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Ukraine lässt Wachstum auf 2,4% fallen, Inflation auf 7,5% steigen

Im Lichte des Krieges in der Ukraine haben die Research-Analysten von Nomura sowohl ihr Basisszenario für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr angepasst als auch alternativ ein „Worse Case“-Szenario durchdekliniert.

Robb Subbaraman, Chief Economist und Head of Global Markets Research, Asia ex-Japan, bei Nomura
Robb Subbaraman, Chief Economist und Head of Global Markets Research, Asia ex-Japan, bei Nomura© Nomura

Ein „Better Case“-Szenario haben die Nomura-Analysten angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit einer schnellen Lösung der Russland-Ukraine-Krise gar nicht erst in Betracht gezogen.

Adaptierung beim Basisszenario
Für das Basisszenario – die Risikoprämie bleibt bis zum zweiten Quartal hoch, bevor sie sich im zweiten Halbjahr 2022 abschwächt – rechnen die Analysten von Nomura mit einem Ölpreis (Brent) von 120 US-Dollar je Barrel in Q2, der sich sukzessive bis 2023 auf 95 US-Dollar je Barrel abschwächt. Die eindeutig größte wirtschaftliche Auswirkung bestehe darin, dass die bereits hohe Inflation weltweit – außer in China – noch weiter in die Höhe getrieben werde. Was das Wachstum betreffe, gebe es allerdings neben vielen Verlierern auch einige Gewinner, insbesondere einige der großen Rohstoffproduzenten.

USA wenig betroffen
Robb Subbaraman, Chief Economist und Head of Global Markets Research, Asia ex-Japan, hält fest: „Für die US-Wirtschaft werden in unserem neuen Basisszenario nur geringe Auswirkungen auf das BIP-Wachstum in diesem Jahr prognostiziert (-0,3 Prozentpunkte), da die USA nur in geringem Maße von russischen Rohstoffen abhängig sind und kaum Exporte nach Russland tätigen. Darüber hinaus verfügen die US-Haushalte über einen der weltweit größten Puffer an überschüssigen Ersparnissen, der selbst bei einem Rückgang des real verfügbaren Einkommens zu einem starken Konsum beitragen wird. Höhere Investitionsausgaben im US-Energiesektor dürften dazu beitragen, den durch die erhöhte Unsicherheit bedingten Rückgang der Investitionen in einigen anderen Sektoren abzufedern.“

Euroraum mit größter Stagflation
Der Euroraum hingegen werde unter den entwickelten Volkswirtschaften den größten Stagflationsschock erleben. Im neuen Basisszenario sinkt das BIP-Wachstum in diesem Jahr um 0,6 Prozentpunkte auf 2,6 Prozent. Die Prognose für die Verbraucherpreise haben die Nomura-Analysten um 1,5 Prozentpunkte auf 6,9 Prozent nach oben korrigiert. Zusätzlich zu der starken Abhängigkeit des Euroraums von Russland und der Ukraine bei den Rohstoffen sei die Gewichtung der Energieposten im VPI-Warenkorb im Euroraum um 50 Prozent höher als in den USA, und die Gewichtung der Lebensmittelposten mehr als doppelt so hoch.

Profiteure gibt es auch
Australien und Kanada würden hingegen vom Anstieg der Rohstoffpreise profitieren, der andere Nachteile ausgleiche; die Prognosen für das BIP-Wachstum in 2022 haben die Analysten für beide Volkswirtschaften angehoben.

China vor Nullsummenspiel?
China könnte von einem verstärkten Handel mit Russland profitieren, doch dies werde durch den Anstieg der Rohstoffpreise, der Chinas jährliche Importrechnung um 280 Milliarden US-Dollar anschwellen lassen könnte, weitgehend kompensiert.

„Worse Case“ -Szenario
Im „Worse Case“ -Szenario –die geopolitische Risikoprämie bleibt bis zum dritten Quartal hoch, bevor sie erst im vierten Quartal 2022 nachlässt – liegt der Preis für Rohöl der Sorte Brent in Q3 und Q4 bei durchschnittlich 140 US-Dollar je Barrel und im gesamten Jahr 2022 bei 125 US-Dollar je Barrel und damit rund 16 Prozent höher als im neuen Basisszenario.

Negative Rückkopplungsschleifen befürchtet
Subbaranam: „Der anhaltend höhere Ölpreis spiegelt sich auch in den meisten anderen Rohstoffpreisen wider, und es werden negative Rückkopplungsschleifen in Gang gesetzt werden. Das könnte eine größere Krise an den Finanzmärkten sein mit Spillover-Effekten auf die Realwirtschaften sein. Oder Handelsprotektionismus und Hortung von Rohstoffen mit noch höherem Druck auf die Preise. Oder Kapitalflucht aus Schwellenländern, die große Nettoimporteure von Rohstoffen sind. Demgegenüber stehen umfassendere politische Maßnahmen zur Stützung der Volkswirtschaften, insbesondere fiskalische Anreize in Ländern, in denen Spielraum vorhanden ist.“

Wachstums- und Inflationsraten
Jedenfalls werde sich im Worse-Case-Szenario die Abweichung zwischen Wachstum und Inflation verschärfen, was sich im Euro-Raum in einer Inflationsrate von 7,5 Prozent und einer Wachstumsrate von 2,4 Prozent ausdrücken würde. Damit würden auch die Unterschiede in der Geldpolitik extremer: Während die Analysten dann damit rechnen, dass die Fed in diesem Jahr die Zinsen um 125 Basispunkte anhebt, würde die EZB die Zinserhöhung bis Mitte 2023 hinauszögern, die BOJ on hold bleiben und Peking die PBoC die Lockerung beschleunigen. (kb)

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