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SPACs are back: Wie die Wirtschaftskanzlei CMS sie sieht

Es ist ungefähr zehn Jahre her, dass sich die kapitalmarktrechtlich interessierte Öffentlichkeit mit dem Thema SPACs auseinandergesetzt hat. Damals wurden SPAC wie Germany1 und Helikos an der deutschen Börse zum Handel zugelassen, weiß Wirtschaftsanwalt Philipp Melzer.

Philipp Melzer (Bild) ist Rechtsanwalt und Partner bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Er verfügt über große Erfahrung bei der Beratung von Emittenten, emissionsbegleitenden Banken und Altaktionären bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen und Zweitplatzierungen.
Philipp Melzer (Bild) ist Rechtsanwalt und Partner bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Er verfügt über große Erfahrung bei der Beratung von Emittenten, emissionsbegleitenden Banken und Altaktionären bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen und Zweitplatzierungen.© CMS

"Mit deren vergleichsweise „unspektakulärer“ Performance der früheren SPACs Germany1 und Helikos verschwand das Thema schnell wieder. Seit circa einem halben Jahr ist das Thema aber wieder en vogue", weiß Philipp Melzer, Anwalt bei der renommierten Anwaltskanzlei CMS Deutschland.

Deutschland ist beim neuen SPAC-Boom dabei
Auslöser ist der jüngste SPAC-Boom, in den USA, die es dort bereits seit 1980 gibt: 55 Prozent aller IPOs in den USA im Jahr 2020 waren SPAC IPOs. Dabei wurden bei 248 SPAC-IPOs insgesamt 83 Milliarden US-Dollar von Investoren eingesammelt. Inzwischen ist die aktuelle SPAC Euphorie von den USA nach Europa übergeschwappt. Jüngst wurde mit dem Lakestar SPAC I wieder ein SPAC an der Frankfurter Wertpapierbörse zum Börsenhandel zugelassen.

Struktur eines SPAC
SPAC steht für Special Purpose Acquisition Vehicle. SPACs sind „Gesellschaftshüllen“. Initiiert werden SPACs von den sogenannten „Sponsoren“, die häufig auch deren Geschäftsführung übernehmen. Beim SPAC-Börsengang werden Investoren „Units“ angeboten. Meist wird das Angebot so strukturiert, dass der Ausgabebetrag für eine Unit zehn Euro beträgt. Eine Unit besteht aus einer Aktie und einem „Warrant“. Beim Warrant handelt es sich um eine auf den Erwerb weiterer Aktien gerichtete Option, die einen oberhalb des Ausgabebetrags für die Unit gerichteten Ausübungspreis ausübt. Melzer dazu: "Diese Option kann üblicherweise erst nach Durchführung einer sogenannten „Business Combination“ (dazu sogleich) ausgeübt werden. Bei US SPACs werden die Units für einen gewissen Zeitraum, oft 40 Tage, nach dem Börsengang im Paket und dann getrennt gehandelt. Nach dem SPAC IPO halten die Sponsoren in der Regel 20 Prozent der SPAC-Anteile, für welche sie keinen Gegenwert an den SPAC leisten müssen. Für die „Sponsor Warrants“ leisten die Sponsoren allerdings eine Zahlung an den SPAC, welche zur Finanzierung des Börsengangs dient. Die im Börsengang eingeworbenen Geldmittel werden zunächst auf einem Treuhandkonto verwahrt."

