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William Blair über ein mögliches Ende der US-Dominanz

US-Aktien haben in den letzten zehn Jahren besser abgeschnitten als Nicht-US-Aktien, aber mehrere Faktoren machen die Nicht-US-Märkte attraktiver, darunter eine niedrigere Bewertung, eine geringere Konzentration von Anlagemöglichkeiten und länderspezifische Faktoren.

© tippapatt / stock.adobe.com

Das globale Aktienteam von William Blair Investment Management befasst sich mit der Frage, wie man als Investor am besten durch die globalen Veränderungen navigieren sollte.

Die Outperformance der USA im Detail
Die Outperformance der US-Aktienmärkte in den letzten zehn Jahren ist auf drei Faktoren zurückzuführen. Erstens haben die niedrigeren Zinssätze in den Vereinigten Staaten die Ausweitung der Multiplikatoren begünstigt. Zweitens verzeichneten die US-Unternehmen ein höheres Gewinnwachstum, das in erster Linie auf das stärkere nominale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den USA im Vergleich zu anderen Regionen, vor allem Europa, zurückzuführen ist. Drittens haben US-Unternehmen allein im letzten Jahr einen Rückkauf getätigt, der zehn Prozent des europäischen Aktienmarktes entspricht, was das Wachstum der Gewinne je Aktie angekurbelt hat und weiter zu ihrer Outperformance beiträgt, die durch die steigenden Multiplikatoren noch verstärkt wird.

Warum sollte sich das nun ändern?
- Die Inflation kühlt außerhalb der Vereinigten Staaten schneller ab. Erstens sind die Inflationsraten außerhalb den USA im Allgemeinen niedriger und die Staatsdefizite deutlich geringer. Im Gegensatz dazu weisen die Vereinigten Staaten eine Mischung aus restriktiver Politik und expansiven steuerlichen Maßnahmen auf, was zu ihrem einzigartigen wirtschaftlichen Umfeld beiträgt. Dieses Szenario einer niedrigeren Inflation und niedrigerer Zinssätze im Ausland unterstützt höhere Multiplikatoren für Nicht-US-Aktien.

- Die Performance des US-Aktienmarktes ist konzentriert
Zweitens ist die Outperformance des US-Aktienmarktes teilweise auf die Konzentration zurückzuführen. Auf die obersten zehn Prozent der Unternehmen entfallen 80 Prozent der Cashflow-Gewinne und 70 Prozent der Marktkapitalisierung - ein Phänomen, das sich in anderen Ländern nicht in diesem Maße widerspiegelt.

Quartilsbetrachtung
Betrachtet man jedoch die US-Unternehmen im obersten Quartil der nachhaltigen Wertschöpfung (SVC), dem Qualitätsmaßstab von William Blair IM, ergibt sich ein deutlich anderes Bild, wenn man die größten Unternehmen ausschließt, die oft als FAANG (kurz für Facebook, jetzt Meta), Amazon, Apple, Netflix und Google (jetzt Alphabet) bezeichnet werden. Und historische Verschiebungen in den Reihen der größten Unternehmen deuten darauf hin, dass die heute dominierenden Akteure ihre Positionen nicht unbegrenzt halten können.

Hinzu kommt, dass es auf den Märkten außerhalb der USA zwar keine Giganten wie NVIDIA, Microsoft, Meta oder Google gibt, dafür aber führende Unternehmen wie Novo Nordisk und Taiwan Semiconductor Manufacturing Company sowie einige der unserer Meinung nach besten Banken und Verbrauchermarken der Welt. Willim Blairs Aktienteam meint, dass es zahlreiche thematische Wachstumschancen außerhalb der Vereinigten Staaten gebe, wie die nachstehende Grafik dies ilulstriere.

Veränderte Handelsströme könnten Nicht-US-Aktien zugute kommen
Erwähnenswert ist auch die sich entwickelnde Dynamik der globalen Handelsströme. Die Exporte aus den Schwellenländern in andere Schwellenländer machen etwa 4 Prozent der Gesamtexporte aus - viel mehr als noch vor einem Jahrzehnt. Genauer gesagt geht der Anteil Chinas an den Exporten in die Länder der Gruppe der Sieben (G7) stark zurück, während seine Exporte in Nicht-G7-Länder, insbesondere im globalen Süden, deutlich zunehmen.

