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Peter E. Huber: "Antizyklisch investieren in Krisenzeiten!"

?Nach dem Blutbad bei hochgejubelten Technologieaktien, denen angeblich die Zukunft gehört, zeichnet sich jetzt eine (temporäre?) Erholung ab. Wer nicht auf frühzeitige und eindringliche Warnungen gehört hat, sollte jetzt nicht mehr verkaufen, meint Peter E. Huber, Fondsmanager bei Taunus Trust.

Peter E. Huber, Fondsmanager bei Taunus Trust, analysiert die Märkte gewohnt schonungslos und ehrlich, unabhängig vom herrschenden Zeitgeist.
Peter E. Huber, Fondsmanager bei Taunus Trust, analysiert die Märkte gewohnt schonungslos und ehrlich, unabhängig vom herrschenden Zeitgeist.© Taunus Trust

Für einen massiven Zukauf von Aktien scheint es Investment-Urgestein Peter E. Huber, nunmehr Fondsmanager bei Taunus Trust, noch zu früh. Hierfür fehlen noch einige Voraussetzungen. "Wir verzeichnen nach wie vor eine beispiellose Kumulation von Krisen und Herausforderungen: Klimakrise, Krieg in der Ukraine, Covid-Pandemie in China, unterbrochene Lieferketten, restriktivere Notenbanken, hohe Inflationsraten etc. Doch diese Faktoren sind bekannt und sollten deshalb zumindest teilweise in den aktuellen Börsenkursen enthalten sein. Darauf deuten jedenfalls zahlreiche Sentiment-Indikatoren hin, die einen massiven Pessimismus der Investoren anzeigen", so Huber.

Noch kein Ausverkauf am Aktienmarkt
Was Huber stört? "Die meisten Anleger halten noch an ihren Positionen fest, obwohl sie so negativ gestimmt sind. Ein echter Sell-Out bei hohen Umsätzen hat noch nicht stattgefunden, vermutlich weil es an Alternativen zur Aktie fehlt und Anleihen, Edelmetalle und Kryptowährungen ebenfalls Federn lassen mussten. Die Inflationserwartungen haben sich ebenfalls bereits deutlich zurückgebildet, genauso wie die Preise diverser Rohstoffe. Offensichtlich bereitet man sich auf einen bevorstehenden Konjunkturabschwung vor."

Inflation: Basiseffekte beginnen jetzt wohl zu greifen
Tatsächlich könnten sich die Inflationsraten jetzt zurückbilden aufgrund der vielzitierten Basiseffekte. Von einer dauerhaften Beruhigung seien wir jedoch gerade in Europa weit entfernt, wenn man sich die Entwicklung der Erzeugerpreise und der Großhandelspreise ansieht, so Peter E. Huber weiter." Die aktuelle Teuerungswelle ist übrigens hausgemacht durch die jahrelange Expansionspolitik der Notenbanken, die Geld ohne Ende gedruckt haben, das jetzt durch die exzessive Schuldenpolitik der Staaten ausgabewirksam wird. Der Krieg in der Ukraine ist also keineswegs verantwortlich für die hohen Inflationsraten, dient aber als Verstärker und billige Entschuldigung für krasse Politikfehler."

Durch China-Sanktionen droht Unheil
Was Wohlstand und sozialen Frieden auf mittlere Sicht viel mehr gefährdet als der Ukraine-Krieg, ist der Konflikt zwischen der bisherigen Hegemonialmacht USA und ihrem Herausforderer China. Huber konkret: "Die Europäer machen einen verhängnisvollen Fehler, wenn sie sich hier als Vasallen - pardon: Verbündete - vor den amerikanischen Karren spannen lassen, statt eine eigenständige und vermittelnde Rolle einzunehmen. Es ist schon richtig, dass China ein autokratisches System ist und es Menschenrechtsverletzungen gibt. Wenn wir alle solche Systeme sanktionieren und nur mit demokratischen Ländern Handel treiben, gehen bei uns früher oder später die Lichter aus. Und warum wir vor diesem Hintergrund ausgerechnet mit dem wegen seiner Menschenrechtsverletzungen berüchtigten Emir von Qatar über langfristige Verträge zur Lieferung von Flüssiggas verhandeln, ist auch nicht zu verstehen. Hier offenbart sich eine scheinheilige Doppelmoral."

