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Peter E. Huber über Anomalien im historischen Börsenverlauf

Nach der freundlichen Tendenz der letzten Wochen insbesondere bei den Technologieaktien blickt die überwiegende Mehrzahl der Investoren mit Optimismus auf das Börsenjahr 2024.

„Mache das Beste aus dem, was in Deiner Macht steht, und nehme den Rest, wie es kommt“. Dieser Ausspruch von Epiktet begleitet Börsenurgestein und Fondmanager Peter E. Huber bei seiner Arbeit für Taunus Trust.
 
„Mache das Beste aus dem, was in Deiner Macht steht, und nehme den Rest, wie es kommt“. Dieser Ausspruch von Epiktet begleitet Börsenurgestein und Fondmanager Peter E. Huber bei seiner Arbeit für Taunus Trust.
 © Taunus Trust

Nach der neuesten Fondsmanager-Umfrage der Bank of America erwarten 89 Prozent der Befragten fallende Leitzinsen und 62 Prozent sinkende Anleiherenditen. Gleichzeitig wird damit gerechnet, dass es in den USA zu keiner Rezession kommt. Entsprechend sind die meisten Investoren long vor allem in den „glorreichen Sieben“. Und in den Portfolios findet man die höchste Anleihen-Übergewichtung seit 15 Jahren. Der Anteil der US-Haushalte, die direkt oder indirekt Aktien besitzen, liegt auf einem historischen Höchststand. Angesichts dieses Umfelds betreffend das Sentiment und Hard Facts wird Fondsmanager Peter E. Huber vorsichtig.

Quelle sämtlicher Charts: Taunus Trust GmbH

Zuviel Optimismus lässt Peter E. Huber nachdenklich werden
Hier sein Befund: "Als Antizykliker erfüllt uns diese Mainstream-Meinung mit Misstrauen, zumal die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unseren Augen keineswegs so rosig sind. Die enormen Staatsdefizite beidseits des Atlantiks verursachen Aufwärtsdruck bei den Zinsen, und die Inflationsraten könnten nach dem Auslaufen der Basiseffekte bereits im Jahresverlauf 2024 wieder nach oben drehen. Der Kampf gegen die Klimakrise, die militärische Aufrüstung, die Rekalibrierung der Lieferketten und die Kosten der Migration müssen schließlich finanziert werden. Vor diesem Hintergrund erscheinen uns Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit (Treasury-Bonds bei 3,7 Prozent und Bundesanleihen mit zwei Prozent Rendite) wenig verlockend. Die monetären Börsenampeln stehen immer noch auf Rot, was inversen Zinsstrukturkurven und einem rückläufigen Geldmengenwachstum geschuldet ist."

Und die Unternehmensgewinne kommen aufgrund steigender Kosten und schwacher Nachfrage von zwei Seiten unter Druck. Die Unternehmens-Insolvenzen nehmen zu und die Gewinnerwartungen der Investoren sind weiterhin zu optimistisch.

Abnormalien en masse
Zudem waren die letzten Jahre geprägt durch Konstellationen, die den langfristigen Erfahrungen konträr entgegenstehen. Peter E. Huber dazu: "Hoch bewertete Aktien wurden immer teurer, preiswerte Aktien relativ gesehen immer billiger, die etablierten Märkte liefen besser als die Emerging Markets, Large Caps performten besser als Small Caps, kurze Zinsen notierten höher als die Renditen langer Laufzeiten. Das ist äußerst ungewöhnlich. Man kann davon ausgehen, dass sich die meisten Trends wieder umkehren werden. Es ist nur eine Frage der Zeit!"

Value- contra Wachstumsaktien: Die ganze Wahrheit!
In den letzten zehn Jahren liefen Wachstumsaktien deutlich besser als Value-Aktien. Das illustriert der folgende Chart:

Bäume wachsen wohl nicht perpetuiert in den Himmel
Die meisten Anleger seien deshalb der Überzeugung, dass mit Wachstumsaktien auch in der Zukunft eine bessere Wertentwicklung zu erzielen sei, da hier deutlich höhere Zuwächse bei den Unternehmensgewinnen zu erwarten seien, so Huber weiter. "Beide Annahmen sind fragwürdig." Als Wachstumsaktien bezeichnet man Titel von Unternehmen, die in den letzten Jahren ein weit überdurchschnittliches Gewinnwachstum aufgrund innovativer Produkte und breiter Burggräben (Wettbewerbsvorteile) aufweisen konnten. Aufgrund der spannenden Story wird die Gewinnerwartung in die Zukunft extrapoliert, was sich in hohen Bewertungen ausdrückt. Oft werden keine oder nur geringe Dividenden bezahlt. Die Unternehmen aus dem Value-Bereich weisen solide Bilanzen und attraktive Bewertungskennzahlen (Kurs/Gewinn-Verhältnis, Kurs/Buchwert, Enterprise Value/ EBITDA, Free Cash Flow-Rendite) aus. Sie stammen oft aus etablierten Branchen und zahlen eine ordentliche Dividende. Ihre Wachstumsaussichten werden aber deutlich moderater eingeschätzt.

