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Wenden mit einem Supertanker: Was kann oder muss die EZB?

Diesen Donnerstag trifft die Europäische Zentralbank (EZB) ihre erste geldpolitische Entscheidung, seit sie entschieden hat, die pandemiebedingten Anleihekäufe im März zu beenden und auch bei Bondkäufen insgesamt auf die Bremse treten zu wollen.

© gcaptain / stock.adobe.com

Die EZB-Sitzung am Donnerstag könnte spannend werden. Die Straffung der Geldpolitik in den USA und bei der Bank of England hat Investoren dazu gebracht, auf eine ähnliche Entwicklung in den USA zu wetten. Im EZB-Rat scheint der Fokus dagegen auf einer potenziellen “Normalisierung” zu liegen, bei der für den Euroraum nach einer Balance gesucht wird, bei der die Geldpolitik weder akkomodierend noch restriktiv ist. Darüber berichtet Bloomberg.

“Sie müssen geduldig, flexibel und schrittweise vorgehen, um den Aufschwung in Gang zu halten”, sagte Agnes Belaisch, Chefstrategin für Europa bei Baring Investment Services. “Solange ihre Guidance klar ist, werden sie das schaffen.”

"Supertanker" in die Enge getrieben
Einfach wird es nicht: Die Geldpolitik wird weltweit gestrafft und Profianleger rechnen mit einer Anhebung der EZB-Zinsen um einen Viertelpunkt noch in diesem Jahr. Im Euroraum hat die Inflation im Januar mit 5,1 Prozent einen Rekordwert erreicht, obwohl Volkswirte mit nachlassendem Preisdruck gerechnet hatten.

Von Bloomberg befragten Ökonomen sagen für März 2023 das Ende der quantitativen Lockerung vorher, gefolgt von einer Zinserhöhung sechs Monate später.

“Sie haben sich selbst in die Enge getrieben, indem sie darauf bestanden haben, dass es dieses Jahr keine Zinserhöhungen geben wird”, sagte Anatoli Annenkov, ein leitender Ökonom bei der Societe Generale. “Es ist schwer, diesen Supertanker zu wenden.”

EZB hofft auf Eintreten ihrer Inflationsprognose


Die jüngsten EZB-Prognosen sehen die Inflation sowohl 2023 als auch 2024 bei 1,8 Prozent und somit unter dem Zielwert von zwei Prozent.

"Ernsthafte Straffung", falls anhaltende Inflation
Chefvolkswirt Philip Lane erklärte vergangene Woche, ein Szenario einer anhaltend über zwei Prozent liegenden Teuerungsrate würde eine “ernsthafte Straffung” erfordern, sei allerdings weniger wahrscheinlich. Bei einer Stabilisierung der Teuerungsrate um zwei Prozent würde die Notenbank die Geldpolitik jedoch eindeutig im Zeitverlauf normalisieren.

Bloomberg Economics sieht drei plausible Wege für eine Zinserhöhung in diesem Jahr. Weiterhin überraschend hohe Inflation, den Beginn einer Lohn-Preis-Spirale oder eine übermäßig ausgeprägte Zinsdifferenz gegenüber den USA und Großbritannien.

“In Anbetracht der Risiken sehen wir für 2022 noch immer kein Basisszenario, doch wir haben unsere Prognose für eine Zinserhöhung um sechs Monate auf Juni 2023 vorverlegt”, erklärt Volkswirt Jamie Rush. (aa)

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