Suche nach dem Zielunternehmen
Die Aufgabe der Geschäftsführung des SPAC ist, in den 24 Monaten nach Börsengang ein Zielunternehmen zu identifizieren und dessen Übernahme durch den SPAC zu vereinbaren." Im Zusammenhang mit dem Erwerb des Zielunternehmens spricht man von einer „Business Combination“ oder einem „de-SPACing“", weiß Melzer. "Die Transaktion wird dabei als Cash und/oder Share Deal strukturiert. Die Eigner des Zielunternehmens erhalten als Vergütung entweder eine Zahlung,Anteile am SPAC oder beides. Cash, das im SPAC verbleibt, kann für das weitere Wachtsum des kombinierten Unternehmens eingesetzt werden. Die ausgehandelte Transaktion steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der SPAC Investoren. Die Abstimmung der SPAC Investoren erfolgt im Rahmen einer Hauptversammlung des SPAC. Die Business Combination wird nur vollzogen, falls eine vorab definierte zustimmende Mehrheit erreicht wird. Die Aktien der Sponsoren sind bei dieser Entscheidung nicht stimmberechtigt. SPAC-Investoren können sich auch dafür entscheiden, gegen Rückgabe ihrer Anteile am SPAC, ihren Anteil am Barvermögen des SPAC zurückzuerhalten. Dies ist oft geringfügig weniger, als sie beim IPO bezahlt haben. Nach der Transaktion bleibt in der Regel das Management des Zielunternehmens als Management der kombinierten Einheit an Bord."

Besonderheiten beim Lakestar SPAC
Im Zusammenhang mit dem Lakestar SPAC sei interessant, so Melzer weiter, dass über die Zahlungen, die die Sponsoren für Aktien und Warrants leisteten, sichergestellt werde, dass jeder SPAC-Investor bei einer Liquidation des SPAC oder falls er sich bei einer Abstimmung über die Business Combination hierfür entscheidet, die vollen zehn Euro, die er für die Unit bezahlt hat, zurückerhält. Die Anteile am Lakestar SPAC können so zur Anlage von Barmitteln ohne Negativzinsen genutzt werden.

Für SPACs tickt die Uhr
Falls SPACs binnen 24 Monaten nach Börsengang keine Transaktion vollzogen haben, wird der SPAC liquidiert und die Gelder vom Treuhandkonto an die Investoren verteilt. "Die Sponsoren gehen komplett leer aus. Es besteht erheblicher Druck, geeignete Zielunternehmen zu finden. Inzwischen befassen sich US-SPACs, neben US-amerikanischen, vermehrt mit europäischen Zielunternehmen. Für ein europäisches Zielunternehmen bietet sich so die Gelegenheit, eine Börsennotierung in den USA zu erreichen, ohne den klassischen IPO-Pfad zu beschreiten. Ein „IPO-Window“ ist für den Erfolg nicht notwendig", weiß Melzer.

Nachteil Verwässerungseffekt
Nachteilig sei für SPAC-Investoren wie für die Eigner des Zielunternehmens, dass durch die Aktien der Sponsoren eine Verwässerung ihrer Beteiligung eintrete, ohne dass der kombinierten Einheit hierfür eine Gegenleistung zugeflossen ist. Die Attraktivität eines SPAC für Investoren stehe und falle daher mit der Fähigkeit des Sponsors, dies durch Identifikation eines attraktiven Zielunternehmens und einer für den SPAC günstigen Business Combination auszugleichen.

Nichts ist in Stein gemeißelt
Für die Eigner des Zielunternehmens geht auch durch die von SPAC-Investoren und Sponsoren gehaltenen Optionen, die zum Erwerb weiterer Aktien berechtigen, ein Verwässerungseffekt aus. Melzer: "Dieser Aspekt führt bei den Verhandlungen zwischen SPAC und Zielunternehmen häufig dazu, dass sich die Sponsoren bereit erklären, auf die ihnen zustehenden Optionen oder gegebenenfalls sogar auf Anteile zu verzichten. Das Zielunternehmen und dessen Eigner sollen so für die SPAC-Transaktion gewonnen werden."

Wachstums-Anschlussfinanzierung
Insbesondere wenn das Zielunternehmen einen hohen Kapitalbedarf zur Finanzierung seines Wachstums hat, wird im Rahmen der Business Combination eine zusätzliche Barkapitalerhöhung des SPAC durchgeführt. "An der beteiligen sich einige institutionelle Investoren, sogenanntes PIPE-Investment. Prominente Beispiele von Unternehmen, die ihren Weg an die Börse über den Erwerb durch einen SPAC gefunden haben, sind Nikola und Virgin Galactic sowie jüngst Lucid Motors", so Melzer abschließend. (kb)

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