Langfristg hat Value das bessere Ende für sich
Seit 1974 wird weltweit die Performance von Value- und Growth-Aktien gemessen. Das Ergebnis: Value entwickelt sich über längere Zeiträume deutlich besser.

Auch bei den Unternehmensgewinnen sind die Zuwächse fast identisch, wenn auch die Unternehmen aus dem Value-Bereich wegen ihres oft zyklischen Charakters stärkere Einbrüche in Rezessionsphasen aufweisen. Das wird im folgenden Konjunkturaufschwung in der Regel aber wieder ausgeglichen, weiß Huber.

Da Value-Aktien deutlich niedriger bewertet werden, schlägt das Gewinnwachstum entsprechend stärker auf die Aktienkurse durch, was die bessere Kursentwicklung erklärt. Für die USA liegen entsprechende Zahlen seit 1926 vor und man sieht, dass eine längere Outperformance der Growth-Aktien eine absolute Ausnahme ist.

Growth-Aktien haben ein fantastisches Börsenjahr hinter sich
"Der Wertzuwachs betrug mehr als 30 Prozent, während Value-Aktien im einstelligen Performance-Bereich dahindümpelten", analysiert Peter E. Huber. "Dadurch ist es zu einem deutlichen Bewertungsaufschlag gekommen. Werden Wachstumsaktien im Schnitt zirka 90 Prozent höher bewertet als Value-Titel, ist der Aufschlag derzeit ungefähr doppelt so hoch. Das war zuletzt in der Dotcom-Blase Anfang 2000 der Fall – mit bekanntem Ende. Growth-Aktien sind heute beliebt wie selten und in den meisten Portfolios prominent vertreten."

Peter E. Hubers Anlagestrategie für 2024 bei Taunus Trust
"Wir bleiben bei unserem Vermögensfonds weiter im neutralen Bereich investiert mit einer ordentlichen Aktienquote von 60 bis 70 Prozent. Damit können wir an möglichen weiteren Aufwärtsbewegungen angemessen partizipieren. Unseren Anlageschwerpunkt haben wir in Value-Aktien, die sowohl gegenüber ihrer eigenen Historie als auch gegenüber ihrer Peergroup niedrig bewertet sind und intakte langfristige Wachstumsaussichten haben. Als antizyklische Anleger werden wir unseren Aktienbestand angesichts der an vielen Börsen erreichten Höchstkurse aktuell nicht aufstocken. Denn es besteht immerhin die Gefahr, dass bei einer stärkeren Korrektur der aktuell gehypten Tech-Titel die Börsen insgesamt temporär unter Druck kommen. Mit signifikanten Zukäufen würden wir erst beginnen, wenn die Märkte mehr als 20 Prozent ins Minus laufen, was aber nicht unserem wahrscheinlichsten Szenario entspricht."

Energie- und Rohstoffkonzerne
Vor zwei Jahren haben Huber uns seine Kollegen die asiatischen Aktienmärkte und Energie- und Rohstoffwerte als mögliche neue Megatrends für die nächsten zehn Jahre definiert: "In Asien sind wir in Japan und Südkorea gut investiert und besitzen Anfangspositionen in Hongkong, China und Indonesien. In Europa haben wir die hier gehandelten internationalen Energie- und Rohstoffkonzerne übergewichtet. Beide Bereiche haben es 2023 etwas ruhiger angehen lassen. Man sollte aber berücksichtigen, dass zum Beispiel die von uns favorisierten Energiewerte in den letzten zwei Jahren mit einem Plus von 38 Prozent - inklusive Dividenden - besser abgeschnitten haben als selbst die allseits favorisierten Aktien an der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ mit einem Plus von sechs Prozent."

Kurzlaufende Anleihen
"Bei Anleihen sind wir ausschließlich in Kurzläufern mit maximal einem Jahr Restlaufzeit investiert, welche weiterhin die die höchsten Zinsen bringen", führt Peter E. Huber aus. "Allerdings werden aus antizyklischer Sicht nach dem starken Rückgang der Inflationserwartungen auch inflationsgeschützte Anleihen (Linker) langsam wieder interessant. Mit einem Depotanteil von knapp zehn Prozent in Gold- und Silber-ETCs wird das Portfolio zusätzlich stabilisiert."

Ambitioniertes Ziel
"Unser Ziel ist es, mit unserem Vermögensfonds eine Lösung anzubieten, um das gesamte freie Vermögen langfristig in einem Fonds bündeln zu können", formuliert Huber und setzt nicht ohne berechtigtem Stoz fort: "Das ist uns in den letzten zehn Jahren recht gut gelungen." (kb)

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