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Nationale Zombies statt Europa-Champions: Das Resultat der EU-Hilfe?

Die Europäische Union prescht mit Hilfen für staatlich gestützte Unternehmen voran, jedoch riskieren die Regierungen, die Pläne zur Modernisierung ihrer Volkswirtschaften zu untergraben. Damit droht eine "Zombifizierung".

© mekcar / stock.adobe.com

Durch die Lockerung der Vorschriften für staatliche Beihilfen hat die EU den Weg für Billionen an Hilfsgeldern für die von der Coronavirus-Pandemie heimgesuchten Branchen geebnet. Um Arbeitsplätze zu retten, riskieren die Regierungen jedoch, bereits in Schwierigkeiten geratene Unternehmen zu stützen, und den unvermeidlichen Rückschlag, wenn die Normalität zurückkehrt.

Fortschreitende Zombiefizierung
“Nicht jeder Dinosaurier sollte und kann gerettet werden, insbesondere wenn das Unternehmen sich bereits in einem langfristigen Niedergang befand”, sagte Guntram Wolff, Direktor des in Brüssel ansässigen Think-Tank Bruegel, per E-Mail gegenüber Bloomberg. “Langfristige Subventionen für Dinosaurier könnten bedeuten, dass Geld für neue und dynamische Sektoren fehlt.”

Wird die Transformation der Wirtschaft weitergehen?
Vor dem Coronavirus-bedingten Shutdown pumpten die Regierungen Ressourcen in Zukunftsbereiche wie Elektroautobatterien, erneuerbare Energien und Cloud Computing im Rahmen einer Strategie, den Block zum Vorreiter in der kohlenstoffarmen Industrie des 21. Jahrhunderts zu machen. Nun stellt sich die Frage: Werden diese hoch gesteckten Ziele die Krise überleben?

Corona-Krise als Chance für Europa, sich zu emanzipieren
EU-Vertreter haben darauf gedrängt, dass die EU ihre langfristige Strategie im Auge behalten muss, auch wenn sie darum kämpft, die wirtschaftlichen Verwüstungen durch den Shutdown zu begrenzen. “Die EU hat mit dieser Krise eine historische Chance, endlich eine große wirtschaftliche und politische Macht zwischen den USA und China zu werden”, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire Anfang dieses Monats. “Die EU muss diese Gelegenheit nutzen.”

Europa beginnt, Milliarden in klamme Fluggesellschaften zu stecken
Aber es sind nicht Technologiefirmen oder saubere Energie, die vom größten Rettungspaket für die Industrie in der europäischen Geschichte profitieren dürften. Es sind dieselben alten Branchen, die das Rückgrat der Arbeitsmärkte des 20. Jahrhunderts bildeten. Frankreich und die Niederlande haben bis zu elf Milliarden Euro versprochen, um Air France-KLM zu retten, nachdem die Fluggesellschaft vor einer bevorstehenden Liquiditätskrise und der Möglichkeit gewarnt hatte, die globale Pandemie ohne staatliche Hilfe nicht zu überleben. Die Bundesregierung wird sich voraussichtlich in den kommenden Tagen mit Führungskräften der Deutschen Lufthansa zusammensetzen, um ein Paket aus Krediten, Kreditgarantien und Eigenkapital zu schnüren, das unterrichteten Kreisen zufolge einen Wert von rund zehn Milliarden Euro haben könnte.

Die Fluggesellschaften kämpften bereits vor dem Lockdown mit Kostensenkungen und litten unter Margenschwund durch die Konkurrenz von Billiganbietern wie EasyJet und Ryanair. Ryanair Chief Executive Officer Michael O’Leary drohte damit, die EU zu verklagen, um Frankreich und andere Länder daran zu hindern, “ihren ineffizienten Fluggesellschaften selektiv Milliarden von Euro zu schenken”, wie aus einem Brief hervorgeht, den er an den EU-Wettbewerbschef geschickt und in den Bloomberg Einblick hatte.

Zu wichtig, um Pleite zu gehen
Unternehmen wie Air France-KLM und Lufthansa werden von ihren Heimatländern als zu strategisch angesehen, um Pleite zu gehen. Denn sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der nationalen Exportmärkte, der Verbindung mit Überseegebieten und dem Erhalt Tausender gut bezahlter Arbeitsplätze. Beide Airlines haben ihren Ländern kürzlich dabei geholfen, im Ausland gestrandete Bürger wieder nach Hause zu bringen und Lieferungen für das Gesundheitswesen einzufliegen.

Renault als französischer Hilfsempfänger
Die französische Regierung könnte auch ein Darlehen in Höhe von fünf Milliarden Euro für Renault garantieren, nachdem der Autohersteller im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von 19 Prozent gemeldet hatte. Der Fahrzeugabsatz von Renault war bereits im Jahr 2019 gefallen, als das Unternehmen Schwierigkeiten hatte, Effizienzeinsparungen aus seiner dysfunktionalen Allianz mit Nissan herauszuholen und sich mehr auf Volumina als auf den Gewinn konzentrierte.

Green Deal Investments sehen anders aus
Derartige Rettungsaktionen sind weit von den Investitionen entfernt, die der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, vorschwebten, als sie letzten Monat ihre Industriestrategie darlegte. “Europa steht vor einem ambitionierten doppelten Übergang hin zu einer ökologischen und digitalen Wirtschaft in einer Welt, die instabiler und unberechenbarer geworden ist”, sagte von der Leyen in einer Erklärung. “Die europäische Industrie hat das Zeug dazu, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, und wir werden alles tun, um sie dabei zu unterstützen.” (kb)

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