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Oddo BHF: Standort Deutschland verdient differenzierte Betrachtung

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. In seinem aktuellen "CIO View" befasst er sich mit den Problemen und den Stärken des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE
Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE© Oddo BHF

„Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat seit längerem keine gute Presse...Das Wirtschaftswachstum in Deutschland liegt seit Jahren hinter dem anderer entwickelter Länder… Die demographische Entwicklung, aber auch mangelnde Investitionen in den Kapitalstock führen dazu, dass die deutsche Wirtschaft wohl auch in Zukunft weitaus geringer wachsen wird als in der Vergangenheit". So tönt es aus den Etagen der Entscheider oder seitens der Marktbeobachter.

Viele Unternehmer beklagen die Standortpolitik
Immer wieder berichten die Medien davon, dass Unternehmer auswandern oder Unternehmen Produktion ins Ausland verlagern. Begründet wird dies oft damit, dass in Deutschland die Bürokratie überbordet, die Regulierung zu engmaschig ist, Berichtspflichten und Kontrollen überhandnehmen und das Steuersystem zu komplex ist.

Staatsausgaben konzentrieren sich stark auf Soziales und Subventionen
Für Investitionen oder gar den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur bleibt zu wenig übrig… Deutschland hat ein Ausgabenproblem, aber kein Problem bei den staatlichen Einnahmen.

Wettbewerbsfähiger Mittelstand ist noch immer Deutschlands Stärke
Je nach Definition zählen mehr als 99 Prozent aller privaten Unternehmen hierzulande zum Mittelstand. Die hohe Nettowertschöpfung des Mittelstandes trägt wesentlich zum BIP bei. Die Innovationskraft des deutschen Mittelstandes ist groß, nicht zuletzt aufgrund seiner hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung. Mittelständische Unternehmen stellen in vielen Bereichen Spitzenprodukte für den Weltmarkt her. Vertreter mittelständischer Unternehmen fordern eine Verbesserung der Standortpolitik und warnen gleichzeitig, dass extreme Parteien Wachstum und Beschäftigung gefährden.

Bei der Spitzenforschung noch immer vorne dabei
Auch wenn zu Recht bemängelt wird, dass an den Schulen die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu wenig gefördert werden, so hat die deutsche Spitzenforschung immer noch einen Weltruf.

Aktuelle Daten
"Die in dieser Woche veröffentlichten Daten belegen allerdings erneut, dass wir diese und andere positiven Standortfaktoren nicht hinreichend nutzen. Der ifo-Geschäftsklimaindex fiel im August weiter auf nun nur noch 86,6 Punkte. Die Stimmung trübt sich insbesondere in der Industrie ein. Die deutsche Wirtschaft leidet unter einer ausgemachten Investitionsschwäche und gleitet in eine Krise", konstatiert Professor Viebig.

Niedrige Eigenkapitalrendite
Die Eigenkapitalrendite der börsennotierten deutschen Unternehmen ist im internationalen Vergleich zu niedrig. Gemessen am MSCI-Index beträgt die Eigenkapitalrendite in Deutschland derzeit 8,9 Prozent. Professor Viebig dazu: "Damit liegt sie unter dem Mittelwert für Europa von 11,4 Prozent. In den USA erreicht sie 17,6 Prozent, und in der Schweiz 16,9 Prozent. Unser Rat an die Investoren lautet deshalb weiter, international zu diversifizieren. Das Gewicht Deutschlands am MSCI World Index liegt längst unter drei Prozent, während das Gewicht der USA fast 70 Prozent beträgt. Die Börse spricht eine klare Sprache.“ (kb)

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