Wer von der Krise profitiert
Womit wir bei unseren Moralisten angekommen wären. „Frieden schaffen mit immer mehr Waffen“ scheint die neue Maxime zu sein und das Gebot von „Wandel durch Handel“ zu ersetzen, meint Huber. Hier würden unsere Empörungspolitiker eine unheilige Allianz mit der Rüstungsindustrie eingehen. Obwohl die Geschichte eindrücklich lehre, dass immer mehr Waffen früher oder später auch zum Einsatz kommen und Tod und Leid bringen. Geradezu absurd mute die Forderung an, die Aktien von Rüstungsfirmen als nachhaltig einzustufen, weil ihre Produkte ja schließlich der Friedenssicherung dienten. Peter E. Huber und seine Kollegen bleiben jedenfalls weiter abstinent und kaufen keine Rüstungsaktien.

Hauptprofiteur der Krisen sind zweifellos Deutschlands amerikanische Freunde
Sie haben das mit Abstand größte Budget für Rüstungsausgaben und weitere europäische Staaten (Finnland, Schweden) flüchten sich unter den Schutzschirm der NATO. Außerdem können die USA genau das liefern, was jetzt anscheinend dringend gebraucht wird: Waffen, Öl- und Gas sowie Nahrungsmittel. Huber weiter: "Dies alles könnte den US-Dollar stärken, so dass die Parität zum Euro in greifbare Nähe rückt. Die Einfrierung der russischen Zentralbankreserven und der Ausschluss Russlands aus dem Swift-System wird aber den Aufbau einer konkurrierenden Weltleitwährung fördern."

Russisches Öl findet immer Abnehmer
"Die wiederholten Behauptungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyi, Deutschland und andere EU-Staaten würden mit Käufen von russischem Öl und Gas Putins Krieg finanzieren und seien deshalb schuld am Tod von Frauen und Kindern, ist infam und niederträchtig", sagt Huber. "Dies wird der enormen Hilfsbereitschaft der Europäer in keiner Weise gerecht. Allein Deutschland hat bereits 350.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und versorgt. Putin finanziert seinen Angriffskrieg zwar mit dem Verkauf von Energie und Rohstoffen, doch findet er dafür problemlos genügend Abnehmer, die begierig sind, russisches Öl mit einem Abschlag von 30 Prozent auf den Weltmarktpreis zu kaufen. Da die Notierungen aufgrund der westlichen Sanktionen in die Höhe getrieben werden, hat er dadurch keine Einnahmeverluste. Rekord-Außenhandelsüberschüsse und der starke Rubel sind Beweis genug."

Der westliche Sanktionstaumel läuft völlig am Ziel vorbei
"Denn damit schaden wir uns vor allem selbst. Immer mehr Firmen ziehen sich aufgrund des öffentlichen Drucks unter enormen Verlusten aus dem Russlandgeschäft zurück. So hat Renault seine russischen Autofabriken für einen Euro an einen russischen Investor verkauft. BP hat seine 20-prozentige Beteiligung an Rosneft abgeschrieben. Royal Dutch verkauft seine Beteiligung an einem der weltgrößten sibirischen Ölgasfelder an einen chinesischen Konzern, wahrscheinlich ebenfalls mit einem entsprechenden Abschlag. Westliche Investoren haben mit russischen Aktien enorme Verluste gemacht, weil sie diese nicht mehr handeln dürfen, während an der Moskauer Börse weiter hohe Umsätze stattfinden", analysiert Peter E. Huber messerscharf.

Rezessionsgefahr durch fatale Politikfehler
Es würde Peter E. Huber nicht wundern, wenn Europa in eine Rezession marschierte – trotz rekordhoher Auftragsbestände in der Industrie und Vollbeschäftigung. Rezessionsphasen seien jedoch immer gute Gelegenheiten, um Aktien preiswert einzusammeln. So weit sei es allerdings noch nicht, so der Altmeister. (kb)

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