Logo von Institutional Money
| Märkte

Pest oder Cholera? Columbia Threadneedle befürchtet weiteren Sell Off

Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments für die EMEA-Region, beschäftigt sich in seinem aktuellen Wochenkommentar mit möglichen Szenarien für die US-Inflation und der Bedeutung für die Märkte. Unterm Strich sind die Aussichten düster, es drohen weitere Kursverluste.

Steven Bell, Columbia Threadneedle
Steven Bell, Columbia Threadneedle© Columbia Threadneedle

Die US-Geldpolitik ist ein wichtiger Bestimmungsfaktor für die Finanzbedingungen, nicht nur in den USA, sondern weltweit. Die Märkte sind laut Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments für die EMEA-Region, der Meinung, dass die US-Notenbank ihren Straffungszyklus auf dem aktuellen Zinsniveau oder in der Nähe davon beenden wird: Sie schätzen den Höchststand des Leitzinses auf 4,84 Prozent, nur eine Nuance oberhalb der derzeitigen Zinszielgrenze von 4,5 Prozent. "Dieser erwartete Höchststand ist in der letzten Woche um 15 Basispunkte gesunken, und die Märkte erwarten, dass die Zinsen bis Anfang 2024 in Richtung 4,0 Prozent fallen werden. Allerdings hat die Fed in der vergangenen Woche die Zinsen angehoben und, was noch wichtiger ist, ihre Zinsprognose für Ende 2023 auf 5,0 Prozent geändert", ergänzt Bell.

Arbeitsmarkt ist aus Inflationssicht ein Problem
Die Märkte sind bezüglich der Zinssätze optimistisch, weil der in der letzten Woche veröffentlichte Verbraucherpreisindex den zweiten Monat in Folge niedriger war. Die Fed erkennt die guten Nachrichten in Form von niedrigeren Preisen für Energie, Waren im Allgemeinen und Gesundheitsversorgung an. Ihr Pessimismus bezieht sich auf den Arbeitsmarkt, der nach wie vor bemerkenswert angespannt ist sowie dem Rekordabstand zwischen den Löhnen für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz wechseln und diejenigen, die nicht wechseln. Dieser enorme Abstand zwingt die Unternehmen dazu, die Löhne ihrer Mitarbeiter zu erhöhen, um sie nicht an Konkurrenten zu verlieren.

Pest oder Cholera?
Dieses Dilemma löst sich laut Bell auf zwei Arten: Entweder wird der Arbeitsmarkt nachgeben, was die Märkte in ihren Optimismus bestärkt, oder die Inflation erweist sich als hartnäckig, was höhere Zinssätze seitens der Fed rechtfertigt.

Was bedeutet dies alles für die Märkte? In beiden Szenarien Bell zufolge nichts Gutes:

Wenn sich der US-Arbeitsmarkt Anfang nächsten Jahres abschwächt und wir in eine Rezession geraten, werden die Verbraucher weniger ausgeben und die Gewinnspannen werden sinken. Ein Rückgang der Gewinnspannen um 1,0 Prozent entspricht einem Rückgang der Unternehmensgewinne im S&P 500 um etwa 11,0 Prozent.

Wenn sich der Arbeitsmarkt nicht abschwächt, wird die Fed die Geldpolitik weiter straffen, und auch das ist schlecht für die Märkte.

"Wir halten an unserer Einschätzung fest, dass der Ausverkauf von Risikoanlagen weitergehen wird. Das Ende des Bärenmarktes ist zwar nicht mehr weit, aber ein Rückgang um zehn Prozent ist realistisch. Dies könnte eine Kaufgelegenheit darstellen, da wir davon ausgehen, dass die Rezession nur von kurzer Dauer und mild sein wird", prognostiziert Bell abschließend. (aa)

Dieses Seite teilen