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Pimco: Gibt die Pandemie der Klimakrise die Klinke in die Hand?

Das jüngste Beige Book der Fed, das auf Basis der Kommentare der zwölf regionalen US-Notenbanken erstellt wird und eine Einschätzung zur konjunkturellen Lage der USA gibt, lieferte für den Monat August eine Reihe von Anhaltspunkten zur Interpretation der jüngsten relativen Schwäche der Makro-Daten.

Geraldine Sundstrom, Managing Director und Portfoliomanagerin bei Pimco
Geraldine Sundstrom, Managing Director und Portfoliomanagerin bei Pimco© Bill Gallery

"Die enthaltene Botschaft war eindeutig: Dort, wo die Wirtschaftstätigkeit zurückgeht oder sich verlangsamt, ist dies meist auf steigende COVID-19-Fallzahlen, Störungen in den Lieferketten oder Arbeitskräftemangel zurückzuführen und nicht auf eine nachlassende Nachfrage", analysiert Geraldine Sundstrom, Managing Director und Portfoliomanagerin bei Pimco.

Unternehmen kurzfristiger Aussichten weiterhin optimistisch gestimmt
Die US-amerikanische „National Retail Federation“, der größte Einzelhandelsverband der Welt, schloss sich dieser Aussage an und stellte fest, dass die Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivität größtenteils auf negative Basiseffekte sowie Hafenschließungen oder andere Unterbrechungen der Lieferketten und nicht auf eine Verlangsamung der Nachfrage zurückzuführen ist. Der gleitende Drei-Wochen-Durchschnitt der Kreditkartenzahlungen der Bank of America liegt mit 12,8 Prozent über dem Wert für 2020 und 16,2 Prozent über dem Wert für 2019, was für eine anhaltende Konsumfreude spricht.

Kosten der Container-Verschiffung hat einen neuen Höchststand markiert
"Auf der anderen Seite überraschten die August-Exportdaten für China und Taiwan trotz Delta-Variante und Hafenschließungen positiv. Chinas Exporte lagen mit 25,6 Prozent im Jahresvergleich über den Erwartungen von 17,3 Prozent, während Taiwan die Prognosen im selben Zeitraum mit 26,5 Prozent um 3,5 Prozentpunkte übertraf". sagt Geraldine Sundstrom. "Wirklich überraschend ist es daher nicht, dass der „World composite index for shipping costs of containers“, der die Entwicklung der Kosten der Container-Verschiffung abbildet, auf Wochenbasis um ein Prozent gestiegen ist und mit Überschreitung der 10.000 US-Dollar-Marke einen neuen Höchststand markierte. Darüber hinaus haben wir in dieser Woche über unsere Satellitenüberwachung der Hafenüberlastung festgestellt, dass der Hafen von Los Angeles ein noch nie dagewesenes Ausmaß an Überlastung und Rückstau erreicht hat. Erschwerend kommt hinzu, dass das Klima in Südostasien weiterhin für Chaos sorgt: Der Taifun Chanthu (Kategorie fünf und damit der stärkste des laufenden Jahres) stört den Hafenbetrieb in Taiwan und China, während Vietnam von gleich zwei tropischen Stürmen heimgesucht wurde."

Hafenüberlastung dauert noch an, aber Infrastrukturausgaben kommen erst
Es wird noch eine Weile dauern, bis das System die ständigen Störungen durch COVID-19 und Wetterschwankungen überwunden hat. Aber es gibt noch eine weitere Überlegung. Sundstrom dazu: "Man darf nicht vergessen, dass die großen staatlich geförderten Infrastrukturprojekte noch nicht einmal in der Umsetzung begriffen sind. Viele Aspekte dieser Projekte werden wahrscheinlich in hohem Maße von langen Handelswegen, vor allem von Asien nach Europa oder in die USA, sowie der Verfügbarkeit großer Mengen an Arbeitskräften abhängen. Zudem wurde noch nicht über den „Bipartisan Infrastructure Deal“ (er wird für Ende September erwartet, mit potenzieller Aufstockung im Rahmen des zweiten Infrastrukturpakets) abgestimmt."

EU-Konjunkturprogramm-Gelder bisher nur zu einem Achtel ausbezahlt
Auch in Europa werden sich die Dinge in den kommenden Quartalen radikal beschleunigen. Zwar haben die Mitgliedstaaten inzwischen 73 Prozent der 750 Milliarden Euro aus dem EU-Konjunkturprogramm beantragt und 61 Prozent wurden von der EU-Kommission genehmigt, doch nur 13 Prozent wurden bis Ende August tatsächlich ausgezahlt. Der Großteil dieser Mittel (mindestens 57 Prozent) muss in die Bereiche Klima und Digitales fließen. Daher ist der größte Gewinner de facto die grüne Mobilität.

Was die Nachfrage noch stützen kann
Mit dem Abflauen des Wiedereröffnungsbooms werden wahrscheinlich andere Faktoren die Nachfrage stützen, z. B. der Wiederaufbau von Lagerbeständen, verzögerte Investitionsausgaben von Unternehmen, die sich größtenteils im Krisenmanagementmodus befanden. "Ebenfalls erwarten uns große Infrastrukturprojekte in Europa, den USA, China und anschließend auch in Japan, da der Wahlkampf voller fiskalischer Versprechen ist. Mit Blick auf die Zukunft schätzt die Internationale Energieagentur, dass das Erreichen der Netto-Null-Emissionsziele weltweit zusätzliche Investitionen in Höhe von 2,5 Billionen Dollar pro Jahr erfordern wird. Dies entspricht einer Verdoppelung der Bruttokapitalbildung und wird damit erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des weltweiten BIP in den kommenden Jahren haben", weiß Sundstrom.

Drosselung der Notenbanken-Bondaufkäufe bricht Konjunktur nicht
Der beschriebene Nachfrageschub werde noch einige Zeit anhalten, so Sundstrom weiter. "Wir sind der Meinung, dass die Drosselung der Käufe von Vermögenswerten durch die Zentralbanken nicht ausreichen wird, um diesen starken konjunkturellen Rückenwind zu brechen. Es gibt Störungen, Engpässe und Sand im Getriebe, aber der vor uns liegende Zyklus ist lang und wird wahrscheinlich weiterhin von den Zentralbanken gestützt, nicht zuletzt, da die Welt nach dem Pandemienotstand vor einem Klimanotstand steht." (kb)

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