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Vontobel: Warum Hartwährungs-EMD auch bei Zinsstraffungen reüssiert

EM-Hartwährungsanleihen können sich auch bei US-Zinserhöhungen gut entwickeln, weisen zwei Vontobel-Professionals in einer Analyse hin. Aktive Portfoliomanager können dabei auch von der Indexhörigkeit seitens der Indexfonds profitieren.

© wsf-f / stock.adobe.com

Die jüngste Vergangenheit zeigt, dass sich Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern in einem Straffungszyklus der Fed gut entwickeln können. Darauf verweisen Vontobels Luc D'hooge, Head of Emerging Markets Bonds und Portfoliomanager sowie Carlos de Sousa, Emerging Markets Strategist and Portfoliomanager in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag.

Gutes Timing gefragt
Bei steigenden Zinsen in den USA fallen die Kurse von Schwellenländeranleihen. Das ist laut D'hooge und de Sousa die allgemeine Auffassung. Und kurzfristig gesehen sei das auch nicht falsch. Normalerweise läuft es D'hooge und de Sousa zufolge in der Praxis so ab: Die Zinsen beginnen zu steigen, sprunghafte Anleger mit Schwellenländerfokus werden nervös und veräußern ihre Positionen. Die sinkenden Anleihenkurse beherrschen die Schlagzeilen, bis sie von der nächsten Story verdrängt werden. Es kommt somit zu einem kurzfristigen Ausreißer, von dem sich Anleger, die das schnelle Geld machen wollen, beirren lassen.

In Wirklichkeit sei es aber so, dass langfristige Anleger in EM-Anleihen in einem Umfeld mit steigenden Zinsen profitiert haben, merken D'hooge und de Sousa an. Der zentrale Aspekt hierbei ist, dass der anfängliche Ausverkauf, der vor dem gefürchteten Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Fed eintritt, zu einem viel höheren Carry führt. Mit dem Fortschreiten des Zinserhöhungszyklus verflüchtigt sich die Angst, die Schwellenländer-Renditeaufschläge (Spreads) verengen sich und Anleiheninhaber fahren Kapitalgewinne ein.

EM-Spreads: Ausweitung vor Zinserhöhungszyklus, Einengung bei Erhöhung
D'hooge und de Sousa verweisen auf die letzten beiden Zinserhöhungszyklen der Fed. Der Zinsanstieg in den USA setzte im Dezember 2015 ein und dauerte bis 2018 an. Dennoch verengten sich die EM-Spreads in den Jahren 2016 und 2017 (siehe Grafik 1) und der EMBI Global Diversified Index erzielte in diesen beiden Jahren Gesamtrenditen von jeweils mehr als zehnn Prozent.

Die Spreads weiteten sich erst wieder im Jahr 2018 aus, als es zum Handelskrieg zwischen den USA und China und zu Währungskrisen in der Türkei und Argentinien kam. Dabei lag der Höchststand der Spread-Ausweitung im Jahr 2018 noch 100 Basispunkte unter dem vorherigen Höchstwert, der zu Beginn des Zyklus erreicht worden war (Verlust im Jahresvergleich: 4,2 Prozent).

Interessante Entwicklung
Dies ist D'hooge und de Sousa zufolge keine Ausnahme: Ein Blick in die Vergangenheit auf den vorherigen Zinserhöhungszyklus zwischen 2004 und 2007 zeigt, dass sich die EM-Spreads damals ebenfalls erheblich verengten, was zu Gesamtrenditen von jährlich 6,2 bis 10,2 Prozent führte. D'hooges und de Sousas Meinung nach ist es ein Mythos (und noch dazu ein hartnäckiger), dass Zinserhöhungszyklen mit schwachen Renditen von EM-Anleihen einhergehen.

"Langfristig ausgerichtete EM-Anleihenanleger erlebten goldene Zeiten – sie konnten Anleihen mit überdurchschnittlichen Renditen erwerben und profitierten darüber hinaus von einem Wertzuwachs infolge der Spread-Verengung", erklären D'hooge und de Sousa.

