Logo von Institutional Money
| Märkte

Sorgt Warren Buffett für die Wende an Japans Aktienmarkt?

Warren Buffett, der berühmteste Investor der Welt, engagiert sich mit in Summe sechs Milliarden US-Dollar in Aktien der japanischer Handelshäuser Marubeni, Sumitomo, Mitsubishi, Mitsui und Itochu. Dabei nahm er jedesmal eine Beteiligung von zumindest fünf Prozent.

John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko AM
John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko AM© Nikko Asset Management

Für John Vail, Chief Global Strategist von Nikko Asset Management, hat dies weit reichende Auswirkungen: "Buffett demonstriert damit sein Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten der ausgewählten Firmen, aber auch in die japanische Rechnungslegung und Corporate Governance im Allgemeinen. Er blieb zudem seiner Maxime treu, Value-Aktien zu einem Zeitpunkt zu kaufen, an dem diese noch wenig gefragt sind. Sein Investment dürfte andere Anleger inspirieren und sie dazu bringen, sich zu fragen, ob er noch andere Sektoren in Japan ins Visier nehmen könnte. Schließlich passt die Charakterisierung „ungeliebte Value-Titel“ auf einen Großteil des Tokioter Marktes."

Japanische Value-Titel
Zahlreiche Analysten bezeichnen seine Käufe als Value-Investments, erwähnen aber nicht das genaue „Value“-Ausmaß von etwa sechs Prozent Dividendenrendite in den vergangenen Quartalen und fast fünf Prozent in den Quartalen davor, als Warren Buffett anfing zu kaufen. Im weltweiten Vergleich sind das hohe Erträge für einen stabilen Sektor in einem Land mit solider Währung. Normalerweise würde dies baldige Dividendenkürzungen bedeuten, vor allem in Krisenzeiten. Buffett denkt jedoch eindeutig anders, und das aus guten Gründen.

Corporate Governance-Reform legt versteckten Speck offen
Im Rahmen der anhaltenden Bemühungen um eine Reform der Corporate Governance ist es ein Zeichen des Vertrauens in die Zukunft, wenn Unternehmen ihre Dividenden nicht kürzen. Bei den Handelshäusern, in die Buffett investiert, hat sich diese Strategie ausgezahlt: Sie haben die Dividende auf Rekordniveau gehalten und damit beweisen, dass sie Vertrauen ins Unternehmen haben und sich um die Aktionäre kümmern. Dank dieser allgemeinen Zielsetzung und des Bemühens um die Gunst des Orakels von Omaha dürften ihre Dividenden hoch bleiben. Obwohl die Gewinne des Sektors zusammen mit den Energiepreisen und der Binnenkonjunktur gesunken sind, sollten diese Titel sich zusammen mit der Weltwirtschaft erholen.

Warum ist es wichtig, die Dividenden nicht zu kürzen?
Weil Investments in Ertragstitel am Aktienmarkt zu einer risikofreudigen, inländischen Aktienkultur beitragen, die ein Schlüssel zum Erfolg der Abenomics ist. Der Aufbau einer solchen Kultur war denn auch der anfängliche Grund für den Kauf von Aktien-ETFs durch die japanische Notenbank: Die Risikobereitschaft sollte angeregt werden, um Japan aus der deflationären Grundhaltung und den niedrigen Preisen für Vermögenswerte herauszuholen und über den Vermögenseffekt, sowohl von Wohnimmobilien als auch von Aktien, einen positiven Wachstumskreislauf in Gang zu bringen.

Günstig bewertet im Vergleich zu US-Titeln
Glücklicherweise haben nur sehr wenige Unternehmen während der Viruskrise ihre Dividenden gekürzt, so dass die inländische Aktien-Einkommenskultur zusammen mit der Wirtschaft wieder aufleben sollte. Dies könnte auch Anleger beruhigen, die behaupten, dass es für Japaner besser sei, in den USA zu investieren als in japanische Aktien. Buffett sagt genau das Gegenteil: Er finde in den USA kaum etwas, was sich zu kaufen lohnt.

Glas halb voll - oder halb leer?
Skeptiker werden anmerken, dass Buffett bei diesen Investments nicht nur eine passive Rolle einnimmt. In der Tat herrscht der Eindruck vor, dass Japans Glas weniger als halb leer ist und nur hoffnungslose Optimisten das Gegenteil behaupten.

Welche Argumente gegen ein halb leeren Glas sprechen
- Die japanische Wirtschaft konnte in diesem Jahr mit den USA mithalten und hat Europa hinter sich gelassen.
- Die demographische Entwicklung bereitet manchen Anlegern immer wieder Sorgen, aber nichtsdestotrotz sind die Gewinnspannen und Gesamtgewinne der Unternehmen dank verbesserter Unternehmensführung, Technologie und Effizienz, erfolgreicher Geschäftsumsetzung und Ausrichtung auf das globale (besonders chinesische) Wirtschaftswachstum in die Höhe geschnellt.
- Das neue Gesetz für ausländische Investoren (Foreign Exchange and Foreign Trade Act) hat in der Vergangenheit einige Investoren beunruhigt, aber es hatte aufgrund gezielter Ausnahmeregelungen nur geringe negative Auswirkungen. Diese haben Buffett sicherlich nicht davon abgehalten oder ihn daran gehindert, in aller Ruhe große Beteiligungen aufzubauen.
- Auch Japans starke Exponierung auf Investitionsgüter und Autos beunruhigt einige Investoren. Da viele Unternehmen jedoch ihre Lieferketten breiter ausrichten, dürften die Investitionsausgaben weiter wachsen, nicht zuletzt für Investitionsgüter in Halbleiterfabriken, bei denen Japan führend ist. Autoaktien mögen nicht "cool" erscheinen, aber die Verkäufe steigen weltweit rasch wieder auf das Niveau vor der Krise an, und Japan ist weltweit führend bei umweltfreundlichen Hybridfahrzeugen.

Fazit
Der Buffett-Schub löst zwar nicht alle Probleme, dürfte aber einen echten Wendepunkt für japanische Aktien markieren. Denn niemand kann jetzt mehr mürrisch urteilen, ohne dass die Antwort lautet: „Buffett ist anderer Meinung!“ (kb)

Dieses Seite teilen