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Pimco: Ausblick auf ein "radikal unsicheres Umfeld"

Die Vermögensverwaltungstochter der Allianz zieht trotz vieler Imponderabilien fünf wesentliche Schlussfolgerungen für die mittelfristigen, konjunkturellen Aussichten, die institutioneller Investoren auf der Rechnung haben sollten.

© Photo links unten: John Cassidy The Headshot Guy //Aufmacherfoto: beeboys / stock.adobe.com

Nicola Guy, Pimco: Photo©John Cassidy The Headshot Guy®www.theheadshotguy.co.Der Einmarsch Russlands in die Ukraine, die Sanktionen und die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten haben die Unsicherheiten für die Konjunktur und die Finanzmärkte, die bereits vor dem Ausbruch dieses Kriegs existierten, noch weiter akzentuiert, fasst Nicola Mai, Portfolio Manager und Sovereign Credit Analyst bei Pimco (Foto links) in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag die jüngsten Entwicklungen zusammen.

Pimco zufolge trübt ein "erhebliche Unsicherheit" die Aussichten für die Weltwirtschaft. Sie ist aktuell mit einem Schock konfrontiert, der sich negativ auf das Wachstum auswirkt und wahrscheinlich die Inflation weiter anheizt. In Pimcos Basisszenario wird das Wachstum weiterhin durch die Konjunkturerholung nach der Pandemie und die aufgestauten Ersparnisse gestützt, die die Nachfrage ankurbeln. Der Inflationsanstieg könnte in den kommenden Monaten seinen Höhepunkt erreichen und sich dann allmählich abschwächen. Allerdings gibt es offensichtliche Risiken für diesen Ausblick – insbesondere dann, wenn der russisch-ukrainische Krieg weiter eskaliert. Dies schließt auch das Risiko einer Rezession innerhalb des Prognosezeitraums ein.

Fünf wesentliche Schlussfolgerungen
Eine breite Palette von Szenarien sowie Nichtlinearitäten und abrupte Regimewechsel in der Wirtschaft und auf den Finanzmärkten liegen im Bereich des Möglichen. Trotz der vielen Unbekannten lassen sich jedoch fünf wesentliche Schlussfolgerungen zu den konjunkturellen Aussichten für die nächsten sechs bis zwölf Monate ziehen, merkt Mai an:

1. Eine „Anti-Goldilocks-Konjunktur“
Die Weltwirtschaft und die politischen Entscheidungsträger sind mit einem durch Stagflation charakterisierten Angebotsschock konfrontiert, der sich negativ auf das Wachstum auswirkt und die Inflation tendenziell weiter anheizen wird. In diesem Zusammenhang sind es die folgenden es vier Hauptfaktoren, die die Inflation und das Wachstum beeinflussen:

1) Höhere Energie- und Lebensmittelpreise,

2) unterbrochene Lieferketten und Handelsströme,

3) schlechtere Finanzierungsbedingungen und

4) sinkendes Vertrauen auf Unternehmer- und Verbraucherseite aufgrund der aktuell hohen Unsicherheit.

"Das Zusammenwirken dieser Faktoren könnte sehr leicht zu einer „Anti-Goldilocks-Konjunktur“ führen: eine Wirtschaft, in der die Inflation zu heiß läuft und sich das Wachstum zu sehr abkühlt", warnt Mai.

2. Weitere Probleme in der Lieferkette
Zweitens hat sich der Ausblick für Wachstum und Inflation durch potenzielle Linearitäts-Abweichungen im Zusammenhang mit bereits fragilen Ausgangsbedingungen weiter eingetrübt. Unterbrechungen der Lieferketten waren aufgrund von Covid-19 bereits weit verbreitet, was die Produktion sinken ließ und die Kosten und Preise in vielen Branchen in die Höhe trieb. Der Krieg Russlands in der Ukraine und die Sanktionen haben zu weiteren Störungen geführt. Darüber hinaus haben die Pandemie-Lockdowns in Teilen Chinas das Potenzial, neue Engpässe in der globalen Lieferkette zu verursachen.