Kursrücksetzer nutzen
Zinserhöhungen verschaffen aktiven, langfristig ausgerichteten Anlegern die Gelegenheit, die damit einhergehende kurzfristige Unruhe auszunutzen. Es kommt zu Volatilitätsschüben, die Gelegenheiten bieten, Anleihen mit guten Renditen und Potenzial für Wertzuwachs zu erwerben. So haben EM-Staatsanleihen noch niemals zwei Jahre in Folge negative Renditen erzielt (siehe Grafik 2). Und wenn die Renditen in einem Jahr negativ waren, gab es im folgenden Jahr eine bedeutsame Kehrtwende.

Das ist D'hooge und de Sousa zufolge kein Zufall, es gibt eine eindeutige Kausalität. Nach dem anfänglichen Ausverkauf (vor dem Straffungszyklus der Fed) sind die EM-Renditen ungewöhnlich hoch, was auf einen ungewöhnlich hohen Carry in der kommenden Periode hindeutet. Sobald sich die Angst verflüchtigt hat, bemerken die Anleger die außergewöhnlich hohen Renditen und kehren zu den Emerging Markets zurück. Diese Zuflüsse führen zu einer Verengung der EM-Spreads und bescheren Anlegern, die frühzeitig eingestiegen sind, Kapitalgewinne, und das zusätzlich zu einem hohen Carry.


Spread-Optimierung ermöglicht zusätzliche Renditen
Hartnäckige Fehleinschätzungen mit Blick auf EM-Anleihen führen zu Marktineffizienzen, denn Anleger, die aufgrund dieser Fehleinschätzungen handeln, verursachen Kursschwankungen. EM-Anleihen bieten daher höhere Renditen, breitere Spreads und eine geringere Duration als Papiere aus Industrieländern. So werden EM-Anleihen zu einem Paradies für aktive Manager, merken die zwei Vontobel-Männer an: "Um das Renditepotenzial von EM-Wertschriften vollständig auszuschöpfen, sollten Anleger versuchen, den Spread für jedes Risikoniveau zu maximieren. Mit einem aktiven Ansatz können Anleger die Anleihen auswählen, die die besten Renditeaufschläge für ein bestimmtes Risikoniveau bieten. Wir bezeichnen dies als "Spread-Optimierung".

ETFs kaufen blind
Beispielsweise kaufen passive Index-Tracker nur die Anleihen im zugrunde liegenden Index. Jedoch bieten Papiere desselben Emittenten, die nicht im Index enthalten sind, häufig bessere Renditen, da Tracker-Fonds die Kurse der im Index enthaltenen Anleihen blind in die Höhe treiben. Dies bietet versierten Anlegern die Gelegenheit, eine Wertschrift mit einem ähnlichen Kreditrisiko (derselbe Emittent) und einer höheren Rendite zu erwerben. Dieser Ansatz kann auch zugrunde gelegt werden, um Anleihen aufzufinden, die aus anderen Gründen relativ günstig sind und den Marktentwicklungen vorauseilen oder hinterherhinken.

Durch wiederholte Auswahl solcher Anleihen können Anleger den erzielten Spread optimieren. "Unserer Erfahrung nach kann dieser Ansatz einen zusätzlichen Spread von 150 bis 300 Basispunkten ermöglichen, während Rating und Duration mit dem Referenzwert für Schwellenländeranleihen vergleichbar bleiben", erklären D'hooge und de Sousa.

Nachhaltigkeitsaspekte spielen bei der Spread-Optimierung eine wichtige Rolle und sollten Teil der Kreditanalyse sein. Momentan haben die Schwellenmärkte noch Aufholbedarf im Bereich ESG, und Anleger verlangen verstärkt nach Anleihen und Emittenten, die Nachhaltigkeits-Standards einhalten. Durch das Auffinden von Emittenten aus Schwellenländern, die ESG-Standards umsetzen, werden sich die Spreads voraussichtlich verengen, da Anleger diese Emittenten belohnen und ihre Anleihen kaufen.

D'hooges und de Sousas Fazit
Die Fehleinschätzung, dass Straffungszyklen zu schwachen Renditen von EM-Anleihen führen, hält sich hartnäckig. Tatsächlich jedoch entwickeln sich EM-Papiere während der Straffungszyklen der Fed meist sehr gut, da normalerweise bereits vor Einsetzen der Zinserhöhungen eine vorübergehende Marktpanik ausbricht. "Wir sind der Ansicht, dass wir diese Periode der Angst nun hinter uns gelassen haben und ein schnellerer Straffungszyklus eingepreist wurde", erklären D'hooge und de Sousa. (aa)

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