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MainFirst über die alte und die neue Welt

Ein Fondsmanager von MainFirst erklärt, warum institutionelle Investoren bei ihren Aktienengagements ausgetretene Pfade verlassen und neue Wege beschreiten sollten.

Jan-Christoph Herbst, Portfoliomanager, MainFirst
Jan-Christoph Herbst, Portfoliomanager, MainFirst© Mainfirst

Die Corona-Krise verschärft die Herausforderungen institutioneller Investoren. Notenbanken rund um den Globus lockern ihre geldpolitischen Zügel noch weiter. Regierungen starten Konjunkturprogramme, die aber später als erwartet zu einer fundamentalen Erholung führen dürften. Vor diesem Hintergrund erwartet Jan-Christoph Herbst, Portfoliomanager des MainFirst Global Equities Fund, MainFirst Global Equities Unconstrained Fund und MainFirst Absolute Return Multi Asset, eine Dekade der Stagnation und des nominellen Niedrigzinsumfelds.

Statt auf Trends mit langfristigem Wachstumspotenzial zu setzen, konzentrieren sich viele institutionelle Investoren aber noch immer zu sehr auf das Auf und Ab der Konjunkturzyklen. Eine interessante Alternative können im derzeit noch unsicheren Marktumfeld strukturelle Trends sein. Diese Meinung vertritt Herbst im nachfolgenden, "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Kommentar, in dem er auch einige interessante Investmentideen nennt: (aa)


Alte Welt, neue Welt
Insbesondere Essenslieferdienste sind beim Thema Plattformökonomie aktuell einen genaueren Blick wert. Im Zuge der Lockdown-Maßnahmen sehen wir eine Sonderkonjunktur durch Neukunden. Zugleich scheinen sich jetzt für einige Anbieter die vielen Jahre des Investierens und teure Kämpfe um Marktanteile auszuzahlen. Die aggressiv fortschreitende Konsolidierung der Branche sorgt für enorme Skaleneffekte und bringt viele Unternehmen der Profitabilitätsschwelle näher. So schluckte Uber mit seiner Sparte Uber Eats kürzlich seinen US-Wettbewerber Postmates.

Nach dem Wertzuwachs der vergangenen Jahre stieg Delivery Hero nun in den DAX auf. Die in Berlin ansässige Liefer-Plattform arbeitet gerade an einer Fusion mit dem südkoreanischen Marktführer. Mit ihren eigenen Algorithmen haben die Lieferdienste Zustellzeiten verkürzt, Gerichte für den Kunden vergleichbar gemacht und bieten Restaurants eine effiziente Lieferung und Abwicklung. Das Zukunftspotenzial ist enorm. Bis 2030 halten wir ein Wachstum des globalen Food Delivery Marktes auf bis zu 200 Mrd. US-Dollar für wahrscheinlich. Auch Dinge des täglichen Bedarfs könnten schon bald das digitale Express-Einkaufsregal der Lieferdienste ergänzen.

Selten war die Welt so bipolar wie jetzt. Während viele digitale Geschäftsmodelle immer neue Umsatzrekorde feiern, bleiben klassische Industrien wie der Automobilsektor auf der Strecke. Nach dem Einbruch der Umsätze in 2020 werden die Absatzzahlen von Autos mit Verbrennungsmotoren ihre Rekordmarken aus den Jahren 2017 und 2018 wahrscheinlich nie mehr erreichen.

Stattdessen ist zu erwarten, dass die Beliebtheit von Elektroautos bei sinkenden Preisen und höheren Batterie-Reichweiten weiter zunimmt. Wir rechnen bis 2030 mit einem globalen Marktanteil bei Stromfahrzeugen von mehr als 50 Prozent – wohlwissend, dass die europäischen Autokonzerne ihre ehemalige Führungsrolle in der Branche verlieren werden.

In den vergangenen Jahren hat die Wirtschaft in Europa viele notwendige Weichenstellungen für die Zukunft verschlafen. Deutschland investiert lieber in die Verteidigung seiner altbewährten Geschäftsmodelle, als die Pionierrolle bei neuen Technologien einzunehmen.

Der Strukturwandel im Digitalbereich wurde von den Amerikanern vorangetrieben, was sich in den letzten zehn Jahren auch an der Börse widerspiegelte. Anleger haben in diesem Zeitraum mit US-Aktien durchschnittlich dreimal so viel verdient wie mit europäischen Titeln, getrieben durch Technologietitel. Da liegt es nahe, dass viele eine Blasenbildung fürchten.

Doch im Gegensatz zu 2001 sind die Kurssteigerungen der großen Tech-Konzerne durch nachhaltige Gewinne mit wachsender Tendenz unterstützt. Die Unternehmen des Nasdaq 100 Index konnten ihre Gewinne vervielfachen, während die des EuroStoxx 50 Index heute weniger verdienen als noch vor zehn Jahren.

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