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Short-Seller bringt H2-Highflyer Nikola unter Druck: Alles nur Betrug?

Die Aktie von Nikola, einem disruptiven Unternehmen, das den LKW-Markt mit Wasserstoff-betriebenen Lastkraftwagen aufmischen will, kam kürzlich unter gehörigen Druck, weil ein Short-Seller-Report von Hindenburg Research auf viele Unstimmigkeiten verweist und Betrug wittert.

© sdecoret / Fotolia

Der Wasserstoff-Hype scheint üppige Blüten zu treiben. Da kann auch schon einmal eine Sumpfblüte dabei sein. Nikola sei ein komplizierter Betrugsfall, der im Laufe der Karriere seines Gründers und CEO Trevor Milton auf Dutzenden von Lügen aufgebaut sei, heißt es in dem Short-Seller-Bericht von Hindenburg Research. Seit 8. September 2020 hat Nikola von hoch bis Ende der Woche am 11. September in der Spitze gut 40 Prozent an Wert eingebüßt.

Starker Tobak
Hindenburg Reserch habe eine große Menge an Beweisen in Form von Telefonmitschnitten, SMS, privaten Mails und Fotos gesammelt, die zeigten, dass das Wasserstoff-Unternehmen hinter dem Brennstoffzellen-Truck Nikola One und dem Nikola Badger auf Lügen aufgebaut wurde. CEO Trevor Milton habe es geschafft, aus falschen Statements die er im Laufe eines Jahrzehnts von sich gegeben habe, Kapital zu schlagen und ein zirka 20 Milliarden US-Dollar schweres gelistetes Unternehmen zu erschaffen, heißt es dort in der Einleitung weiter - das nun freilich vorerst nur mehr zwölf Milliarden Marktkapitalisierung auf die Waage bringt. Milton habe Vereinbarungen mit einigen Top-Automobilherstellern geschlossen, da diese unbedingt zu Tesla aufschließen und die Elektrifizierungswelle reiten wollten.

Pikante Details
Hindenburg Research glaubt enthüllen zu können, dass Nikola angesichts wachsender Skepsis über die Funktionalität seines LKWs ein Video mit dem Titel "Nikola One in Motion" inszenierte, das zeigte, wie der Sattelschlepper mit hoher Geschwindigkeit auf einer Straße fuhr. Untersuchung des Standorts und der SMS-Nachrichten eines ehemaligen Mitarbeiters durch Hindenburg würden zeigen, dass es sich bei dem Video um ein aufwändiges Trick-Video handelte. So habe Nikola seinen Sattelschlepper auf die Spitze eines wenig befahrenen Hügels schleppen lassen und dann mitgefilmt, wie dieser einfach den Hang hinuntergerollt sei.

Der Lüge überführt
Günstiger Wasserstoff ist für den Erfolg von Nikolas Geschäftsmodell von fundamentaler Bedeutung. Trevor habe in einer Präsentation vor hunderten Leuten und in Interviews verkündet, dass es seiner Firma gelungen sei, die Kosten für Wasserstoff im Vergleich zur Peer Group um zirka 81 Prozent zu verringern und man würde bereits H2 herstellen. Später habe Trevor auf Druck der Medien eingestehen müssen, dass er weder Wasserstoff zu diesem Preis noch jemals überhaupt produziert habe.

Bruder Travis.....
Trevor habe seinen Bruder Travis zum "Direktor für Wasserstoffproduktion/Infrastruktur" ernannt, damit dieser alle kritischen Teil des Geschäfts erwache. Dumm daran ist nur, dass die Hindenburg-Recherchen ergeben haben sollen, dass Travis überhaupt keine Erfahrung für diesen Job mitbringe. Vielmehr habe er Einfahrten betoniert und sei als Subunternehmer bei der Renovierung von Häusern in Hawaii tätig gewesen.

Weitere Vorwürfe
Diese betreffen ein mit heißer Luft gefülltes Orderbuch, den Ausstieg wichtiger Investoren und Geldgeber. Vor dem Kurskollaps hatte noch die Mitteilung einer Partnerschaft mit General Motors - GM werde sich mit zwei Milliarden US-Dollar an Nikola beteiligen - für Phantasie gesorgt und den Aktienkurs in die Höhe gezogen. Doch in dieser Partnerschaft habe Nikola nicht anderes als Papier-Konzepte und den Markennamen zu bieten, sagt Hindenburg. Jedenfalls soll Nikola neben der Nutzung der Batterietechnologie von GM auch die Produktions- und Brennstoffzellenfähigkeiten des Autoproduzenten für sich nutzen und bis zu 700 Millionen US-Dollar dafür bezahlen.

Wo bleibt die detaillierte Antwort?
Nach diesen heftigen Anschuldigungen würde man erwarten, dass das unter Druck stehende Unternehmen alles tut, um die Vorwürfe im Detail zu entkräften. Tatsächlich twitterte Trevor Milton, dass er bereits 14 Stunden an einer Antwort arbeite. Doch was dann publiziert wurde, ist alles andere als dazu geeignet, dass angeknackste Investorenvertrauen wiederherzustellen. Die Antwort ist eine Beschuldigung gegenüber Hindenburg Research, aus niederen Motiven heraus die Aktien nach unten manipulieren zu wollen, um fette Gewinne einzufahren. Alles Vorwürfe seien falsch, und man habe die führende Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis mandatiert, um zu prüfen, wie man gegen die Anschuldigungen gerichtlich vorgehen könne. Weiters hieß es, man habe nichts zu verbergen und werde alle vorgebrachten Beschuldigungen später widerlegen. Zudem werde man die SEC auf diesen Fall aufmerksam machen.

Nikola wurde durch einen sogenannten Reverse Merger Anfang Juni einem breiteren Publikum bekannt, wo man wie einige andere Start-ups in den USA "SPACs" (Special Purpose Acquisition Companies) dazu benutzt, zu einem indirekten IPO über ein schnelles Listing zu kommen, indem man das Geschäft in eine börsenotierte leere Hülle (Shell Company; Blank-Check Company) einbringt. (kb)

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