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Peter Huber über den Russland-Ukraine-Konflikt und mögliche Lösungen

In der Ukraine-Krise wurden von allen Seiten viele Fehler gemacht, stellt Peter E. Huber, Fondsmanager bei Taunus Trust und Investmenturgestein, mit Bedauern fest. Sein Portfolio ist robust genug, um einen Totalausfall russischer Aktien wegzustecken. Diese stellen eine Gratisoption im Portfolio dar.

Peter E. Huber kommntiert die aktuellen Geschehnisse und seine Positionierung.
Peter E. Huber kommntiert die aktuellen Geschehnisse und seine Positionierung.© Christoph Hemmerich / FONDS professionell

Folgende Punkte stellt Fondsmanager Peter E. Huber seinen konkreten Überlegungen voran:
1. Putin hat mit seinem Einmarsch in die Ukraine die Kampfkraft seiner Truppen überschätzt und unsägliches Leid über die Bevölkerung gebracht.
2. Die Nato hat die klar formulierten roten Linien Russlands ignoriert und den Verzicht auf eine weitere Nato-Osterweiterung empört zurückgewiesen.
3. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Waffen und einen schnellen Nato-Beitritt gefordert, statt sein Land für neutral zu erklären – nach dem Vorbild Finnlands, Österreichs und der Schweiz.
4. Der Westen hat sich in einen Sanktionstaumel hineingesteigert. Wohl wissend, dass man mit Sanktionen zwar jemanden bestrafen, aber nicht zu einer Verhaltensänderung bewegen kann.
5. Die Einfrierung der russischen Zentralbankguthaben war ein gigantisches Eigentor, wird dies mittelfristig doch Länder wie China, Indien oder Saudi-Arabien zu einer Umschichtung Ihrer Währungsreserven (raus aus dem Dollar) ermuntern.
6. Moralisch flexible Politiker müssen jetzt bei Despoten wie dem Emir von Qatar buckeln, um an Erdgaslieferungen zu kommen. Dabei scheint man auch vor langfristigen Lieferverträgen nicht zurückzuscheuen, die man bisher vehement abgelehnt hat.
7. Statt zu de-eskalieren wird jetzt für dreistellige Milliardenbeträge aufgerüstet. Dabei kauft man den Amerikanern sündhaft teure Kampfflugzeuge vom Typ F-35 ab, die nach einem internen Bericht des Pentagon schwerwiegende Mängel aufweisen (Triebwerksausfälle, fehlende Ersatzteile etc.).
8. Ein Boykott russischer Öl-, Gas- und Rohstofflieferungen würde vor allem uns selbst schaden („Frieren für den Frieden“) und in Europa zu einer schweren Wirtschaftskrise führen. Den Nachfrageausfall im Westen könnte Russland zwar nur teilweise durch höhere Lieferungen an Länder wie China und Indien kompensieren und das auch nur mit hohen Preisabschlägen. Das könnte das Land aber angesichts der extrem gestiegenen Notierungen bei Energie und Rohstoffen gut verschmerzen.
9. Durch die Umsetzung einer Flugverbotszone müsste die Nato russische Kampfjets über der Ukraine abschießen und damit einen dritten Weltkrieg (mit atomaren Waffen) riskieren.

Schmerzhafte Kompromisse sind der Exit
So zynisch es klingt: Solange der Westen die Ukraine mit Waffen versorgt, wird es wahrscheinlich nicht zu einer Verhandlungslösung kommen, und der Krieg wird immer brutaler. Eine Beendigung des Konflikts erfordert nämlich schmerzhafte Kompromisse von beiden Seiten. Solange sich die Ukraine in der Illusion wiegt, die weit überlegenen Invasionstruppen militärisch besiegen zu können, wird das Leiden weitergehen.

Lösungsmöglichkeit skizziert
Wir können nur hoffen, dass der liebe Gott Hirn regnen lässt und den sinnlosen Krieg möglichst schnell beendet. Eine Lösung könnte wie folgt aussehen: Die Russen ziehen ihre Truppen komplett ab und finanzieren den Wiederaufbau in der Ukraine mit kostenlosen Gas- und Rohstofflieferungen. Die Ukraine verzichtet dauerhaft auf einen Nato-Beitritt. Der Westen hebt alle Sanktionen gegenüber Russland auf. Alle Seiten könnten so ihr Gesicht wahren und allen wäre geholfen – außer vielleicht unseren amerikanischen Freunden.

Totalverlust bei Gazprom und Norilsk Nickel?
Manchmal wird man auch als Antizykliker auf dem falschen Fuß erwischt. So erging es uns mit unseren russischen Aktien Gazprom und Norilsk Nickel. Nachdem die westlichen Sanktionierer beschlossen hatten, dass man diese Aktien in London nur noch verkaufen, aber nicht mehr kaufen kann, fiel deren Wert logischerweise gegen Null. So stehen die Positionen, die zuvor noch knapp fünf Prozent des Fondsvermögens ausmachten, auch bei uns in den Büchern. Wer jetzt Anteile an unserem Fonds erwirbt, bekommt diese Positionen also gratis dazu. Nachdem die Börse in Moskau wieder geöffnet hat, sieht man, dass die Beteiligungen weiterhin werthältig sind. Dass dieses Debakel kaum nennenswert zu einem Rückgang im Anteilswert geführt hat, zeugt von einer robusten Depotstruktur.

Ein weiterer Brennpunkt sind die chinesischen Aktien in Hongkong
Die Angst der Investoren, dass auch China wegen seiner Beziehungen zu Russland in den Sanktionsstrudel gerät, führte zu einem Ausverkauf chinesischer Aktien in Hongkong. Es ist der traurige Höhepunkt eines längeren Kursverfalls chinesischer Wachstumswerte wie Alibaba, Baidu, Tencent und Konsorten, der von den Machthabern in Peking selbst durch drakonische Regulierungsmaßnahmen verursacht wurde. Warum eine Regierung ohne Grund ihr Wachstumssegment pulverisiert und das Vertrauen der internationalen Anleger zerstört, wissen nur die Götter.

Ist China noch investierbar?
Für viele Investoren sind Aktien aus dem Reich der Mitte inzwischen nicht mehr investierbar, obwohl sie spottbillig sind. Auch wir werden unsere Bestände schrittweise weiter reduzieren, selbst wenn dies alles andere als antizyklisch ist. Wer allerdings die Biographie über Xi Jinping von Stefan Aust gelesen hat, findet dort eine mögliche Erklärung für das chinesische Vorgehen. Für Marxisten sind Unternehmen nicht dazu da, ihre Aktionäre reich zu machen, sondern dem Wohlstand des Volkes zu dienen. Ein möglicher Grund, warum der Aktienmarkt trotz des phänomenalen Wirtschaftswachstums seit vielen Jahren nicht von der Stelle kommt.

Asien ist mehr als China
Da Asien weiter unser Favorit für die nächsten zehn Jahre bleibt, haben wir Aktien in Japan, Südkorea und Indonesien zugekauft. Ansonsten läuft es auch ganz gut, da wir rechtzeitig auf den Megatrend bei Energie- und Rohstoffaktien gesetzt haben. (kb)

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