Logo von Institutional Money
| Märkte

Öl- und Gaspreise werden abstürzen, auch Aktien werden leiden

Nach Ansicht von Dieter Wermuth, Economist und Partner bei Wermuth Asset Management, stehen den Bullen im Energiesektor schwierige Zeiten bevor. Aber auch Aktionären stehen harte Zeiten bevor, wenn Wermuths Prognosen eintreffen sollten.

Dieter Wermuth, Wermuth Asset Management
Dieter Wermuth, Wermuth Asset Management© Wermuth Asset Management

Was hoch steigt, müsse auch wieder fallen. Die Preise für fossile Brennstoffe seien so stark gestiegen, dass sie den Bezug zu den Fundamentaldaten verloren hätten und daher zwangsläufig stark fallen würden. "Die einzigen Fragen sind: wann und wie stark?", schreibt Dieter Wermuth, Economist und Partner bei Wermuth Asset Management, in einer aktuellen Markteinschätzung und verweist dabei auf das nachfolgende Schaubild, das jüngst stark gestiegene Öl- und Gaspreise zeigt.

Beendet höhere Inflation eine Rohstoffrally?
Der Hauptgrund für den bevorstehenden Absturz liegt laut Ansicht Wermuths darin, dass die allgemeine Inflation in letzter Zeit weitaus stärker gestiegen ist als das Wachstum der Haushaltseinkommen. In den USA beispielsweise stiegen die Verbraucherpreise im Januar um 7,5 Prozent im Jahresvergleich, während die durchschnittlichen Einkommen im Jahresvergleich nur um etwa fünf Prozent zunahmen. Das Gleiche ist in letzter Zeit in den meisten anderen Industrieländern geschehen.

Dieser starke Kaufkraftverlust könnte Wermuths Ansicht nach wiederum eine weltweite Rezession oder zumindest eine erhebliche Verlangsamung des Wachstums auslösen, beginnend in den Volkswirtschaften, die Nettoimporteure fossiler Brennstoffe sind, wie die EU, China, die USA und Japan.

Darüber hinaus beginnen die wichtigsten Zentralbanken nun, die quantitative Lockerung zurückzufahren und die Zinssätze anzuheben, obwohl dies die rezessiven Kräfte der Preisexplosion bei fossilen Brennstoffen prozyklisch verstärken würde.

Diese beiden Entwicklungen allein reichen Wermuths Einschätzung nach aus, um einen Absturz der Öl- und Gaspreise herbeizuführen. Und von erhöhten Inflationserwartungen kann keine Rede sein: Die Produktionslücken sind immer noch recht groß (Schaubild Nr. 2), so dass es für die Löhne nicht einfach sein wird, mit der Inflation gleichzuziehen.

Der Markt erachtet Inflation derzeit nur als temporäres Problem
Die Inflationserwartungen - die notwendig sind, um eine anhaltende Lohn-/Preisspirale in Gang zu setzen und die Explosion der Treibstoffpreise aufrechtzuerhalten - bleiben Wermuth zufolge recht gedämpft. Inflationsgebundene Staatsanleihen deuten darauf hin, dass die erwarteten, d. h. implizierten durchschnittlichen jährlichen Verbraucherpreisinflationsraten für die nächsten fünf bis zehn Jahre zwischen 0,6 Prozent in Japan, 1,8 Prozent in Deutschland und 2,5 Prozent in den USA liegen. Anleiherenditen, die weit unter der tatsächlichen Inflation liegen, zeigen, dass die Anleger die Inflationsrisiken weiterhin gelassen sehen.

Es gibt auch keine Flucht in Gold, die ultimative Inflationsabsicherung (und auch nicht in auf Yen lautende Vermögenswerte). "Die Märkte sagen uns, dass die heutigen rekordhohen Inflationsraten wahrscheinlich nur vorübergehend sind, was eine logische Folge davon ist, dass die Öl- und Gaspreise als viel zu hoch angesehen werden", betont Wermuth.

Kurzfristig werden die Märkte weiterhin von Corona und der Angst vor einem Krieg im Osten beherrscht. Sobald diese Risiken abklingen, würden die Hauptangstfaktoren, die die Rohstoffpreise und die allgemeine Inflation angetrieben haben, verschwinden. Weltweit gibt es Wermuth zufolge keine Knappheit an Öl und Gas, vor allem nicht auf dem heutigen hohen Preisniveau. Es gäbe erste Anzeichen dafür, dass sich das Blatt gewendet habe, aber Rückschläge können natürlich jederzeit eintreten.

"Ich gehe davon aus, dass der Ölpreis im Laufe des Jahres wieder auf vielleicht 50 US-Dollar pro Barrel zurückgehen wird (oder weniger, bei einem Ausverkauf), während die Gaspreise um etwa 70 Prozent fallen könnten, um ein "normales" Niveau zu erreichen. Es wird immer gefährlicher, auf Energie zu setzen. All dies bedeutet, dass die Verbraucherpreisinflation hier in Europa in den kommenden Monaten ihren Höhepunkt erreichen wird. Die Anleihemärkte werden in nächster Zeit schwach bleiben - aber sie werden nicht zusammenbrechen. Aktien sind wesentlich stärker gefährdet", erklärt Wermuth abschließend. (aa)

Dieses Seite teilen