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Kursausblick für Bitcoin in einer Rezession

Die jüngsten CPI-Daten aus den USA legen die Vermutung nahe, dass die Fed die Zinssätze weiter anheben wird. Dies dürfte aufgrund der zunehmenden Zinssensitivität von Bitcoin den Kurs weiter belasten. Worauf muss man sich einstellen, welche Faktoren sollten Bitcoin-Investoren im Blick behalten?

James Butterfill, Head of Research bei CoinShares. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung in den Bereichen Fondsmanagement, Investment-Banking und Vermögensverwaltung. Zuvor war er Leiter Research bei ETF Securities. 
James Butterfill, Head of Research bei CoinShares. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung in den Bereichen Fondsmanagement, Investment-Banking und Vermögensverwaltung. Zuvor war er Leiter Research bei ETF Securities. © CoinShares

"Der aktuelle Ölpreis sowie die damit einhergehende Rezessionsgefahr sprechen aktuell für einen begrenzen Zins-Spielraum für die Fed. Zudem dürften die aktuellen Zinserwartungen bereits im aktuellen Bitcoin-Kurs eingepreist sein. Infolge der Luna- und UST-Stablecoin-Krise ist zudem der Druck auf digitale Vermögenswerte weiter gestiegen. Der Wert, der im Terra-Ökosystem vernichtet wurde, war zwar beträchtlich - über 40 Milliarden US-Dollar -, aber nicht systemisch für den gesamten Kryptowährungsmarkt, da dieser weniger als zwei Prozent des Stablecoin-Marktes repräsentierte", fasst James Butterfill, Head of Research bei CoinShares, die Ereignisse der letzten Zeit zusammen.

Korrelation von Bitcoin und Gold hat abgenommen, zu Aktien zugekommen
Bitcoin weise heute eine deutlich erkennbare umgekehrte Korrelation zum US-Dollar auf,so Butterfill weiter. Dies sei aufgrund seiner aufkommenden Wertaufbewahrungseigenschaften sinnvoll, mache ihn aber auch extrem empfindlich gegenüber Zinsbewegungen. Der Bitcoin-Kursrückgang der letzten sechs Monate lasse sich im Großen und Ganzen als direkte Folge der zunehmend restriktiven Rhetorik der US-Notenbank erklären. Die Erklärungen des Offenmarktausschusses (Federal Open Markets Committee, FOMC) seien ein guter Indikator dafür, und man könne einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Erklärungen des FOMC und der Bitcoin-Kursentwicklung feststellen. Dahingegend habe die Korrelation von Bitcoin mit Gold abgenommen. Butterfill: "Die Korrelation mit Aktien, insbesondere zinssensiblen Aktien wie Wachstumswerten, ist dahingegen deutlich gestiegen. In gewisser Weise ist dies eine korrekte Interpretation durch den Markt, da zinslose Vermögenswerte durch Zinserhöhungen belastet werden."

Den Ölpreis im Blick
Dennoch sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, Bitcoin nur als Wachstumswert zu betrachten. Bitcoin sei sowohl Wachstumswert als auch aufstrebendes Wertaufbewahrungsmittel, das durch sein vorhersehbares und begrenztes Angebot definiert sei, weshalb sich seine Korrelation zu Aktien wahrscheinlich verringern dürfte. Für die Investoren von Bitcoin bestehe die größte Herausforderung darin, festzustellen, wie nachhaltig die US-Dollar Stärke sein werde. Man könnte argumentieren, dass ein Großteil der Markterwartungen in Bezug auf US-Zinserhöhungen bereits vollständig eingepreist sei. Einige Wirtschaftsdaten, wie das Lohnwachstum und die Einkaufsmanagerindizes, begännen sich zu überschlagen, aber der vielleicht besorgniserregendste Indikator liege im Einfluss des Ölpreises auf die USA und die Weltwirtschaft.

In der Vergangenheit folgten auf einen starken Anstieg der Ölnachfrage fast immer wirtschaftliche Rezessionen in den Vereinigten Staaten (siehe die folgende Grafik). So gesehen bei den großen Ölkrisen wie der Jom Kippur Krieg 1973, die iranische Revolution 1978-79, der erste Irak-Krieg 1990 und die Terroranschläge vom 11. September 2001.

Der Preis für die Inflationsbekämpfung
Die bisherige Zurückhaltung der Fed in Bezug auf die Inflation zeigt sich heute in einer ungleich aggressiveren Vorgehensweise. Dies geschieht zu einem unglücklichen Zeitpunkt, da das Wachstum der Staatsverschuldung von 30 Prozent des BIP auf heute über 100 Prozent den politischen Spielraum, den die Fed in den 1980er Jahren zur Inflationsbekämpfung hatte, stark eingeschränkt hat. Der Anstieg der Verbraucherpreise in den USA ist heute so hoch wie seit 1975 nicht mehr, und wenn sich dies auf die Gesamtwirtschaft auswirkt, sei es in Form geringerer Unternehmensgewinne oder steigender Güterkosten, wird dies ein erhebliches Wachstumshemmnis darstellen. Die Fed steht damit vor der Herausforderung, eine weiche Landung herbeizuführen und gleichzeitig die Inflation zu dämpfen. Diese Aufgabe ist besonders herausfordernd, da sich viele der damit verbundenen Faktoren ihrer Kontrolle entziehen, wie z. B. der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Ölpreise und die mit Covid verbundenen Lieferkettenprobleme. Die Inflation kann wahrscheinlich eingedämmt werden, aber zu welchem Preis? Die Vergangenheit zeigt, dass der Preis eine wirtschaftliche Rezession sein wird.

Ausblick
Butterfill: "Auch wenn wir es für wahrscheinlich halten, dass die US-Notenbank die Zinsen bis zum Sommer weiter anheben wird, gehen wir davon aus, dass sie im Anschluss einen moderateren Konjunkturausblick geben wird, was eine erhebliche Dollarschwäche nach sich ziehen sollte. Die Kursentwicklung von Bitcoin war angesichts einer aggressiven Fed bislang schwach, doch könnte die aktuelle Schwächephase sehr wohl von kurzer Dauer sein. Aus unserer Sicht ist ein geldpolitischer Fehlentscheid sehr wahrscheinlich, bei dem die Bitcoin-Kurse von den Wachstumsaktien abweichen werden, wobei erstere wahrscheinlich von einer zurückhaltenden Fed und einem schwächeren US-Dollar profitieren werden, während letztere angesichts einer Rezession oder Stagflation unterdurchschnittlich abschneiden dürften. Wir sind der Meinung, dass die USA und der Rest der Welt im Jahr 2023 in einen wirtschaftlichen Abschwung abrutschen werden, auch wenn es noch viele Unbekannte gibt. Möglicherweise wird es eine Stagflation sein, die dann in eine Rezession übergeht? Da die Liquiditätsfalle die Zentralbanken zunehmend in Bedrängnis bringt, glauben wir, dass Bitcoin eine gute Absicherung gegen dieses geldpolitische Dilemma darstellt." (kb)

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