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Jetzt wird es immer schwieriger, der Aktienrallye hinterherzujagen

Globale Aktien haben sich von einem sich verschlechternden Wirtschaftsumfeld abgekoppelt, nachdem sie im ersten Halbjahr 2023 um zirka 13 Prozent gestiegen sind. Daher warnen einige der weltweit führenden Asset Manager, dass es ein riskantes Unterfangen sei, von jetzt an der Rallye hinterherzujagen.

Wie wird es wohl im zweiten Halbjahr an der US-Aktienbörse weitergehen?
Wie wird es wohl im zweiten Halbjahr an der US-Aktienbörse weitergehen?© Rainer Fuhrmann / stock.adobe.com

Die zunehmenden Gewinnwarnungen der Unternehmen unterstreichen die Botschaft einiger führender Asset Management-Häuser, dass es riskant sei, im zweiten Halbjahr 2023 riskant sei, der Aktienrally des ersten Halbjahres hinterherzujagen. „Resilienz sät jetzt die Saat für Fragilität auf der ganzen Linie“, sagte Andrew McCaffery, Global Chief Investment Officer bei Fidelity International, wie Bloomberg News berichtet. „Die ‚schwerste Rezession der Geschichte‘ steht uns immer noch nicht bevor. Aber diese Rezession wird kommen, wenn die verzögerten Auswirkungen der Politik irgendwann Einzug halten.“

Aktien koppeln sich von makroökonomischen Daten ab
Die zunehmend restriktive Rhetorik der Zentralbanken und eine Reihe von Gewinnwarnungen trüben den Optimismus hinsichtlich einer sanften wirtschaftlichen Landung nach einem ereignisreichen ersten Halbjahr, das eine regionale Bankenkrise in den USA und einen Technologieaufschwung in Höhe von fünf Billionen US-Dollar beinhaltete, der durch den Hype um künstliche Intelligenz angetrieben wurde.

Kommt es gar zu einer bösen Überraschung?
„Vielleicht steht den Aktien- und Kreditmärkten in der zweiten Jahreshälfte eine böse Überraschung bevor“, sagte Joseph Little, globaler Chefstratege bei HSBC Asset Management, am Telefon im Gespräch mit Bloomberg. Dies könnte auf eine „Kombination der schwächeren Fundamentaldaten im Vergleich zu den aktuellen Erwartungen der Marktteilnehmer zurückzuführen sein, die nach einer unglaublich sanften Landung aussehen“, fügte er hinzu.

Was wird die Earnings Season bringen?
FedEx, Siemens Energy und europäische Chemieunternehmen haben ihre Prognosen gekürzt oder zurückgezogen, und es könnte noch mehr Ärger geben, da die Gewinnsaison in zwei Wochen ernsthaft beginnt. Nach einer Phase überraschender Widerstandsfähigkeit zu Beginn des Jahres kürzen Analysten weltweit ihre Gewinnprognosen. „Ich denke, dass dies für viele Sektoren und Branchen das letzte gute Quartal sein könnte“, sagte Luke Newman, Fondsmanager bei Janus Henderson Investors, anlässlich eines Telefon mit Bloomberg und wies darauf hin, dass es den Unternehmen im Vergleich jetzt möglicherweise schwerer fallen dürfte, Kostensteigerungen an die Verbraucher weiterzugeben als noch vor einem Jahr.

Gewinnkürzungen überwiegen weltweit die Gewinnsteigerungen

Steigende Zinsen dürften auch für den Rest des Jahres zentrales Thema bleiben
Die Erwartungen einer Zinssenkung durch die Fed wurden nun auf 2024 verschoben, während Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank sagten, dass der Zinserhöhungszyklus wahrscheinlich nicht so bald enden werde.

Fast 99 Prozent der Befragten einer Umfrage der Deutschen Bank unter 400 Marktexperten sagten, höhere Zinsen würden wahrscheinlich zu mehr globalen „Unfällen“ führen, wobei die meisten von ihnen erwarteten, dass die Maßnahmen die Finanzmärkte erneut belasten würden.

Probleme für den zinsempfindlichen Technologiesektor
Das bedeutet insbesondere für den zinsempfindlichen Technologiesektor Probleme, wo die Bewertungen nach einem KI-gestützten Anstieg hoch erscheinen. Anleger und Strategen befürchten außerdem, dass die Konzentration der diesjährigen Marktrallye auf eine Handvoll Mega-Cap-Tech-Aktien bedeutet, dass schlechte Nachrichten für die Gruppe die Rückgänge bei den Aktienindikatoren insgesamt noch verstärken könnten. „Kurzfristig hat es bei Technologieaktien eine Überreaktion auf den KI-Hype gegeben“, sagte Lode Devlaminck, Geschäftsführer für globale Aktien bei Dupont Capital Management, am Telefon gegenüber Bloomberg. „Ich denke, dass KI für viele Firmen im Hinblick auf Produktivitätssteigerungen von entscheidender Bedeutung ist. Aber wenn wir mit Blick auf die Zukunft wollen, dass der Markt anhält oder die Rallye aufrechterhält, muss er tatsächlich breiter werden, weil er derzeit zu eng ist.“

Aufsässige Aktienbullen tun so, als wäre die Gewinnrezession ein Schwindel
Dennoch bedeuten sich verschlechternde Bedingungen nicht zwangsläufig, dass die Aktien ihre Gewinne im Jahr 2023 vollständig umkehren werden. Historisch gesehen hat der S&P 500, abgesehen von der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929, jedes Jahr positive Renditen erzielt, wenn er im ersten Halbjahr um zehn Prozent oder mehr zulegte. Thomas Schüßler, Portfoliomanager des 21-Milliarden-Euro-Dividendenfonds der DWS, sieht keinen guten Grund, gänzlich auf Investitionen in Aktien zu verzichten. „Ich glaube jedoch nicht, dass wir die Gewinne der ersten sechs Monate auf die zweite Jahreshälfte übertragen können“, fügt er hinzu.

S&P 500 Renditen sind nach einem starken ersten Halbjahr überwiegend positiv

Geringes Handelsvolumen belastet
Ein Faktor könnte Abwärtsbewegungen in der zweiten Jahreshälfte noch verstärken: das geringe Handelsvolumen. Während US-Aktien im Juni in den Bullenmarkt eintraten, erfolgte der Anstieg vor dem Hintergrund einer geringen Marktbeteiligung. Der S&P 500 Composite Turnover Index zeigt im Jahr 2023 jeden Monat einen Rückgang des Volumens im Jahresvergleich.

Handelsumsätze trotz Markterholung eingebrochen
Durchschnittliches monatliches Volumen etwa 20 Prozent unter Vorjahresniveau

Zusammen mit der saisonalen Sommerflaute könnte dies eine Marktkorrektur beschleunigen, wenn Händler ihre bullischen Wetten aufgeben. Patrick Grewe, Portfoliomanager bei Van Grunsteyn, erwartet bei steigenden Zinsen eine Korrektur überbewerteter Aktien. „Eine grundsolide konservative Haltung sollte auch in der zweiten Jahreshälfte beibehalten werden“, sagte er. „Insbesondere der Versuch, mit dem Markt Schritt zu halten, birgt immense Risiken.“ (kb)

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