3. Asymmetrische Schockwirkungen
Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen werden im Prognosezeitraum wahrscheinlich zu einer breiteren Streuung der Wachstums- und Inflationsdaten in den einzelnen Ländern und Weltregionen führen. Europa wird am stärksten betroffen sein, während die US-Wirtschaft von den direkten Auswirkungen des Krieges in der Ukraine relativ isoliert erscheint. China und die meisten anderen asiatischen Volkswirtschaften haben geringere direkte Handelsverflechtungen mit Russland, werden aber wahrscheinlich von den höheren Energiepreisen und dem langsameren Wachstum in Europa negativ betroffen sein. In den Schwellenländern dürften die Rohstoffexporteure profitieren, wenngleich höhere Rohstoffpreise den ohnehin schon hohen Inflationsdruck in den meisten Schwellenländern eher noch verstärken werden.

4. Das Tauziehen der Zentralbanken
Viertens scheinen sich die meisten Zentralbanken dafür entschieden zu haben, gegen die Inflation zu kämpfen – und nicht etwa das Wachstum zu stützen. Da der jüngste Schock zu einem Zeitpunkt kommt, an dem die Inflation aufgrund der Pandemie und der anhaltenden Unterbrechungen der Lieferketten bereits hoch ist, konzentrieren sich die geldpolitischen Entscheidungsträger offensichtlich in erster Linie darauf, Zweitrundeneffekte einer höheren Gesamtinflation und einen weiteren Anstieg der bereits hohen Inflationserwartungen zu unterbinden. Natürlich erhöht dies auch das Risiko einer harten Landung zu einem späteren Zeitpunkt. Und es impliziert ein steigendes Rezessionsrisiko später in diesem Jahr oder 2023. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, ist das durchaus ein Risiko, das man im Blick haben sollte.

5. Verhaltene Reaktion der Fiskalpolitik
Schließlich sei von einer verhaltenen Reaktion der Fiskalpolitik auszugehen. Die Regierungen reagierten auf die Pandemie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, unterstützt durch die Geldpolitik. Da die Defizite und die Verschuldung nun jedoch deutlich höher sind, die Zentralbanken ihre Quantitative-Easing-Programme beenden und die Zinssätze anheben, dürfte die fiskalische Reaktion auf den aktuellen Schock deutlich verhaltener ausfallen.

Es ist nach Ansicht Mais sehr wahrscheinlich, dass es in Europa zu einer weiteren fiskalpolitischen Lockerung kommen wird, einerseits in Form höherer Verteidigungsausgaben (die jedoch erst nach einiger Zeit wirksam werden), andererseits durch Transferzahlungen und Steuersubventionen, die die Auswirkungen der höheren Energiekosten auf die verfügbaren Einkommen abfedern sollen. Diese Maßnahmen können jedoch wahrscheinlich nur teilweise die Belastungen ausgleichen, die sich durch das Auslaufen der zeitlich begrenzten Unterstützungsmaßnahmen während der Pandemie ergeben.

In den USA dürfte es kurzfristig bestenfalls geringfügige zusätzliche fiskalpolitische Unterstützung geben, wenn man sich die Patt-ähnliche Situation im US-Kongress vor Augen hält. Die Zwischenwahlen im November könnten eine republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus und möglicherweise auch im Senat bringen. Der darauf folgende Stillstand würde weitere Steuererleichterungen wohl auf Jahre hinaus verhindern

Anlagekonsequenzen
"In diesem schwierigen und unsicheren Umfeld sollte ein wesentlicher Bestandteil jeder Anlagestrategie sein, die Flexibilität und Liquidität des Portfolios zu erhöhen, um auf Ereignisse reagieren und potenzielle Chancen nutzen zu können", empfiehlt Mai. (aa)


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