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Welche Anlageklassen wirklich vor der Geldentwertung schützen

Carsten Klude ist seit dem Jahr 2000 Chefvolkswirt von M.M.Warburg & CO und verantwortlich für Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen sowie für alle Fragen rund um das Thema Asset Allocation. Seine Gedanken zu effektivem Inflationsschutz teilt er mit "Institutional Money".

Carsten Klude ist seit dem Jahr 2000 Chefvolkswirt von M.M.Warburg & CO.
Carsten Klude ist seit dem Jahr 2000 Chefvolkswirt von M.M.Warburg & CO.© M.M.Warburg & CO

Die zukünftige Entwicklung der Inflation ist mitentscheidend für die Frage, welche Richtung die Kapitalmärkte in den nächsten Monaten einschlagen werden. Anders als zunächst gedacht resultieren die hohen Preissteigerungsraten nicht nur aus Basis- und Sondereffekten.

Inflationsbefund
Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M.Warburg & CO, führt aus: "Das „Reopening“ der globalen Wirtschaft hat zu einem immensen Nachfrageschub geführt, während gleichzeitig die Angebotskapazitäten nicht entsprechend ausgeweitet werden konnten. Fehlende Speicherchips beeinträchtigen die Automobilproduktion, und ein Mangel an LKW-Fahrern, Hafenarbeitern sowie Containern hat die Transportkosten in die Höhe schnellen lassen."

Sorge vor einem Stagflationsszenario
Dazu kommt noch, dass das Bestreben vieler Länder, weniger Treibhausgase zu emittieren, zu einer geringeren Energieproduktion unter der Verwendung von Gas oder Kohle und zu einem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien führt. Doch das ist problembehaftet. Klude dazu: "Da aber Wind, Wasser und Sonne nicht zu jedem Zeitpunkt die Menge an Energie liefern, die benötigt wird, kommt es zwischenzeitlich immer wieder zu einer erhöhten Nachfrage nach Energie, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden muss. Dies erklärt, warum in den vergangenen Wochen sowohl der Öl- als auch der Gaspreis stark angestiegen ist. Da die Energiepreise in den Warenkörben hoch gewichtet sind, bedeutet dies auch, dass die Inflationsraten noch längere Zeit auf hohen Niveaus verharren werden. Dies schürt die Sorge vor einem Stagflationsszenario mit hoher Inflation und wenig Wachstum, in dem den Notenbanken mehr oder wenig die Hände gebunden sind, weil sie nicht wie sonst üblich mit einer expansiveren Geldpolitik gegensteuern können."

Dauerhaft höhere Inflationsraten unwahrscheinlich, Höhepunkt im November
Allerdings halten Klude und seine Kollegen bei M.M.Warburg & CO ein Szenario mit dauerhaft höheren Inflationsraten als in der Vergangenheit für sehr unwahrscheinlich. Der Höhepunkt der Preisentwicklung dürfte in Deutschland mit einer Preissteigerungsrate von fast fünf Prozent und in der Eurozone mit einer von knapp vier Prozent im November erreicht werden,s o der Chefökonom. Unter der Voraussetzung, dass sich die Lieferengpässe nach und nach auflösten, sei davon auszugehen, dass sich die Inflationsraten im Laufe des nächsten Jahres wieder Richtung zwei Prozent abschwächten, zumal es für eine Lohn-Preis-Spirale bislang keine Indizien gebe. Die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank hätten deshalb auch keine Eile, ihre Geldpolitik zu normalisieren. Während in den USA Anfang November eine Rückführung der Anleihekäufe, das sogenannte „Tapering“, beschlossen werde und dieses Prozedere bis Mitte 2022 abgeschlossen sein dürfte, werd die EZB ihr PEPP-Programm wohl planmäßig erst im nächsten Jahr beenden. Selbst danach werde sie aber, wenn auch in geringerem Umfang, weitere Wertpapiere aufkaufen. Denkbar sei auch, dass in den USA der Leitzins Ende nächsten Jahres angehoben werde, für die EZB zeichne sich ein solcher Schritt dagegen noch für einen längeren Zeitraum nicht ab. Deshalb könnte der US-Dollar gegenüber dem Euro zunächst weiter an Stärke gewinnen. Mit zuletzt weniger als 1,16 EUR/USD liegt der Greenback gegenüber dem Euro derzeit auf dem höchsten Niveau seit dem Sommer 2020.

