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Union Investment: Defensiv ist bei Dividenden Trumpf

Hauptversammlungen haben Saison – und niemand geht hin. Als erstes deutsches Unternehmen hielt zwar der Pharmariese Bayer sein Aktionärstreffen virtuell ab. Die Termine für viele andere Hauptversammlungen sind aber verschoben. Damit fließen auch die jährlichen Dividendenzahlungen später.

Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien und Mitglied des Union Investment Committee (UIC), sagt: "Das Bekenntnis zur Dividende ist dabei ein Signal, dass ein Unternehmen sich in der Lage sieht, die Krise aus eigener Kraft zu meistern, und keine Staatshilfe oder Kapitalerhöhung in Anspruch nehmen will."
Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien und Mitglied des Union Investment Committee (UIC), sagt: "Das Bekenntnis zur Dividende ist dabei ein Signal, dass ein Unternehmen sich in der Lage sieht, die Krise aus eigener Kraft zu meistern, und keine Staatshilfe oder Kapitalerhöhung in Anspruch nehmen will."© Union Investment

Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien und Mitglied des Union Investment Committee (UIC) führt aus: "Wenn in Zeiten der Coronakrise überhaupt noch der Dividendenhahn aufgedreht wird, ist die Höhe der Dividenden nicht sicher - ein Problem für Investoren. Doch es gibt je nach Branche große Unterschiede."

Die Dividende ist der neue Zins? Das gilt aktuell nur eingeschränkt
Es gibt für Aktionäre erst einen Rechtsanspruch auf eine Gewinnbeteiligung, wenn sie der Aufsichtsrat sowie die Hauptversammlung, also die Mitaktionäre, beschlossen haben. Anders als bei einer Anleihe, wo eine fest zugesagte Zinszahlung nicht einfach gestrichen werden kann, lassen sich Dividenden bei Bedarf rasch aussetzen oder kürzen. Wegen der coronabedingten globalen Rezession ist dieses Vorgehen derzeit bei der Mehrheit der Unternehmen zu beobachten, in Europa ebenso wie in den USA. Derzeit tröpfeln die Dividenden daher eher, als dass sie fließen.

Kapitalmarkt rechnet mit deutlich niedrigeren Dividenden

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 20. April 2020

Auf das Geschäftsmodell und dessen Resilienz kommt es an
Ein Wegfall der Ausschüttung bedeutet aber nicht, dass der Unternehmenswert deswegen automatisch geringer wird. Denn wenn keine Dividende bezahlt wird, gibt es auch keinen Abschlag auf den Aktienkurs. Ist das Geschäftsmodell intakt, können Investoren über die Kursentwicklung an einer Wertsteigerung des Unternehmens teilnehmen. Der Onlineriese Amazon beispielsweise hat eine beeindruckende Kurssteigerung gezeigt, aber noch nie eine Dividende bezahlt.

Robuste Gewinne, sichere Dividende
Im aktuellen Umfeld zeigt sich, dass zwischen den verschiedenen Branchen deutliche Unterschiede in Bezug auf Dividenden herrschen. Benjardin Gärtner dazu: "Die erwartete Gewinnentwicklung spielt dabei eine entscheidende Rolle. So dürften Sektoren wie Gesundheit, Nahrungsmittel und Körperpflege, Telekommunikation sowie Teile des Versorgersektors weiterhin stabile oder leicht steigende Dividenden zahlen."

Langfristige Gewinner mit Dividendenfantasie
Insbesondere die Firmen, die schon vor der Krise stark gewsen seien, so Gärtner weiter, hätten nicht nur die wenigsten Probleme, sondern profitierten zum Teil sogar noch. Am offensichtlichsten sei dies beim Onlineriesen Amazon.

Es wird aber auch Wachstum durch Innovationen geben
Denn die globale Wirtschaft befindet sich – unabhängig von der Coronakrise – in einem tiefgreifenden Wandel. Digitalisierung und Gesundheit zählen zu den langfristigen Wachstumstrends, genauso wie erneuerbare Energien und klimafreundliche Technologien. Diese Trends werden durch die Krise noch verstärkt. So könnten Geschäftsreisen in stärkerem Maße durch digitale Meetings ersetzt werden.

