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Louis Obrowsky, LLB: "Abwertungspotenzial von fünf bis zehn Prozent"

Der Geschäftsführer der LLB Immo KAG spricht im Interview mit "Institutional Money" über die aktuelle Lage am deutschen Immobilienmarkt und erklärt, wann er eine Bodenbildung bei hiesigen Gewerbeimmobilien erwartet.

Louis Obrowsky, Geschäftsführer der LLB Immo KAG
Louis Obrowsky, Geschäftsführer der LLB Immo KAG© Outline Pictures

Louis Obrowsky, Geschäftsführer LLB Immo KAG, der am kommenden Institutional Money-Kongress (9. bis 10. April in Frankfurt) einen Workshop zum Thema Immobilien halten wird, zeichnet ein aktuelles Bild der deutschen Gewerbeimmobilienmärkte und sieht im Interview mit "Institutional Money" eine Bodenbildung bei den Preisen bereits dieses Jahr.

IM: Herr Obrowsky, könnten bei deutschen Gewerbeimmobilien (insbesondere Büros) die größten Abwertungen bereits erfolgt sein oder drohen doch noch höhere Wertverluste/Abschreibungen, als derzeit von den meisten Marktakteuren erwartet?
Louis Obrowsky: Als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit Energiekrise und sprunghaftem Anstieg der Energiepreise und des daraus resultierenden Anstiegs der Inflation auf die höchsten Werte seit 70 Jahren erhöhten die internationalen Notenbanken die Leitzinsen in beispielloser Weise. Der Anstieg von 450 Basispunkten in Europa konnte nicht ohne Auswirkungen auf die Immobilienmärkte bleiben. Mit einiger zeitlicher Verzögerung schlugen die höheren Kapitalisierungszinssätze auch bei gutachterlichen Bewertungen durch. Mittlerweile ist das Ende des Zinserhöhungszyklus erreicht worden und es zeigen sich erste Anzeichen für Zinssenkungen im 2. Halbjahr. Vor diesem Hintergrund sind bei anstehenden Bewertungen im ersten Halbjahr 2024 noch moderate negative Bewertungsergebnisse zu erwarten, die Bodenbildung der Preise sollte aus heutiger Sicht im Sommer erreicht werden.

IM: Per wann erwarten Sie eine Bodenbildung bei deutschen Gewerbeimmobilien? (Büro, Industrie, Logistik, Handel)
Obrowsky: Die Bodenbildung der Preise erwarten wir im Laufe des Sommers 2024. Zuletzt zeigten sich bei den Assetklassen Logistik und Industrie sowie Handel ein Abflachen des Anstiegs der Renditen – und damit ein verlangsamter Rückgang der Preise.

Bei Handelsimmobilien scheinen insbesondere Fachmarktzentren das neue Preis-Gleichgewicht gefunden zu haben, was sich auch in einer verstärkten Transaktionstätigkeit niederschlägt.

Im Bereich Einkaufscenter und High Street Retail sind nach wie vor Preisrückgänge zu erwarten. Das Investoreninteresse bleibt verhalten.

Büroimmobilien verzeichneten gerade in den Top-Standorten starke Renditeausweitungen und damit Preisrückgänge, die (geringe) Nachfrage konzentriert sich auf nachhaltige Gebäude im Preissegment bis max. 20 Millionen Euro. Großvolumige Büroinvestments werden erst mit einem weiteren Zinsrückgang am langen Ende an Attraktivität gewinnen.

IM: Selbst wenn das (wahrscheinliche) Zins-Top für Gewerbeimmobilienpreise eine Erleichterung bedeutet: Könnte 2024 ein allfälliger „Rezessions-Effekt“ die Immobilienpreise zusätzlich unter Druck bringen?
Obrowsky: Die Bewerter sind großflächig in der neuen Realität angekommen, reale Vergleichstransaktionen liegen nunmehr – im Unterschied zum vergangenen Jahr – in ausreichendem Ausmaß vor. Die aktuellen gutachterlichen Bewertungsergebnisse spiegeln nicht nur das gestiegene Zinsniveau wider, sondern preisen auch ein potenzielles (leichtes) Rezessions-Szenario ein.

