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Nikko: Suga ist reformfreudiger als alle Ministerpräsidenten vor ihm

Auch wenn Japan in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht hat: Kritiker bezweifeln die Fähigkeit des Landes zu echten Wirtschaftsreformen. Wird sich das unter dem neuen 71-jährigen Ministerpräsidenten ändern?

John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko AM
John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko AM© Nikko Asset Management

"Yoshihide Suga ist wahrscheinlich der reformfreudigste Premierminister in der Geschichte Japans. Koizumi war in den Jahren 2001-2006 ebenfalls auf Reformkurs, aber ihm fehlten Macht und Kompetenz. Suga dagegen ist ein Experte im Kampf gegen bürokratische Widerstände – und diese sind weniger heftig, da er und Abe in acht Jahren viele Verbündete in hochrangige Positionen gebracht haben", sagt John Vail, Chief Global Strategist bei Nikko Asset Management.

Neuer Premier mehr gefürchtet als geliebt, aber respektiert
Suga zeichnet neben seinem Engagement für Reformen und der Fähigkeit, diese umzusetzen, seine Arbeitsmoral und sein politisches Fachwissen aus. Von Politikern und Bürokraten wird er wahrscheinlich mehr gefürchtet als geliebt, aber auch hoch geachtet. Daher sind seine Erfolgschancen sehr hoch, wenn ihm seine Partei genügend Zeit lässt. Leider ist nicht völlig auszuschließen, dass die LDP einen Machtkampf beginnen wird, die seine Amtszeit verkürzt.

Dritter Pfeil aus dem Köcher von Abenomics
Noch etwas spricht für erfolgreiche Reformen, den „dritten Pfeil“ aus dem Köcher der Abenomics: Abe agierte oft zu zögerlich, um bei Wählern und Politikern beliebt zu bleiben und die für Verfassungsänderungen erforderliche Super-Mehrheit im Parlament zu erreichen. Suga misst dieser Frage weniger Dringlichkeit bei.

Wichtig ist Sugas große Erfahrung im Umgang mit dem Virus
Die meisten Wähler dürften politische Ränke und Neuwahlen so lange missbilligen, bis das Virus unter Kontrolle ist. Zwar hat auch Japan Fehler gemacht, aber insgesamt hat das Land die Ausbreitung des Virus ohne größere Lockdown-Maßnahmen erfolgreich eingedämmt, insbesondere angesichts des Durchschnittsalters seiner Bevölkerung.

Suga muss seine Position festigen
Um seine Position zu festigen, muss Suga schnell einige wirtschaftliche Reformen durchführen. Die Senkung der Mobiltelefonkosten steht wahrscheinlich an erster Stelle, da sie bei den Wählern am beliebtesten sein dürfte. Auch die Digitalisierung der Wirtschaft und veralteter Behördendienste ist populär und dürfte hohe Priorität haben. Suga sieht sich nicht als kurzfristigen Verwalter und weiß, dass es ihm an den typischen Formen von Charisma mangelt; wenn er jedoch das Verdienst für die Verbesserung der Virussituation einstreicht und einige Reformen durchführt, könnten die Wähler Form und Charme gegenüber Substanz und Erfolg zurückstellen. Da er die verschiedenen LDP-Fraktionsvorsitzenden zufrieden stellt und seine Hauptkonkurrenten aus dem Kabinett fernhält, könnte eine Abenomics-Verbesserung ihn durchaus drei Jahre lang an der Macht halten und es ihm ermöglichen, einen reformgesinnten Nachfolger in Stellung zu bringen.

Starker Yen als Gefahrenmoment
Das vielleicht größte Gefahr für Japan und damit auch für Suga ist ein starker Yen. Dass mit Taro Aso als Finanzminister der vermutlich entschiedenste Gegner eines starken Yen in der jüngeren Geschichte im Amt bleibt, dürfte die Yen-Bullen beunruhigen. Suga ist ebenfalls gegen einen starken Yen, aber Asos Bereitschaft, gegen eine Yen-Stärke „über das Ziel hinauszugehen", hat einen noch stärkeren Einfluss auf die Märkte. Es wäre auch nicht verwunderlich, wenn Notenbankchef Kuroda, dessen Amt von politischen Veränderungen unberührt bleibt, den Markt in den kommenden Monaten mit einer aggressiveren Geldpolitik überrascht, da der Yen-Dollar-Kurs sich bereits der Toleranzgrenze nähert.

Reaktion der Investoren auf Suga
Mit Ausnahme einiger Telekommunikationsaktien scheinen Japans Risikomärkte bisher mit dem Aufstieg von Suga zufrieden zu sein. Die Investoren nehmen zur Kenntnis, dass Japan nach wie vor eine der stabilsten politischen Länder in der entwickelten Welt ist. "Wenn Suga, wie wir erwarten, Abenomics mit Fortschritten bei einigen Schlüsselreformen ergänzen kann, dann sollte er zusammen mit dem öffentlichkeitswirksamen Buffett-Investment sowohl ausländische als auch heimische Investoren dazu anregen, ihre Renditeerwartungen zu erhöhen – natürlich unter dem Vorbehalt der Virussituation und der globalen Wirtschaftsentwicklung. Es ist sogar sehr gut möglich, dass sie sich entschieden für Japan begeistern", analysiert John Vail. (kb)

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