Gewinner des Wandels
Das begünstigt Unternehmen aus dem IT-Bereich sowie Softwareanbieter, aber auch Halbleiterhersteller. Softwarehersteller mit Abo-Modellen, die regelmäßig wiederkehrende Erlöse bieten, wie Microsoft und SAP sind diesbezüglich gut positioniert, aber auch Halbleiterspezialisten wie ASML oder TSMC. Auch Handelsplattformen im Internet wie Alibaba oder Tencent bieten Chancen. Viele dieser Unternehmen verfügen über starke Bilanzen und dürften nach der Corona-Krise ihre Marktanteile noch ausweiten. Damit steigt ihre Fähigkeit, verlässliche und steigende Dividenden zu zahlen oder Aktienrückkäufe vorzunehmen.

Einzeltitelauswahl entscheidet
Als Fazit lässt sich ziehen: Unter Umständen ist ein Verzicht auf eine Dividendenzahlung oder ihre Kürzung für den Investor durchaus sinnvoll. Gärtner: "Wenn das Unternehmen dadurch in der Krise seine Position verbessert, kann sich der kurzfristige Verzicht auf eine Ausschüttung in einer mittel- bis langfristigen Wertsteigerung auszahlen. Zudem gibt es trotz der Coronakrise und der damit verbundenen Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung nach wie vor einige Branchen, die gute Ergebnisperspektiven und stabile Dividenden bieten. Dazu zählen der Gesundheits- und Kommunikationssektor sowie der nicht-zyklische Konsum. Der Fokus liegt auf bilanz- und cashflowstarken Unternehmen. Bei bilanzschwachen Gesellschaften, die aufgrund staatlichen Einflusses oder regulatorischer Vorgaben den Dividendenhahn zudrehen müssen, ist Zurückhaltung geboten."

1. Gruppe der Dividendenstarken: Gesundheit
Die Pharmabranche gilt als Lösungslieferant in der Coronakrise. Sie zählt auch deswegen zu den derzeit stabilsten Dividendenzahlern. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die an der Impfstoffentwicklung beteiligt sind oder Tests herstellen, wie zum Beispiel Abbott Laboratories, Chugai, Fujifilm, Johnson & Johnson oder Roche. Diversifizierte multinationale Gesundheitsunternehmen sowie US-Krankenversicherer wie United Health sind von der Pandemie und den dadurch verschobenen ärztlichen Eingriffen kaum betroffen. Zudem verzeichnen auf Schutzausrüstung oder Beatmungsgeräte spezialisierte Firmen eine Sonderkonjunktur.

2. Gruppe der Dividendenstarken: Kommunikation und Internet
Die Pandemie zwingt viele Beschäftigte ins Home Office, und statt Geschäftsreisen werden Videokonferenzen organisiert. Gut ausgebaute Kommunikationsnetze sind dafür unerlässlich. Dies spielt der Telekommunikationsbranche, Onlinediensten sowie Unterhaltungs- und Spieleanbietern in die Hände. Kurzfristig dürften aber gewisse Dividenden unter Druck stehen, da sich bei einigen Telekomkonzernen der Staatseinfluss bemerkbar macht und es derzeit in manchen Ländern politisch angezeigt ist, Dividenden in Zeiten von Corona zu kürzen. Dies, obwohl das zugrundeliegende Geschäftsmodell intakt ist. Damit die Telekomkonzerne mehr Anreize haben, in den weiteren Netzausbau zu investieren, könnte ihnen der Regulator künftig einen höheren Spielraum für Gewinne zubilligen. Die Telekomkonzerne müssten dann mehr investieren, könnten aber auch höherwertige Netzdienstleistungen anbieten, was sich langfristig in der Erfolgsrechnung niederschlagen dürfte. Viele Telekomunternehmen bieten vor diesem Hintergrund immer noch vergleichsweise hohe und sichere Dividendenrenditen. Vom Ausbau der Netzinfrastruktur profitieren zudem auch Rechenzentrums-Anbieter wie Equinix oder Mobilfunkturm-Betreiber wie Cellnex.

3. Gruppe der Dividendenstarken: Nicht-zyklischer Konsum
Grundnahrungsmittel und Körperpflegeprodukte werden auch in der Krise gern gekauft. Branchen, die davon profitieren, sind Nahrungsmittel- oder Einzelhandelsunternehmen wie Beiersdorf, Nestlé, Henkel, Wal-Mart, oder onlinebasierte Lieferunternehmen wie Hello Fresh. Auch gewinnt die zunehmende Digitalisierung der Absatzkanäle durch die Coronakrise an Fahrt und begünstigt jene Unternehmen, die dort bereits über weit gediehene Angebote verfügen. Das Beispiel Procter & Gamble zeigt, dass die Dividende auch in Zeiten von Corona erhöht werden kann. Hier erntet ein traditionsreiches Unternehmen erste Früchte der Digitalisierung. (kb)

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