IM: Wird eine mögliche Erholung bei den Immobilienpreisen im Kurvenverlauf ein „L“, ein „U“, ein „V“ oder gar ein anderer Buchstabe? Folgefrage: Von welchen Faktoren könnte das abhängen?
Obrowsky: Aus heutiger Sicht erscheint eine U-förmiger Verlauf der Preise als realistisches Szenario. Nach einer Bodenbildung der Preise im Sommer 2024 werden nach dem Einsetzen des Zinssenkungszyklus aufgrund einer sich weiter abkühlenden Konjunktur – mit einiger zeitlicher Verzögerung – auch die Kapitalisierungszinssätze von Immobilien wieder fallen; damit werden wir wieder deutlich steigende Preise sehen.

Und wir dürfen zwei grundlegend positive Einflussfaktoren auf die Preisentwicklung von Immobilien nicht aus den Augen verlieren: Das weiterhin forcierte Mietwachstum als Folge indexierter Mietverträge sowie die Angebotsverknappung aufgrund fehlender Developments in diesem Jahr und den folgenden.

IM: Welches Niveau müssen die (Nettoanfangs)-Renditen bei Gewerbeimmobilien (vor allem bei den Büros…) erreichen, damit die Bodenbildung abgeschlossen ist? Folgefrage: Wie viel Abwertungspotenzial wäre das in Prozent?
Obrowsky: Die Spitzenrenditen von Büros in den Top-7 Städten sind von deutlich unter drei Prozent im Jahr 2021 auf annähernd fünf Prozent zu Anfang 2024 gestiegen. Der (rechnerische) Wertrückgang beträgt hier etwa ein Drittel des seinerzeitigen Ansatzes. Das sind Marktbewegungen, welche wir seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr gesehen haben. Aufgrund der weiterhin schwachen Nachfrage sind weitere Renditeanstiege von 25 bis 50 Basispunkten nicht auszuschließen. Dies wäre ein Abwertungspotenzial von fünf bis zehn Prozent.

IM: Welche deutschen Immobiliensegmente (z.B: Büro, Industrie, Logistik, Handel etc.) haben einen preislichen Boden ausgebildet (oder sind kurz davor…) und sind vor diesem Hintergrund wieder kaufenswert? Und von was sollten Investoren weiterhin die Finger lassen?
Obrowsky: Fachmarktcenter idealerweise mit Lebensmittel- und Drogeriemarktanker erscheinen wieder preislich attraktiv. Diese Center haben vornehmlich Versorgungscharakter und erweisen sich damit als krisenresistent. Außerdem sind die Mieten auch für die Nutzer attraktiv im Vergleich zu Einkaufscenter. Gerade in Zeiten rückgängiger stationärer Umsätze aufgrund steigender Online-Aktivitäten der Konsumenten ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Darüber hinaus sind Logistikflächen stark nachgefragt. Einerseits aufgrund der großen Nachfrage nach Auslieferungslager und Last-Mile-Gebäuden aufgrund weiter steigender Onlineumsätze, andererseits aufgrund notwendigerweise restriktiver Maßnahmen in Bezug auf Bodenverbrauch und Versiegelung.

IM: Sollten Investoren angesichts der mauen Aussichten für Deutschland um deutsche Immobilien generell einen Bogen machen und besser im Ausland investieren? Welche Regionen/Länder gelten als aussichtreicher?
Obrowsky: Auch wenn die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland nicht als rosig zu bezeichnen sind, so wird doch die Position der führenden europäischen Volkswirtschaft verteidigt werden.

Und für die Zukunft nicht zu unterschätzen: Ein sicherer, nachhaltiger Standort für langfristige Immobilieninvestments im Herzen Europas wird für viele Investoren einen ebenso wichtigen Faktor darstellen wie die bloße Renditemaximierung. (aa)


Veranstaltungshinweis: Die LLB zählt zu den Sponsoren des 15. Institutional Money-Kongresses und hält in Person ihres Immobilienchefs Louis Obrowsky am 10.04.2024 von 11:50 bis 12:35 Uhr im Saal 9 des Frankfurter Congress Centers einen Workshop darüber, ob wir am Beginn eines neuen Immobillienzyklus stehen.

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