Warum ist das so?
Erstens treiben die Länder zunehmend Handel mit Ländern, die geografisch näher liegen und gleichgesinnt sind. Zweitens sind die ausländischen Direktinvestitionen in China aufgrund geopolitischer Spannungen, einer Verschärfung des regulatorischen Umfelds, einer Konjunkturabschwächung und einer Verlagerung der globalen Lieferketten auf nahezu Null gesunken, um die durch die COVID-19-Pandemie verdeutlichten Risiken zu mindern. Drittens erobern Länder wie Vietnam Marktanteile bei Industriegütern von China, das immer teurer wird. Diese Länder bieten billigere Alternativen und werden oft als freundlichere Handelspartner angesehen. Viertens hat der Russland-Ukraine-Konflikt die Energiehandelsrouten verändert. Weniger russische Energie fließt nach Westen, während mehr Energie nach Osten fließt, was Ländern wie Indien zugute kommt. Und schließlich haben Länder wie Brasilien, Indonesien und Indien ein beträchtliches Wachstum zu verzeichnen, was sich auf Handelsvolumen und -muster auswirkt.

Die japanischen Unternehmensreformen greifen
Dann gibt es noch einige länderspezifische Faktoren, die Nicht-US-Aktien attraktiv machen. Werfen wir zunächst einen Blick nach Osten, nach Japan, wo sich die Landschaft wandelt.
Wie Kyle Concannon von Willioam Blair IM in einem Blogbeitrag feststellte, sind die von der Tokioter Börse in Zusammenarbeit mit der Regierung angeordneten Unternehmensreformen in Japan erheblich. Zweitens ist ein generationenübergreifender kultureller Wandel in der Kapitalallokation im Gange, der die Interessen der Aktionäre in den Vordergrund stellt und zu höheren Kapitalausgaben führt. Drittens erhöhen die japanischen Verfassungsänderungen, die die militärische Expansion vorantreiben, die Kapitalausgaben.

Die Energiekrise in Europa entspannt sich
In Europa haben sich die anfänglich schwerwiegenden Auswirkungen der Energiekrise nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine abgeschwächt. Veränderungen in der Dynamik der Energieversorgung haben zu niedrigeren Gaspreisen geführt, wodurch Wettbewerbsnachteile, denen sich die europäischen Hersteller im Vergleich zu ihren weltweiten Konkurrenten ausgesetzt sahen, verringert wurden.

Indien definiert sich neu
Indien schließlich ist in den letzten zwei Jahrzehnten aus dem Schatten des wirtschaftlichen Einflusses Chinas herausgetreten und hat einen wirtschaftlichen Wendepunkt erreicht, der die Experten von William Blair zu der Annahme veranlasst, dass das Land seine Rolle auf der Weltbühne neu definieren wird. Mehrere Faktoren tragen zu diesem Erfolg bei. Die bürokratischen Reformen unter Narendra Modis Regierung haben die Geschäftsabläufe in Indien vereinfacht und ein günstigeres Umfeld für wirtschaftliche Aktivitäten geschaffen. Die Überarbeitung des Geldsystems, vor allem durch die Digitalisierung, hat die Transparenz und Effizienz in einer traditionell bargeldlastigen Wirtschaft erhöht. Darüber hinaus treiben steigende Investitionsausgaben sowohl der Regierung als auch des Privatsektors Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte im ganzen Land voran.

Indiens wirtschaftlicher Wandel ist bemerkenswert
Da das Pro-Kopf-BIP steigt, verlagern sich die Konsummuster in Indien von den Grundbedürfnissen hin zu anspruchsvollen Gütern, was die zunehmende Kaufkraft der wachsenden Mittelschicht widerspiegelt. Geopolitisch nimmt Indien eine neutrale Haltung ein und setzt seine Beziehungen strategisch ein. Es ist kein enger Verbündeter Chinas, profitiert aber von seinen Beziehungen zu Russland, um seine Energielieferungen zu sichern, wobei es häufig in Rupien statt in Dollar zahlt. Dieser Ansatz verringert Indiens Abhängigkeit vom Dollar und ermöglicht es dem Land, Energie nach Europa zu reexportieren. Das Land steht heute auf eigenen Füßen, wie es das vor einem Jahrzehnt noch nicht konnte, und bietet einen optimistischen Ausblick für seine Rolle im internationalen Handel.

Die Bewertungen von Nicht-US-Aktien sind attraktiv
Diese qualitativen Gründe für Investitionen außerhalb der USA werden nun durch quantitative Modelle von William Blair untermauert, die darauf hinweisen, dass sich die Bewertungsattraktivität zugunsten der Märkte außerhalb der USA verschoben hat, was eine Umkehrung eines langjährigen Trends darstellt.

Chancen für aktive Manager
In Anbetracht dieser Dynamik ist man bei William Blair der Meinung, dass das Potential für eine Outperformance von Nicht-US-Aktien überzeugend ist - vor allem für aktive Manager. (kb)

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