Wie sollten sich Investoren im gegenwärtigen Umfeld positionieren?
Generell gelte, so Klude, Folgendes: Eine Assetklasse mit geeignetem Inflationsschutz sollte eine gleichlaufende Bewegung von Realrendite und Inflationsrate aufweisen. Eine häufig verwendete Sensitivitätskennzahl stellt das „Inflationsbeta“ dar, das mit Hilfe einer Regression von Realrenditen auf die Inflationsraten berechnet wird. Dies führt unter anderem zu dem Ergebnis, dass das alte Sprichwort „Cash is King“ in Zeiten relativ hoher Inflationsraten weitgehend ausgedient hat. Auch mit Anleihen wird im derzeitigen Konjunktur- und Inflationsumfeld kaum etwas zu verdienen sein. Nach Abzug der Inflationsrate lassen fast alle Segmente des Anleihemarktes eine negative Entwicklung erwarten, sodass diese in einem Portfolio untergewichtet werden sollten. Klude: "Dies gilt vor allem für Staatsanleihen, auch wenn wir vom derzeitigen Niveau ausgehend keinen deutlichen Renditeanstieg bei Bunds oder US-Treasuries erwarten."

Ähnlich unattraktiv wie Govies sehen die Perspektiven für IG Corporates aus
Das Renditeniveau sei äußerst niedrig, die Chancen auf weitere Spreadeinengungen gegenüber Staatsanleihen seien sehr gering, wenn man von einigen Neuemissionen absehe, so Klude. "Allenfalls im Bereich der BBB-Unternehmensanleihen sowie bei Nachrang- und High-Yield-Unternehmensanleihen lohnt es sich für Anleger noch zu investieren, da die höheren Kupons noch relativ attraktiv sind und der starke konjunkturelle Aufschwung die Risiken für diese Anleihen begrenzt. Interessantere Kupons als bei Staats- und Unternehmensanleihen in Europa und in den USA existieren in anderen Währungsräumen, allerdings muss hier die Wechselkursentwicklung genau verfolgt werden, weil diese entscheidend für die letztendlich zu erzielende Rendite ist."

Aktien: Achten Sie auf die Inputkosten!
Bei der Aktienanlage müsse sich der Blick auf die Kosten und Margenentwicklung richten: Verlierer seien Unternehmen und Branchen, die unter hohen Inputkosten litten und die die gestiegene Rohstoff- sowie Energiekosten nicht (vollständig) weitergeben könnten. Bei börsennotierte Firmen, die dagegen die Preise gegenüber ihren Kunden erhöhen könnten und ihre Inputkosten im Griff hätten, würden auch bei steigenden Inflationsraten die Kurse anziehen.

Natürliche Hegdes nicht vergessen!
Zu den Gewinnern können zudem auch die sogenannten „natürlichen Hedges“ gehören: Einerseits Banken und Finanzwerte, die von steigenden Kapitalmarktrenditen profitieren, andererseits Öl- und Gasunternehmen sowie generell Rohstoffunternehmen, bei denen der Preisanstieg zu höheren Umsätzen und Gewinnen führt, wobei es allerdings bei diesen Sektoren oftmals zu Zielkonflikten mit dem Thema Nachhaltigkeit kommt. Zu den potentiellen Gewinnern gehören auch Technologieunternehmen, weil diese über ihre Geschäftsmodelle kaum direkt von höheren Inflationsraten betroffen sind.

Über steigende Diskontierungsfaktoren und REITs
Allerdings könnten die Kurse von „Growth“-Aktien unter den mit den steigenden Preisen verbundenen höheren Zinsen leiden, da der Diskontierungsfaktor für die zukünftigen Gewinne ansteigt und diese Unternehmen somit weniger werthaltig sind. In der Historie zeigt sich, dass auch REITs in Zeiten höherer Inflationsraten eine gute Wertentwicklung aufgewiesen haben, weil sie von ihrer Nähe zu Immobilien profitiert haben. Klude konkret: "So versprechen Immobilien als Anlage in Realvermögen einen Inflationsschutz, zumal sie möglicherweise aufgrund einer an die Preissteigerungsrate gekoppelten Miete über einen selbsteingebauten Schutz vor steigender Inflation verfügen." (kb)

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