und Krankheiten. In China droht sich ein Ausbruch der afrikanischen Schweinepest zu wiederholen, der letztes Jahr Millionen Schweine in Asien tötete.

Energie
Neben steigender Nachfrage in einem Aufschwung, in dem auch die Reisetätigkeit zunimmt, wurde der Ölmarkt auch von einer Angebotsverknappung getroffen, nachdem die Förderländer beschlossen hatten, die Produktion zu drosseln. Dies hat dazu beigetragen, dass der Rohölpreis in Richtung 70 Dollar pro Barrel gestiegen ist, ein Niveau, das er seit fast zwei Jahren nicht mehr erreicht hat.

Rohölpreis im Rebound
Die Aussicht auf steigende Reisetätigkeit am Boden und in der Luft sowie zu Wasser lässt den Rohölpreis anziehen.

Das ist besonders bedrohlich für Schwellenländer, die auf Energieimporte angewiesen sind, wie die Türkei und Indien. Sie laufen Gefahr, größere Handels- und Haushaltsdefizite aufzubauen, die Investoren abschrecken und ihre Währungen schwächen können.

Wohnungsbau
Niedrige Zinsen und die Verbreitung von Work-from-Home führen in vielen Ländern, insbesondere in den USA und Großbritannien, zu einem Boom am Immobilienmarkt.

Boomende Immobilienmärkte
Die Häuserpreise steigen infolge des billigen Geldes, aber auch weil mehr von zu Hause aus gearbeitet wird.

Bislang blieben hohe Steigerungen bei Mietkosten noch aus - aber das könnte folgen. Die jüngste Verbraucherumfrage der New Yorker Fed zeigte, dass für Mieten bis Februar nächsten Jahres ein Anstieg um neun Prozent befürchtet wird. Wertzuwächse für Hausbesitzer und steigende Preise für Mieter befeuern die Ungleichheit.

Transport
Ein Mangel an Seecontainern steckt hinter dem sprunghaften Anstieg der Frachtpreise in den letzten Monaten und droht, die Kosten für importierte Waren in die Höhe zu treiben.

Preis einer Güter-Passage
Die Container-Knappheit lässt die Frachtraten steigen.

Chemieriese BASF, der im vierten Quartal die Preise für seine Kunden um sieben Prozent erhöht hat, klagt über Containerknappheit und höhere Edelmetallpreise. Eine deutsche Supermarktkette hatte kürzlich die Möglichkeit von Importen aus China per Lkw geprüft. Alle Arten von US-Einzelhändlern haben von logistischen Probleme berichtet, die die Preise in ihren Geschäften in die Höhe zu treiben drohen. Versandkosten sind nicht in den US-Importpreisen enthalten, was es schwierig macht herauszufinden, wie sie an Verbraucher weitergegeben werden.

Brasilien
Brasiliens Inflationsrate sprang im Februar auf 5,2 Prozent, etwa doppelt so viel wie vor sechs Monaten, und zwingt die politischen Entscheidungsträger bereits zu einem Kurswechsel.

Zinsdilemma
Die anziehende Inflation in Brasilien zwingt die Zentralbank wohl zu Zinserhöhungen

Das Land hat mehr für Pandemiehilfe ausgegeben als fast alle anderen Schwellenländer - mit einem Haushaltsdefizit von fast 14 Prozent des BIP im letzten Jahr konkurriert es mit den USA. Die Ausgaben haben die Währung geschwächt und Inflationsängste angeheizt. Noch vor ein paar Wochen sprach die Zentralbank davon, die Zinsen länger auf dem Rekordtief von zwei Prozent zu halten. Jetzt wird erwartet, dass sie die Zinsen nächste Woche erhöht.

Moasaiksteinchen
Während Brasilien in wichtigen Punkten ein Ausreißer ist, ist dies im Wesentlichen die Kette von Ereignissen, über die sich politische Entscheidungsträger und Investoren auch in anderen Schwellenländern Sorgen machen - und vielleicht sogar in einigen entwickelten Ländern. (kb)

Dieses Seite teilen